“Alle Entscheidungen der letzten 10 Jahre zum Nachteil der Fans!”

Seit dieser Woche rufen die aktiven Fanszenen des Landes im Zuge des Dialogs mit dem DFB unter dem Claim “50+1 – bleibt!” zu einer klaren Positionierung aller Fußballanhänger für die 50+1-Regel auf. Zu den Mitinitiatoren gehört auch unsere Ultraszene. Wir haben uns mit Seb von Sottocultura deshalb kurz über den Aufruf, die 50+1-Regel und den Dialog mit dem DFB unterhalten!


Seb, Ihr als führende Ultrágruppe Sottocultura habt Euch nen den vergangenen Tagen für die Eintragung aller Borussia-Fanklubs in die Unterstützerliste „50+1 Bleibt!“ stark gemacht. Was steckt hinter der Idee?
Ausgelöst durch die Diskussion um Martin Kinds Ausnahmeantrag für Hannover 96 ist in den vergangenen Wochen eine Debatte um die bekannte 50+1-Regel entbrannt. Zahlreiche Vereinsverantwortliche scheinen von ihrer bisherigen Linie abzuweichen, was wir nicht wirklich verstehen. Immerhin haben sämtliche Erst- und Zweitligisten noch im Jahr 2014 die Grundsatzdebatte um die Regel mit einem einstimmigen 36:0-Votum beendet. Nun hat das DFL-Präsidium eine neue Grundsatzdebatte zugelassen, die bereits in der kommenden Woche, genauer gesagt am 22. März, starten wird. Wir wollen mit der Aktion die Meinung der Fans zum Ausdruck bringen, die deutschlandweit und in allen Vereinen eindeutig für den Erhalt der 50+1-Regel sind. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass DFB und DFL zu Saisonbeginn noch Aussagen wie ,,Wir verstehen Euch!‘‘ in Richtung der Fanszenen gesendet haben, sollte die Meinung der Fans nicht übergangen werden.

Warum muss 50+1 aus Eurer Sicht bleiben?
Vertreter verschiedener Vereine und der Verbände reden aktuell gerne von einer wie auch immer gearteten ,,Modifizierung‘‘ – für uns ist klar, dass eine solche aber de facto das Ende von 50+1 bedeuten würde. Die Folgen dieses Endes wären in unseren Augen verheerend: Die ohnehin schon enorm weit geöffnete Schere zwischen armen und reichen Klubs würde noch extremer werden, da sich Investoren naturgemäß eher für die großen und erfolgreichen Vereine interessieren. Für Klubs, die sich dem entstehenden Ausverkaufswettbewerb nicht anschließen wollen, würde es quasi unmöglich werden, sich nennenswert hochzuarbeiten. Dass damit auch Entwicklungen, die wir aus anderen Ligen mit Investoren-Engagements kennen, einhergehen werden, ist in unseren Augen unbestreitbar. Anpassung der Vereinsfarben an Investoren, steigende Eintrittspreise wie in England, Veränderungen in der Fanszene, der Fankultur und dem sozialen Gefüge im Stadion – diese Besonderheiten des deutschen Fußballs stehen und fallen mit 50+1.

Auch in unserer Redaktion wird das Thema intensiv diskutiert: Ist es nicht zu fußballromantisch gedacht, dass wir diese Entwicklung noch aufhalten?
Was ist denn an unserem Fußball noch romantisch? Schon heute, auch mit 50+1, erleben wir riesige Schritte in Sachen Kommerzialisierung. Vereine ändern ihre Gesellschaftsformen, verkaufen Anteile an ,,strategische Partner‘‘, was letztendlich ein Euphemismus für das unbeliebte Wort Investoren ist, generieren immer neue Rekordumsätze. Für 50+1 zu sein, bedeutet nicht, dass man hoffnungslos naiv ist, sondern die Büchse der Pandora nicht vollends geöffnet sehen will.

Aber sind wir doch mal ehrlich: Leverkusen, Wolfsburg, Leipzig, Hoffenheim umgehen die Regel ohnehin. Faktisch existiert sie daher eher auf dem Papier. Schafft die Regel so nicht eher einen ungleichen Wettbewerb?
Die besagten Ausnahmen gehen uns – teilweise mehr, teilweise weniger – natürlich auf den Sack. Und am liebsten wäre es uns, wenn es keine Ausnahmen gäbe. An der Causa Hannover sieht man aber aktuell ja doch, dass 50+1 kein komplett zahnloser Tiger ist und weiterhin gewisse Schranken setzt. Bezüglich der Frage nach einem ungleichen Wettbewerb verweisen wir aber auf die bereits erwähnte Befürchtung, dass ein Fallen der 50+1-Regel einen noch sehr viel tieferen Graben zwischen den Klubs verursachen würde, als wir ihn bereits heute haben.

Bislang hat sich eine große Anzahl Borussia-Fans dem Aufruf angeschlossen. Wie zufrieden seid Ihr mit dieser Teilnahme?
Es geht natürlich immer mehr – bedenkt man vor allem, dass es wohl kaum Fanclubs gibt, die ernsthaft für die Abschaffung der Regel stehen. Insgesamt können wir aber mit Blick auf die Beteiligung aus unserer Szene wohl ganz zufrieden sein.

Neben dem „50+1 muss bleiben“-Banner gibt es bei uns in Mönchengladbach auch immer mal wieder Spruchbänder im Hinblick auf die Thematik. Wäre nicht auch noch einmal eine größere Aktion denkbar, um außenstehende Fans für das Thema zu sensibilisieren?
Wir hoffen, dass die Kampagne das jetzt bewerkstelligt. Mit der Unterschrift von über 200 Fanclubs und dem Supporters Club als Dachvereinigung, sollte ja ein relativ großer Kreis an Borussia-Fans erreicht werden. Darüber hinaus ist Sensibilisierung aber natürlich immer gut, gerade wenn das Thema jetzt so aktuell und wichtig ist.

Abschließend zur generellen Lage: Die „50+1 – Bleibt“-Aktion ist Bestandteil der großen Offensive der deutschen Fanszenen im Dialog mit dem DFB. Wie zufrieden seid Ihr aus Gladbacher Sicht mit dem Verlauf der Gespräche?
Für eine Beurteilung ist es da wohl noch zu früh, viel umgesetzt wurde bislang ja nicht und grundsätzlich sind wir erstmal skeptisch, was bloße Lippenbekenntnisse und Ankündigungen angeht. Die aktuelle Thematik rund um 50+1 zeigt ja, dass im Zweifel auf die Fans gepfiffen wird. Die Aktion der deutschen Fanszenen, an der wir uns beteiligt haben, sehen wir aber jetzt schon positiv. Die Themen so auf die Agenda zu setzen, für Gespräche zu sorgen und etwas anzustoßen, das haben die jahrelangen Gesprächsrunden zuvor so nicht ansatzweise geschafft.

Viele Fans verspüren eine immer größere Unzufriedenheit und sagen sich etwas vom Fußball los. Seid Ihr wirklich zuversichtlich diese Diskrepanzen in den Gesprächen mit dem DFB auszuräumen?
Das Handeln begründet sich wohl weniger in großer Zuversicht, sondern eher in der Tatsache, dass man mit dem Rücken zur Wand steht. Ihr sagt es ja selbst: Die Unzufriedenheit ist groß, die Ersten wenden sich ab. Alle großen Entscheidungen der letzten 10, 15 Jahre sind zum Nachteil der Fans getroffen worden. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, ist bald nichts mehr da, für das man kämpfen könnte. Deshalb bleibt aus unserer Sicht nichts Anderes übrig, als jetzt zu kämpfen.


HIER GEHT’S ZUR SEITE DER AKTION “50+1 – bleibt!”


Foto zu diesem Beitrag: Nordkurvenfotos

10 Gedanken zu „“Alle Entscheidungen der letzten 10 Jahre zum Nachteil der Fans!”

  • 14. März 2018 um 19:41
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    Ich bin wie ihr auch total gegen eine Abschaffung der 50+1 Regel. Leider ist sie tatsächlich schon lange abgeschafft. Sie existiert nur noch auf dem Papier. Die vorgenannten 4 Clubs sind der klare Beweis dafür. Kind wir es schaffen 96 zu kaufen. Die nächsten Folgen dann. Ändern wird das an der Schere nichts. Der Teufel sch…..immer auf den großen Haufen

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  • 15. März 2018 um 19:59
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    Man kann aus Fansicht viele gute Gründe für die Beibehaltung von 50+1 anführen – Eintrittspreise wie in England, Sitzplatzstadien, Vereinsfarbenwechsel und der Steward, der den Jubelnden freundlich aber bestimmt zum Setzen auffordert, sind Dinge die wirklich keiner braucht. Wie sieht es jedoch aus, wenn man die angeführten sportlichen und wirtschaftlichen Argumente einem Faktencheck unterzieht?
    “Die Ungleichheit würde weiter anwachsen”
    Welche Ungleichheit würde wie wachsen – die zwischen Freiburg und Mainz auf der einen und Watzke-AG und den Fußballabteilungen von Allianz und Gazprom auf der anderen Seite? Ein sportlicher Wettbewerb um die Nr.1 im deutschen Fußball findet seit dem Championsleaguefinale 2013 faktisch nicht mehr statt. Hinter Bayern ist das Niveau so atemberaubend schlecht geworden, daß sich viele Stadien peu a peu zu leeren beginnen und durch die daraus resultierende internationale Chancenlosigkeit wird der wirtschaftliche Vorsprung der Bayern weiter anwachsen – falls das überhaupt noch möglich ist. Was sollte sich sich an dieser Gesamtsituation durch das Hinzuziehen von Investoren verschlechtern?
    “Investoren nutzen nur den Großklubs”
    In England kickte gerade eben ein Drittligist den souveränen Tabellenführer aus dem Pokal, etwas, das hierzulande selbst für Teams aus der oberen Bundesligatabellenhälfte nahezu utopisch geworden ist. Und wie schaffte es eigentlich ein Nest namens Huddersfield, von dem hier 99,9% vorher noch nie etwas gehört hatten, in die Premier League – etwa durch einen Investor?
    Die Hoffnung durch das Verteidigen von 50+1 die gute alte Zeit quasi konservieren zu können, krankt schlicht und ergreifen daran, daß die gute alte Zeit in weiten Teilen längst Geschichte ist und sich der deutsche Fußball nicht in einem eigenen, abgeschotteten Universum bewegt.

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    • 16. März 2018 um 7:08
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      Genau richtig argumentiert. Wennein durchaus bekannter Verein wie Gladbach sich als Susbildungsverein bezeichnet, dann ist das bereits der Anfang vom Ende der Konkurrenfähigkeit. Wie will ich denn dann gestandene gute Spieler in unseren Club holen? Ein Verein wird auch durch Mitglieder am Erfolg gemessen. Darum ist die 50+1Regel antiquiert und überholt. Geld schießt heute doch die Tore.

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      • 16. März 2018 um 12:09
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        In eine Argumentation möchte ich nicht einsteigen, das wäre müßig.
        Bei den Beiträgen meiner beiden Vorredner wird mir übel.

        “Ein durchaus bekannter Verein wie Gladbach” – was soll diese Aussage unterstreichen? St. Pauli ist auch ein bekannter Verein. Ist ihnen bewusst wie sich die wirtschaftliche Kraft der Vereine zusammensetzt?

        Ah doch, eine Sache noch, gab es so Überraschungen wie Huddersfield in Deutschland nicht, insbesondere in den letzten Jahren (Darmstadt, Fürth…)?

        Es strotzt nur so von Unwissenheit und Kurzsichtigkeit. Liebe Herren, holen sich sich doch einfach ein Sport Abo beim Anbieter ihres Vertrauens, schauen ihren Fussball, aber unterlassen es bitte ihre halbgaren Theorien im Internet zu verbreiten. Danke. Bitte.

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  • 16. März 2018 um 13:07
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    Werter “Monsieur Chapeau” ( oder wie auch immer)
    Ihr erster Satz gibt zur Hoffnung Anlaß , denn Selbsterkenntnis soll ja bekanntlich der erste Schritt auf dem Wege der Besserung sein – würden Sie anfangen zu argumentieren, wäre das wohl in etwa so sinnvoll wie der Büchsenwurf vom Bökelberg.
    Ah, doch, eine Sache wäre da noch – wie geht es denn ihren “deutschen Huddersfields” Darmstadt und Fürth heute so, sportlich und wirtschaftlich? Und hatten Sie eigentlich mitbekommen daß dieser Tage mit Rot-Weiß Erfurt ein ehemaliger (DDR) Meister Insolvenz angemeldet hat? Wenn nicht, macht nichts – Unwissenheit schadet nicht und bei Kurzsichtigkeit hilft Fielmann.

    Mit sportlichen Grüßen
    Michael Fabian
    der seit 2001 zur Borussia geht, ein Sky-Abo sein eigen nennt, es nicht nicht nötig hat, sich hinter einem albernen Nick zu verstecken und der auch ohne Ihre huldvolle Erlaubnis viertel, halb- oder ganzgare Theorien (je nach Bedarf) weiterhin verbreiten wird, wann und wo es ihm beliebt.
    Danke.Bitte.

    Antwort
    • 18. März 2018 um 15:29
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      Seit 2001(herzlichen Glückwunsch) und Sky Abo. Was machen Menschen wie du auf solchen Fan-Seiten. da wäre dfb.de wohl die bessere Adresse.
      Spielt Huddersfield jetzt um die Meisterschaft? Rot Weiß Erfurt als Paradebeispiel zu nennen ist auch spannend . Es wird immer besser. Unten geht es dann noch um 200 96 Ultras. Es scheint als hättest du keinen direkten Einblick in die Fanszenen bzw. die Belange der Fanszenen Deutschlands. Das auf die Ultras runterzubrechen, weil diese in den Medien hinhalten müssen.
      Wenn seit 2001 zur Borussia gegangen wird, warum dann ein Sky Abo? Ich blicke nicht durch. Guckt man dann im Stadion übers Handy die anderen Spiele? Aber dem Herren drüber die Kompetenz absprechen. Made my day.

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  • 16. März 2018 um 21:30
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    Aber “Michael Fabian” man muss hier Bedenken, dass das Gesamtgebilde durch entfallen einer 50+1 sich eher nicht ändern wird. Die großen bleiben groß und die kleinen bleiben klein. Man schaue einfach nach England. Für den europäischen Wettbewerb würde es vielleicht helfen. Trotz der riesigen Kohle scheiden doch wieder alle englischen Teams aus und Spanien gewinnt wieder beide Titel. Ich weiß nicht. Letzten Endes gehört der Verein den Fans und sonst keinem. Ist vielleicht Naiv aber wahr. Ich weiß nicht ……mir würde das nicht gefallen

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    • 17. März 2018 um 1:51
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      @Fan66
      natürlich kann niemand garantieren, daß durch den Einsatz von viel Geld auch viel erreicht wird – siehe HSV/Kühne. Aber du sprichst ( vielleicht ungewollt) das eigentliche Problem an: “Letzten Endes gehört der Verein den Fans und sonst keinem.” Wer sind “die Fans”? Die 200 H96-Ultras, die mit ihrem bornierten, ideologischen Anti-Kind-Kampf dabei sind, die Aufbauarbeit eines Heldt, eines Breitenreiter frontal an die Wand zu fahren? Fragt irgendjemand danach, was die restlichen 49800 Leute im Stadion wollen? Sind das keine Fans?

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  • 17. März 2018 um 13:38
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    Da gebe ich dir voll recht. H96 ist schon ein Härtefall. Aber wie schon gesagt ist die 50+1 Regel (siehe RB, 1899, B04, VW) eh nur Makulatur. Man muss trotzdem nicht für eine Abschaffung sein. Das Beispiel England gefällt mir gar nicht und Erfolg verspricht es auch nicht. Ich würde meine Borussia lieber so behalten wie sie ist.

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