Boulevard-Zeitung „RP“?

Fast täglich steht ein Bundesliga-Verein wie Borussia Mönchengladbach im Fokus der medialen Öffentlichkeit. Seit einigen Monaten gilt das verstärkt auch für die Gladbacher Fanszene. Und die Berichterstattung ist selten positiv. Der Versuch einer Aufarbeitung.

Joseph Pulitzer war ein weiser Mann. Der ungarische Herausgeber und Zeitungsverleger lebte zwar im 19. Jahrhundert, prägte den Journalismus und das Verständnis von Journalisten aber bis heute. Nicht umsonst ist der bekannte Pulitzer-Preis, in den USA so etwas wie der „Oscar der Journalisten“, nach ihm benannt. Pulitzer prägte ein Zitat, das für uns bis heute Bestand hat. Er sagte einst: „Das größte Problem des Journalismus liegt darin, einem Auflageninstinkt ohne Rücksicht auf Wahrheit und Gewissen zu widerstehen.“

Wahrheit und Gewissen – zwei existenzielle Grundwerte der Medienbranche. Im Idealfall sollte das heißen: Wahrheit und Gewissen schlagen Auflageninstinkt. Für einige Journalisten scheint das aber nicht zu gelten – zumindest im Hinblick auf die Berichterstattung rund um unsere Fanszene. Verallgemeinerungen, schlechte Recherchen, hetzerische Überschriften: Die Liste von Beispielen ist lang.

Auflagenwahn und Klick-Battle

An die Spitze dieser medialen Bewegung hat sich eine Zeitung gesetzt, der wir das vor ein paar Jahren nicht wirklich zugetraut hätten: Die Rheinische Post. Eigentlich galten die Düsseldorfer für uns lange als gutes, journalistisches Gewissen. Als Gegenentwurf zu Bild, Express und Co., die als „Boulevard-Zeitungen“ eine ganz andere Herangehensweise an öffentliche Themen pflegen. Per Definition zumindest. Aber scheinbar nur per Definition. Theorie und Praxis. So ist das eben!

Im Auflagenwahn und Klick-Battle der Medienhäuser verläuft die Grenze zwischen Boulevard und Qualitätsjournalismus längst fließend. Für tiefergehende Recherchen ist oft keine Zeit mehr. Alles muss schnell gehen. Hier passiert was, dort twittert jemand, sofort muss es auf die Internetseite, bei Facebook gepostet werden – und bestenfalls am nächsten Tag als „Hintergrund“-Geschichte in die Zeitung. Eine Entwicklung der gesamten Medien-Branche, die auch vor der „RP“ keinen Halt macht. Und so mischt die Zeitung plötzlich an allen Fronten mit. Oder versucht es zumindest – so jedenfalls im Hinblick auf die Fanszene der Borussia.

Privatkrieg einiger RP-Redakteure

Denn irgendwie werden wir das Gefühl nicht los, dass einige „RP“-Mitarbeiter einen regelrechten Privatkrieg gegen Teile der aktiven Fanszene führen. Wann der angefangen hat, ist schwer herauszuarbeiten. Erste „Angriffe“ datieren aus dem August und September 2015, der Zeit des Derby-Boykotts samt Veranstaltung „Heimspiel gegen Köln“. In dieser Zeit machten Redakteure der Rheinischen Post im Internet keinen Hehl daraus, was sie von der Boykott-Entscheidung der aktiven Fanszene hielten: Nichts!

Vor allem bei Facebook fiel die Seite „RP Mönchengladbach“ wiederholt mit zahlreichen und unseriösen Kommentaren auf. Einige Posts konnten wir per Screenshot archivieren (beigefügte Galerie). Auffällig bei fast allen Kommentaren: Autor/in oder Autoren überschreiten fast immer die Grenze von Objektivität zur Meinungsmache. Polemisch wird eine subjektive Meinung vertreten und von dieser nicht abgerückt. Argumente der Gegenseite werden nicht – oder stark verkürzt – dargestellt. Mindestens ungewöhnlich für eine journalistische Redaktion, die doch eigentlich unparteiisch agieren sollte.

Bis heute hat sich die Situation verschlimmert. Die Rheinische Post schießt längst nicht mehr nur in Facebook-Kommentaren gegen Teile der Fanszene. Mittlerweile geschieht dies auch offener, etwa im Online-Angebot oder Print-Teil der Zeitung. Was uns dabei immer wieder besonders ins Auge fällt: üble Verallgemeinerungen, irgendwo hergeholt – leider aber in den seltensten Fällen gut recherchiert.

Beispiel 1: „Die Akte Borussia-Fans“

Der feige Zug-Überfall einiger Idioten auf Dortmund-Fans, die sich auf der Rückfahrt von Wolfsburg nach Mönchengladbach befanden, wurde natürlich auch in der Rheinischen Post thematisiert. Das ist Aufgabe einer Zeitung und völlig richtig. Gewalt im Fußballkontext – das haben wir mehrfach klargemacht – gehört nicht dazu. Die konkrete Auseinandersetzung mit dem Fall hinterlässt jedoch – vorsichtig ausgedrückt – einen schlechten Eindruck. Am Wochenende reagierte die Redaktion zunächst noch sehr verhalten, behalf sich einer sogenannten ots-Meldung (Original-Text-Service). Zum Rundumschlag holte die „RP“ dafür am darauffolgenden Dienstag aus: Der Text „Die Akte Borussia-Fans“ rechnet mit den Verfehlungen von ein paar Idioten aus unserer Fanszene in den letzten 24 Monaten ab.

Bei der „RP“ sah man das – möglicherweise angestachelt durch die Aussicht auf gute Klick-Zahlen und ein regelrechtes Lechzen nach neuen Informationen im Internet – aber offensichtlich anders (…). Unschuldsvermutung?  Nur mit großzügigem Augenzukneifen eingehalten!

Aufgelistet werden die Vorfälle in Hoffenheim, gegen Hannover, in Zürich oder gegen Köln (Jahnwiese). Dass es sich immer wieder um einen minimalen Bruchteil handelte, der dort aus der Reihe fiel, wird mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen wird ein missverständlicher Titel gewählt, der suggeriert, dass die Akte allgemein für alle Borussia-Fans gelte. Im Text selber wird spekuliert, was das Zeug hält. Da wird von einer „Expertenszene“ geschrieben, die den Überfall für einen Gegenschlag halte. Jeder, der sich mit der Rivalität beider Fanszenen beschäftigt, weiß: Blödsinn. Fakten? Nein! Recherchiert? Teilweise! Polizei und Verein kommen zu Wort, Fans nicht. Dabei sollte das zur journalistischen Sorgfaltspflicht gehören.

Beispiel 2: Der Darmstadt-Vorfall

Kurz vor Weihnachten ein zweiter Fall böser Verallgemeinerungen in der Berichterstattung der Rheinischen Post. Beim Darmstadt-Spiel kam es zu einem unschönen Zwischenfall in der Nordkurve. Zwei Borussia-Fans gerieten aneinander. Es kam zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in deren Folge einer der beiden Anhänger in eine Klinik gebracht wurde. Ein schlimmer Fall, der dringend aufgeklärt werden muss. Sollten Straftaten begangen worden sein, sind diese zu sanktionieren – ganz klar! Aber das alles müssen Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln – und nicht irgendwelche Lokal-Journalisten.

Bei der „RP“ sah man das – möglicherweise angestachelt durch die Aussicht auf gute Klick-Zahlen und ein regelrechtes Lechzen nach neuen Informationen im Internet – aber offensichtlich anders. Zunächst spekulierte die Zeitung schon wenige Stunden nach dem Überfall über die Schwere der Verletzungen, dann enttarnte sie vorschnell den angeblichen Täter. Unschuldsvermutung?  Nur mit großzügigem Augenzukneifen eingehalten! Und auch das Recht eines Angeklagten zu schweigen, ist bei der Zeitung wohl nicht jedem bekannt. Wie sonst sind Überschriften zu erklären, die das Schweigen des Verdächtigen als fragwürdig erscheinen lassen. Und das Schweigen – wenn man zwischen Zeilen liest zumindest – fast als eine Art Schuldeingeständnis deuten. Jeder Angeklagte hat das Recht zu schweigen. Das solltet ihr respektieren, liebe „RP“!

Beispiel 3: „Gewalt-Eskalation“ in Fußballstadien

Am Dienstag nach dem Darmstadt-Spiel „bestach“ die Redaktion dann aber mit einem regelrechten Knaller: Der Text „Gewalt in Fußballstadien eskaliert“ ist nicht nur schlecht recherchiert, sondern auch inhaltlich eine Frechheit. Die „RP“-Redaktion vermengt darin den Darmstadt-Vorfall mit einer Massenschlägerei in Duisburg. Zentraler Satz des Artikels: „Die beiden Vorfälle in Mönchengladbach und Duisburg sind ein weiteres trauriges Kapitel in der seit Jahren immer dicker werdenden Gewaltakte des NRW-Fußballs.“

Abgesehen davon, dass man eine Auseinandersetzung zweier Fans nicht mit einer Massenschlägerei seit Jahren rivalisierender (!) Fangruppen vergleichen kann, scheint sich bei der „RP“ niemand die Mühe gemacht zu haben die Vorkommnisse in Duisburg vernünftig zu recherchieren. In Duisburg handelt es sich nämlich mitnichten um einen harmlosen Konflikt. Das kommt im Artikel jedoch deutlich zu kurz. Hier geht es auch um immer wiederkehrende Bedrohungen antirassistischer Ultras durch rechte Hooligans. Diesen Konflikt, der im Kern ein politischer ist, mit einer Auseinandersetzung zwischen zwei Fans in Mönchengladbach gleichzusetzen ist gefährlich. Zum einen wird der Duisburger Konflikt entpolitisert und rechte Gewalt in diesem Fall verharmlost. Zum anderen bauscht es den Vorfall in Mönchengladbach unnötig auf. Was hat eine Auseinandersetzung zwischen zwei Fans in Mönchengladbach mit den Vorfällen in Duisburg zu tun. Nichts! Wieso wird es vermengt? Weil es einfacher ist? Weil es einen falschen Eindruck von der Entwicklung innerhalb der Fanszenen vermittelt? Wir wissen es nicht!

Die Kollegen des „halbangst“-Blogs merkten jedoch an, dass die Zahlen eben keine Gewaltspirale belegen. Sie dahingehend zu benutzen, sei „[…]dumm, recherchefaul oder der boshafte Versuch für eine gute Schlagzeile bewusst Fakten zu verdrehen“.

Außerdem ist auch die Behauptung einer „dicker werdende(n) Gewaltakte“ schlicht falsch. Das sehen nicht nur wir so: Bereits im Dezember klärten die Kollegen vom „halbangst“-Blog auf, dass sich die Behauptung der „RP“ auf Daten des NRW-Innenministeriums stütze. Demnach seien zwischen 2014 und Mitte November 2015 4720 gewalttätige Fußball-Anhänger in die Polizeiakte „Gewalttäter Sport“ aufgenommen worden. Bei insgesamt etwas über 8300 Strafverfahren in den ersten Drei Ligen, die es in der Saison 2014/15 gab, würde somit ein Großteil der gewaltbereiten Stadionbesucher Deutschlands aus NRW kommen.

Die Kollegen des „halbangst“-Blogs merkten jedoch an, dass die Zahlen eben keine Gewaltspirale belegen. Sie dahingehend zu benutzen, sei „[…]dumm, recherchefaul oder der boshafte Versuch für eine gute Schlagzeile bewusst Fakten zu verdrehen“.

Als Datenbasis diente im Übrigen eine Antwort des NRW-Innenministeriums auf Fragen der Piratenfraktion. Auch hier nehmen sich die „halbangst“-Blogger jedoch die Zeit, die gesamte Aussage darzustellen. Das Innenministerium wies damals nämlich explizit darauf hin, dass eine retrograde Auswertung der Daten hinsichtlich der Neuspeicherungen schlicht nicht möglich sei, da eine regelmäßige Erfassung der Neuspeicherungen auf Landesebene nicht erfolge. Vor dem Hintergrund zwischenzeitlich möglicher Löschungen sei also „keine valide Aussage […] im Sinne der Fragestellung möglich“.

Denn bei den Neuaufnahmen – auch das bemerken die Kolleginnen und Kollegen – handelt es sich eben nicht um die Neuaufnahmen seit 2014, sondern um die Gesamtzahl der aktuell gespeicherten Personen. Also Aufnahmen, die auch weit vor 2014 geschehen sein können. Die Datei jedenfalls existiert seit 1994. Die Zahlen, die die „RP“ als Beleg anführt, sind für die Beurteilung der von der RP aufgestellten These also völlig untauglich.

Der Autor des „Halbangst“-Blogs ist allerdings so gnädig, dass er noch eine weitere Datenbasis heranzieht – sich also um Ehrenrettung für die „RP“ bemüht. Dabei stellt er jedoch fest, dass auch die Zahlen der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) nicht taugen. Sie besagen gar das Gegenteil! Die Zahl der Strafverfahren gingen ebenso zurück, wie die Zahl der Verletzten.

Die Frage nach dem Warum?

Es gibt also keine Daten, die eine Gewalt-Eskalation in den Fußballstadien in NRW beweisen. Im Gegenteil! Was uns zu der Frage führt, warum die „RP“ genau das anführt. Zur ganzen Wahrheit gehört, dass auch andere Medien die Daten ähnlich interpretiert haben und immer wieder von „neuen Eskalationsstufen“ schreiben. Allen voran Express und Bild-Zeitung. Die eingangs erwähnten Boulevard-Zeitungen.

Wir wünschen uns die Rheinische Post von früher zurück. Unser gutes, journalistisches Gewissen, das recherchiert, mit den Leuten spricht und durch Fakten besticht.

Damit wir uns hier nicht falsch verstehen: Wir, die Mitglieder der MitGedacht.-Redaktion, verabscheuen Gewalt rund um den Fußball. Wir hoffen, dass jede Gewalttat aufgeklärt und die Täter entsprechend bestraft werden. Allerdings sehen wir kein grundlegendes Problem im Fußball. Wir fühlen uns im Fußballstadion sicher und gehen gerne hin. Anders als die Rheinische Post glauben wir, dass es den dramatisierenden Ausdruck „Tatort Bundesliga“ nicht braucht. Wir glauben ferner nicht, dass etwaige Schlägereien im Fußball-Umfeld „das Ergebnis einer über Jahre praktizierten Verharmlosungspolitik“ sind. Wir glauben, dass die Arbeit der Fanprojekte und der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter längst Früchte trägt. Wir beschäftigen uns mit dieser Arbeit – und sprechen nicht nur dann mit diesen Sozialarbeitern, wenn wir mal ein Zitat für einen Text über Ultras brauchen.

Ist eine vielfältige Fanszene nicht skandalös genug?

Warum die „RP“ seit Monaten aggressiv gegen die aktive Fanszene unserer Borussia schießt? Keine Ahnung! Vielleicht sehen die Redakteure die Anhängerschaft nicht mit der nötigen Distanz und dem nötigen Respekt. Vielleicht unterscheiden sie nicht genug, sondern werfen alle schnell in einen Topf. Vielleicht wollen sie die Heterogenität der Szene auch gar nicht herausstellen, weil das dann nicht mehr skandalös genug wäre und Aufmacher und Leitartikel nicht mehr rechtfertigen würde. Vielleicht ist es einfach schnell von „den“ Fans zu sprechen und „die Akte Borussia-Fans“ zu öffnen. Vielleicht braucht es aber auch einfach Journalisten die Zeit, Lust und die nötigen Ressourcen haben, sich mit einer vielfältigen und heterogenen Fankultur auseinanderzusetzen. Fanszenen sind im ständigen Wandel. Aufgabe des Journalismus wäre es, diesen Wandel nüchtern zu betrachten.

Wir wünschen uns die Rheinische Post von früher zurück. Unser gutes, journalistisches Gewissen, das recherchiert, mit den Leuten spricht und durch Fakten besticht. Wir erwarten, dass die Redakteure sich mit der Fanszene auseinandersetzen und nicht bloß nach drei Telefoanten mit der Polizei, dem Verein und den Fanbeauftragten, die jedoch auch zum Verein gehören, über Entwicklungen, Vorkommnisse und Fanszenen urteilen. Gerne stehen wir dabei auch für einen persönlichen Dialog zur Verfügung. Wir würden uns über diesen Dialog sogar freuen. Nichts liegt uns ferner als plumpes Draufhauen.

Übrigens würde sich auch Pulitzer freuen. Wahrheit und Gewissen schlagen Auflage. Das wäre schön. So schön wie unsere Borussia!

EDIT: In einer ersten Version des Artikels hieß es, dass einige Kommentare auf der Facebookseite mittlerweile gelöscht sind. Das stimmt nicht. Da haben wir einen Fehler gemacht!

Anmerkung: Der Ausruck "Privatkrieg" polarisiert und kommt aggressiv daher. Diesem Vorwurf müssen wir uns stellen und haben die Wortwahl kritisch beleuchtet. Wörtlich zu verstehen ist der Ausdruck natürlich in keinem Fall!


Foto zu diesem Beitrag: Screenshot Facebook-Timeline MitGedacht.










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17 Gedanken zu „Boulevard-Zeitung „RP“?

  • 30. März 2016 um 18:56
    Permalink

    Ein klasse Beitrag, sehr sorgfältig recherchiert. Allerdings muss man sagen, dass es allgemein ein Facebook-Phänomen ist, dass Versuchsredakteure von Focus, SZ, FAZ etc. mit ihren oft kläglichen emotionalisierungserzeugenden Statements Klickzahlen erhöhen wollen und damit das Meinungsklima vergiften.

    Antwort
  • 30. März 2016 um 18:58
    Permalink

    ???
    Hast Du nicht besseres zu tun alles einen unnötigen “Krieg” zu führen.
    Wenn Du den Express oder die Bild an den Pranger gestellt hättest könnte ich das evtl. noch verstehen.

    Und klar gesagt haben sie mit ihrer Derby Polemik recht!

    Antwort
  • 30. März 2016 um 19:34
    Permalink

    Leider nicht besser als die Berichterstattung der RP.

    Und das beste kommt am Ende:

    “Nichts liegt uns ferner als plumpes Draufhauen.”

    Aber genau das macht der Beitrag.

    Antwort
    • 30. März 2016 um 22:23
      Permalink

      ich finde den Beitrag gut,
      und finde kein plumpes Draufhauen.
      die Artikel werden aufgeführt und sachlich kritisiert.

      Antwort
  • 30. März 2016 um 22:32
    Permalink

    Wir freuen uns, wenn sich Menschen mit unserer Arbeit auseinander setzen. Wir freuen uns auch über Kritik, weil sie uns hilft, unseren Job besser zu machen. Allerdings muss es dann schon halbwegs faktensicher sein. Etliches, was in diesem Beitrag steht, ist nachweislich falsch. Am meisten stört mich aber dieses: Die Rheinische Post führt prinzipiell keine Kriege. Wir beobachten das, was passiert, recherchieren und kommentieren. Wir begründen unsere Meinung, halten aber andere Meinungen für legitim. Andere Meinungen bekämpfen wir nicht, wir finden sie im Gegenteil besonders interessant. Denn unsere Meinung kennen wir ja schon. Diese Grundübereinkunft ist Voraussetzung zu ernsthaftem Austausch. In diesem Beitrag können wir die leider nicht erkennen.

    Ralf Jüngermann
    Rheinische Post

    Antwort
    • 31. März 2016 um 10:53
      Permalink

      Lieber Herr Jüngermann,

      ich schreibe als Autor des Halbangst-Blogs und starte mal mit einem Lob: Es kommt wirklich selten vor, dass sich ein Redaktionsleiter überhaupt mit einer Kritik wie dieser befasst. Auch die Tatsache, wie über Ihr “Fohlenfutter” die Beiträge von Blogs Teil der Diskussionskultur werden, finde ich mehr als gut. Als ein Blog, der auch die Düsseldorfer Szene im Blick hat, sticht die Arbeit insgesamt in Gladbach positiv heraus. Auch in vielen guten sportlichen Analysen.

      Das ist auch meine persönliche Kritik an dem Text: Er zeichnet ein zu schlechtes Bild von der lokalen Arbeit in Mönchengladbach.

      Und trotzdem finde ich, nehmen Sie in Ihrer Antwort die Kritik nicht ernst genug. Sie werfen dem Autor “etliche” Faktenfehler vor, ohne darauf einzugehen, welche Fehler Sie meinen. Doch nicht etwa den von mir verfassten Text zur “Gewaltakte Fußball”? Ich kann ja mal beschreiben, warum es zu diesem Text kam. Wir haben auf Twitter auf die fehlerhafte Auswertung von Landtagsdokumenten und offiziellen Zahlen hingewiesen. Wirklich ernst genommen wurden wir nicht. Sinngemäß wurde mir zum Beispiel signalisiert, nicht zu sehr die Moral zu hüten. Nach diesem “Diskurs” habe ich mich dann entschieden, darzulegen, was falsch an dem Text ist. Zugegeben war dieser Angang und die dann folgende Diskussion auf Twitter sehr offen und in der Sache auch hart, wenn nicht in Teilen persönlich (da können beide beteiligten Seiten sich nicht von frei machen).

      Trotzdem bleibt der Fakt bestehen, dass die Einschätzungen in dem Text der Rheinischen Post falsch sind – und weiter online stehen. Zumindest wenn man die Quellen heranzieht, die hier genutzt wurden.

      Bis jetzt gibt es keine Spur von einem ernsthaften Austausch oder Umgang mit dem Fehler – zumindest den Lesern gegenüber. Vielleicht können Sie daher nachvollziehen, warum Ihre Antwort aus meiner Sicht – inhaltlich – kein guter Beitrag zu einem Austausch sind, wie Sie sich ihn scheinbar wünschen.

      Beste Grüße,

      Christoph Ullrich
      Halbangst-Blog

      P.S.: Ich bin mir durchaus bewusst, dass wir Ihre Zeitung selten mit Samthandschuhen anfassen und deshalb wäre ich auch nicht verärgert, wenn Sie zumindest mit uns den Austausch nicht wünschen. Es geht hier rein um die Tatsache, dass hier eine vielleicht überzogene Kritik öffentlich beiseite gewischt wird, ohne wirklich Argumente zu liefern. Das ist leider Schade.

      Antwort
      • 31. März 2016 um 17:37
        Permalink

        Lieber Herr Ullrich,

        herzlichen Dank für die konstruktive Kritik zu unserem Beitrag.
        Wir tauschen uns gerne auch mit anderen Blogs aus. Wir möchten nur klarstellen, dass wir keine generelle Kritik an der Berichterstattung der RP über Borussia üben woll(t)en! Sollte dies so erscheinen, dann haben wir es unglücklich formuliert. Wir haben persönlich auf den kritischen Brief Herrn Jüngermanns geantwortet. Dabei haben wir einige Standpunkte klar verteidigt und Missverständnisse klargestellt. Die sportlichen Analysen der RP-Redaktion waren ausdrücklich kein Gegenstand der Kritik. Es ging lediglich um einige Beispiele zur Berichterstattung über die Fanszene in den letzten Monaten.

        Beste Grüße, die MitGedacht.-Redaktion

        Antwort
    • 31. März 2016 um 12:21
      Permalink

      Hallo Herr Jüngermann,

      wo genau liegen denn die nachweislich falschen Behauptungen?
      Doch nicht darin das Sie nicht immer alles recherchieren? -Denn das fällt auch mir mit einem objektiven Blick auf die Geschehnisse auf. Und Klar können Sie auch nichts dafür das Praktikanten nicht immer die qualitativsten Kommentare auf Facebook schreiben, aber sie machen dies in Ihrem Namen (den Punkt kann ich also schon mal als wahrheitlich ansehen.

      Mit der Hoffnung auf eine diskutabelle Auflistung der “Nicht-wahrheiten”

      Jim Panse

      Antwort
  • 31. März 2016 um 13:38
    Permalink

    Hallo Herr Ullrich,

    ich habe die Fehler schon gestern in einem Brief an die Autoren aufgelistet. Ich kann gerne eine Kurzversion später hier einstellen. An Austausch sind wir immer interessiert! Vor allem, wenn er in angemessener Form stattfindet – so wie Sie das mit Ihrem Post tun.

    Viele Grüße

    Antwort
    • 31. März 2016 um 14:06
      Permalink

      Lieber Herr Jüngermann,

      in der Tat, ein paar inhaltliche Anmerkungen aus dem Brief wären durchaus interessant. Insofern würde eine Kurzversion sicher ein guter Beitrag zur Debatte sein. Und sonst natürlich noch Dank für Ihre Antwort.

      Grüße,

      Christoph Ullrich

      Antwort
  • 31. März 2016 um 13:39
    Permalink

    Hallo Herr Panse,

    Praktikanten schreiben bei uns keine Facebook-Posts. Sie stammen von denselben Mitarbeitern, die Print und Online bestücken. Es sind alles Leute, die studiert und ihr Handwerk gelernt haben.

    Viele Grüße

    Antwort
  • 31. März 2016 um 15:49
    Permalink

    Hallo Herr Ulrich,

    in aller Kürze ein paar Punkte, die sich alle relativ leicht nachprüfen lassen:

    1. Wir widmen uns in den vergangenen Monaten nicht verstärkt der Gladbacher Fanszene. Wir tun das seit vielen Jahren kontinuierlich. Am meisten haben wir es 2011 in der kritischen Initiative-Phase getan.
    2. Die Berichterstattung über Borussia-Fans ist überwiegend positiv. Fans kommen in mehr als 90 Prozent der Fälle als tolle Supporter, unfassbar fleißige Auswärtsfahrer, kreative Anfeuerer und Choreo-Macher vor.
    3. Wir verallgemeinern nicht, sondern differenzieren sehr stark. Sozialprojekte der Ultras finden bei uns breiten Raum. Gewalt aber auch.
    4. Wir haben genau so viel Zeit für tiefgreifende Recherchen wie früher. Es gibt im Gegenteil so viele analytische Stücke zu Borussia wie nie in der Geschichte der RP. Uns zusätzlich noch schnelle Nachrichten und Kommentare auf elektronischen Kanälen.
    5. Wir führen keine Privatkriege – weder gegen Borussia-Fans (was alleine deswegen schon widersinnig wäre, weil viele Kollegen selbst Borussia-Fans sind) noch gegen sonst irgendwen. Wir recherchieren, informieren und kommentieren. Unser Verhältnis zur Fanszene ist ausgesprochen entspannt. Wir haben noch nie so engen Kontakt zur Fanszene gehabt wie aktuell.
    6. Unsere Kommentare sind nicht unseriös, sondern im Gegenteil stets begründet. Wir kommentieren stets im Wissen und Bewusstsein, dass auch andere Meinungen legitim sind.
    7. Unsere Facebook-Kommentare zu Borussia und allen anderen Themen sind weiter in der Timeline verfügbar. Wir stehen zu jedem einzelnen unserer Posts und Artikel.
    8. Wir sind an Meinungen anderer besonders interessiert. Unsere eigenen Positionen kennen wir ja schon.
    9. Wir trennen Fakten und Kommentare erkennbar. Beide gehören zu unserem gesellschaftlichen Auftrag.
    10. Wenn wir über Gewaltakte von Borussia-Fans schreiben, erwähnen wir nicht jedes Mal, dass 99,9 Prozent völlig friedlich sind, weil wir auch nicht bei jedem betrunkenen Autofahrer schreiben, dass an dem Tag 99,9 Prozent nüchtern gefahren sind. Wir wissen, dass wir über Ausnahmen von Regeln berichten – in diesen und in allen anderen Fällen. Unsere Leser wissen das aber auch.
    11. Wir haben natürlich mit verschiedenen Fans zum Thema Zwischenfälle gesprochen.
    12. Wir verurteilen nie mögliche Straftäter vor und achten bei unserer Wortwahl sehr sorgsam darauf – egal, ob es um Borussen oder andere geht. Wir sind der vollen Überzeugung, dass Polizei und Staatsanwaltschaft ihr Geschäft bestens verstehen und sehen uns nicht als Ermittler. Dazu haben wir weder die Fachkenntnis noch das Mandat.
    13. Die Schwere der Verletzungen des betroffenen Fans waren von Polizei und Krankenhaus bestätigt.
    14. Wir halten Schweigen nicht für ein Schuldeingeständnis und haben das auch nirgends geschrieben.
    15. Wir haben die Vorfälle in Gladbach und Duisburg nicht miteinander verglichen, sondern in einen zeitlichen Zusammenhang gestellt, weil beides am gleichen Wochenende passierte.
    16. Wir haben nichts aufgebauscht; bei dem Mann bestand zeitweilig Lebensgefahr.
    17. Gewalt in Stadien ist ein Problem. Bei einem Bundesligaspiel ist ein deutlich größeres Polizeiaufgebot nötig als bei einem Musikkonzert im selben Stadion.

    Es gäbe noch mehr, was aber zu kompliziert für diese Form hier ist.

    Und zuguterletzt: Alles, was von RP kommt, wird von erfahrenen Kollegen mit langer Ausbildung und Fachkenntnis gemacht. Auch uns passieren Fehler. Wenn wir auf die hingewiesen werden, freuen wir uns, korrigieren wir die gerne. Es ist allerdings kein Fehler, anderer Meinung zu sein. Übrigens: Viele, die über RP reden, lesen die Zeitung gar nicht und schaffen es, ein vermeintlich klares Bild von etwas zu haben, was sie gar nicht kennen. Pro Jahr kommen wir mit allen Artikeln, Online-Artikeln und Posts auf über 1500.

    Antwort
    • 31. März 2016 um 17:40
      Permalink

      Hallo Herr Jüngermann,

      besten Dank für Ihr Feedback. Wir haben uns sehr gerne mit Ihrer Kritik auseinandergesetzt und diese beantwortet. Schauen Sie in ihr e-Mail-Postfach.

      Liebe Grüße, die MitGedacht.-Redaktion

      Antwort
  • 1. April 2016 um 18:28
    Permalink

    Moin zusammen,
    interresanter Austausch auf gutem Niveau! Respektvoller Umgang Zweier Blocks+RP, die ich(alle 3) als MG-Fan
    sehr gerne lese.
    PS
    hier in Hamburg findet so eine Art der Kommunikation (Blogger,Print-Medien) meines Wissens,in der
    Form nicht statt.

    Antwort
  • 5. April 2016 um 22:13
    Permalink

    Ein wenig bedauerlich, dass die weitere Diskussion scheinbar nicht öffentlich in den E-Mail-Postfächen fortgeführt wird? Das Thema ist auch aus meiner Sicht sehr interessant und trifft meiner Meinung nach zumindest einen wahren Kern. Großes Lob, dass dies von den Mitdenkenden einmal angesprochen wird 😉

    Die von Herrn Jüngermann angeführten Punkte sind nicht immer nachvollziehbar und schlüssig.

    Besonders verwundert bin ich über Punkt 12 in dem es heißt “Wir sind der vollen Überzeugung, dass Polizei und Staatsanwaltschaft ihr Geschäft bestens verstehen und sehen uns nicht als Ermittler.”

    Nun ist dies sicherlich nur ein kurz angerissener Kommentar, jedoch wird hier durchaus erkennbar, dass offensichtlich nur geringe Anreize bestehen, Justiz- und Polizeiarbeit kritisch zu hinterfragen. Richtig, die Mitarbeiter der RP sind keine Ermittler, aber muss man deshalb kritische Ansätze journalistischer Arbeit in diesem Kontext außen vor lassen? Zwischen den Zeilen wird hier deutlich, dass Aussagen und Handeln dieser Instanzen als gegeben betrachtet werden: “Die werden sich schon angemessen verhalten.” Warum ist das so?

    Es kann doch nicht kategorisch ausgeschlossen werden, dass bspw. Polizeiberichte dem tatsächlichen Geschehen widersprechen und nur eine Perspektive darstellen. Insbesondere Berichte über Einsätze beim Fußball gleichen nicht selten einer “dramatischen Erstmeldung”, die hinterher revidiert werden müsste. Hier erwarte ich schon vom einem ausgebildeten Redakteur, dass solche Berichte nicht (inhaltlich) kopiert, sondern gegebenfalls auch hinterfragt und andere Beteiligte angehört werden.

    Dass die RP sogar selber auch anders kann zeigt doch alleine der heutige Berichterstattung zur Staatsanwaltschaft in Duisburg mit u.a. dem Titel “Ein Desaster für die NRW-Justiz”. Bedauerlicherweise eine Ausnahme.

    Antwort

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