Aus “Borussia Barcelona” wird “Borussia-Barcelona”

Mittwochabend, endlich: Das lang ersehnte Heimspiel gegen Barcelona steht an. Egal wie man zu dieser Partie steht, sie ist besonders. Und das, obwohl es in der Vergangenheit einige emotionale Höhepunkte gab. Der Versuch einer Einordnung.

Als unsere Borussia 2012 durch die Bundesliga fegte, schufen einige Medien den Begriff „Borussia Barcelona“. Das sichere Passspiel, die Fähigkeit im genau richtigen Moment überfallartig nach vorne zu spielen, die Kompaktheit im Mittelfeld und die Stärke im Angriff. All das erinnerte viele Beobachter an einen der größten Vereine der Welt. Irgendwie war dieser Begriff aber auch ein Stilmittel. Glorifizierung durch Übertreibung. Allen war klar, dass Borussia Großes leistete. Doch Teams wie Barcelona spielten in einer anderen Galaxie. Ein tatsächliches Kräftemessen mit einem solchen Schwergewicht? Davon waren unsere Jungs ebenso weit entfernt, wie wir Fans von einem Einsatz im Profifußball.

Sicher spielt der FC Barcelona auch heute weiter in einer anderen Liga – einige Galaxien konnten wir dennoch aufholen. Und das ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer klaren Philosophie, die von den Verantwortlichen unbeirrt konstant verfolgt wurde und wird. Trotz dieser scheinbar rationalen Strategie, ist der Erfolg für uns Fans keineswegs selbstverständlich. Als am 18.03.2011 unser damaliger Torhüter Logan Bailly den Ball ins eigene Tor hämmerte, fing ich an, mich mit dem dritten Abstieg unserer Borussia anzufreunden. Den Abstieg 1999 hatte ich noch als Kind erlebt, das sowieso ständig dachte, Borussia stünde vor dem ganz großen Durchbruch. Ich sah mich im Übrigen bestätigt, als Borussia endlich oben mitspielte. Dass das leider in Liga zwei war, spielte keine Rolle. Den zweiten Abstieg 2007 konnte ich da schon wesentlich sachlicher einordnen. Immer wieder gab es Unruhen im Verein, Personalwechsel und darauffolgende Beschwörungen, dass Borussia ein Verein sei, der Potential für Europa habe. In dieser Zeit nahm ich den Fußball und die Zeit als Fußballfan in zwei parallelen Welten wahr.

Da waren die Champions-League-Abende unter der Woche, in denen ich begeistert vor dem Fernseher saß, um die ganz großen Teams, Trainer und Stars zu sehen. Ich hatte immer wieder einzelne Spieler, Trainer oder Vereine, die ich besonders gern verfolgte. Das war einfach wahnsinnig guter Fußball, der aber irgendwie in einer anderen Fußballwelt stattzufinden schien. Und so hatte ich zwar immer wechselnde Teams oder Spielweisen, die ich bewunderte, so wirklich todtraurig oder überglücklich machten sie mich aber nicht. Ich war Fan des guten Fußballs.

Und dann waren da die Wochenenden, an denen ich mit Freunden zur Borussia fuhr. Hier stand weniger der wahninnig gute Fußball im Mittelpunkt – den gab es ja schlichtweg nicht – als vielmehr das Erlebnis mit anderen Fans, Freunden und Freundinnen. Die gemeinsame An- und Abreise, die vielen Geschichten und die vielen Biere, die man rund um unseren Lieblingsverein vernichtete, rundeten das Erlebnis ab.

Zwischendurch fieberte man 90 Minuten im Stadion voll mit, wurde häufig enttäuscht und schwor sich, dass es beim nächsten Mal besser werden würde. Wenn dann aber doch Mal ein unerwarteter Sieg heraussprang, dann lag man sich wie wild in den Armen. Wenn dieser dann noch auswärts eingefahren wurde, spielten die Träume endgültig verrückt. Würde jetzt alles besser werden, gar goldene Zeiten anbrechen? Da verstehen wir die FC-Fans manchmal noch heute. Diese Zeiten brachen jedoch nie an. Meist gab es gleich eine Woche später wieder eine harte Landung. Irgendwie muss ich bei diesen Worten wieder an die FC-Fans denken.

Zurück ins Jahr 2011 und zu Logan Bailly. Zum Glück, und das kann man gar nicht oft genug betonen, wurden meine Befürchtungen, ich müsse meinem Verein zum dritten Mal in Liga zwei folgen, nicht wahr. Es hatte sich scheinbar alles geändert. Plötzlich spielten unsere Jungs viele Gegner derart schwindelig, dass ich mich an die oben beschriebenen Fernsehabende unter der Woche erinnert fühlte.

Zunächst war ich sicher, dass das alles nur eine Momentaufnahme sein würde. Ein Jahr vermeintliches Topteam und dann eben wie immer: Abstiegskampf. Aber irgendwie dauert der Moment nun seit fünf Jahren an. Seitdem haben unsere Jungs in schöner Regelmäßigkeit Teams wie Schalke, Wolfsburg oder gar die Bayern rund gemacht. Im letzten Jahr durfte ich dann sogar endlich bestaunen, wie wir gegen europäische Riesen wie City oder Juve mithielten oder punkteten. Und jetzt treten wir im Borussia-Park gegen den erfolgreichsten Verein der letzten zehn Jahre an. In eben dem Stadion, in dem vor gut fünfeinhalb Jahren Bailly den Ball ins Tor faustete und Borussia mal wieder am Boden schien. Seitdem ist alles wie ein gigantischer Traum. Ein Traum, der allerdings rational erklärbar ist. Die Verantwortlichen haben in den letzten Jahren unglaublich gute Arbeit geleistet. Dafür sollten wir Fans ihnen dankbar sein.

Unser Verein hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Den Spitznamen „Borussia Barcelona“ nutzt kaum noch jemand. Schuberts Trainerteam hat einen eigenen Stil entwickelt. Außerdem sind wir uns sicher, dass auch Lucien Favre heute Abend stolz nach Mönchengladbach schauen wird. Ebenso stolz wie wir alle. Lasst uns den Abend gemeinsam genießen – egal ob Spieler, Fans, Trainer oder die Verantwortlichen um Eberl und Schippers.

Lasst uns den Traum weiterleben. Borussia gegen Barcelona. Wahnsinn!

Foto zu diesem Beitrag: nordkurvenfotos.de

2 Gedanken zu „Aus “Borussia Barcelona” wird “Borussia-Barcelona”

  • 28. September 2016 um 9:48
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    Unglaublich schön formuliert.
    Bei euren Texten zur Wandlung unserer Borussia bekomme ich jedes mal Gänsehaut – einfach GEIL!
    Auf einen galaktischen Fußballabend!

    Antwort
  • 28. September 2016 um 14:49
    Permalink

    Und wie ich noch zu gut die Emotionen spüre wie Bailly den Ball ins Netz haut… und wie ich ausgeflippt bin 😀

    Schön geschrieben, mehr davon!

    Antwort

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