Das MitGedacht-Hinrunden-Fazit: Diese Truppe steht für etwas!

Borussia beendet eine in vielerlei Hinsicht besondere Hinserie mit einem wenig aufregenden 0:0-Remis bei Hertha BSC. Trotz einiger etwas schwächerer Leistungen im Endspurt steht nach 17 Spieltagen Rang zwei zu Buche. Vor den Weihnachtstagen zieht die MitGedacht.-Redaktion ihr Fazit! 

Ohne Zweifel: Es weht ein neuer sportlicher Wind durch Mönchengladbach! Seitdem im Sommer Marco Rose eine zwar keinesfalls erfolgslose, aber irgendwie eingerostete Fohlenelf von Dieter Hecking übernommen hat, ist rund um den Borussia-Park wieder eine Aufbruchsstimmung zu spüren. Spieler berichten von einer ganz neuen Intensität, Mitarbeiter des Vereins schwärmen vom „Menschenfänger“ Rose und auch bei den Fans kommt der „Neue“ ziemlich gut an: mit seiner pragmatischen Art, Fußball zu vereinfachen. Mit seiner klaren Idee von Leidenschaft und Wille auf dem Platz. Mit seiner ehrgeizigen Vorstellung, jedes Fußballspiel gewinnen zu wollen.

Ja, auch wir sind von Rose und der „neuen Borussia“ begeistert. Diese Hinrunde hat uns MitGedacht.’lern definitiv riesigen Spaß gemacht. Und das nicht nur aufgrund der überragenden sportlichen Ergebnisse. Aus unserer Sicht steht Borussia endlich wieder für etwas. Die Mannschaft verkörpert Werte, die wir in Mönchengladbach schon lange nicht mehr bestaunen durften. Und auch das Trainerteam verkörpert Fortschritt und Lockerheit. Wir haben schon mehrfacht gelobt, dass wir es grandios finden, dass Rose und Co. beispielsweise nach Spielen mit in Richtung Kurve kommen. Genau diese Nähe macht es im oftmals abgehoben wirkenden Profi-Fußball-Zirkus aus.

Der Rose-Start im Sommer: Welches System passt?

Der Anfang vor knapp sechs Monaten gestaltete sich dagegen noch etwas weniger euphorisch: Als Marco Rose und sein auf fünf Positionen verändertes Trainerteam (Alex Zickler, Rene Maric und Oliver Neuville als neue Assistenztrainer, Eugen Polanski als Übergangstrainer und Patrick Eibenberger als Fitness-Spezialist) im Sommer ihre Arbeit an der Hennes-Weisweiler-Allee aufnahmen, schwebten noch deutlich mehr Fragezeichen über Mannschaft und Verein. Das grundsätzlich zurückhaltende Gladbacher Umfeld fragte sich öffentlich: Wie schnell kann der neue Coach dem Team seinen Fußball einimpfen? Wie werden sich Neuzugänge wie ein in Deutschland eher unbekannter Stefan Lainer, ein als Verletzungskönig verschriener Breel Embolo oder der zwar talentierte, aber ebenfalls gänzlich unbeschriebene Marcus Thuram integrieren? Was meint der neue Übungsleiter, wenn er davon spricht, sein Team solle auf dem Platz immer „Haltung zeigen“? Nicht wenige Beobachter der Borussia schwankten im Sommer irgendwo zwischen Zuversicht und Skepsis. 

Das neue Trainer-Team in der Vorbereitung
(Foto: Lukas Schulze / Bongarts / Getty Images)

Nach einer zwar soliden, spielerisch aber sicherlich nicht perfekten Vorbereitung schienen die ersten Pflichtspiele die Skeptiker zu bestätigen. Borussia tat sich schwer. Es waren zähe Partien im Pokal beim Zweitligisten Sandhausen und in der Liga gegen Schalke. Auch der Auswärtssieg in Mainz am zweiten Spieltag war eher erkämpft als erspielt. Roses System mit einer Mittelfeld-Raute, frühem Pressing und dem damit verbundenen schnellen Umschalten (sowohl offensiv, als auch defensiv) schien die Mannschaft bisweilen zu überfordern. Immer wieder stellte das Trainerteam damals schon im Spiel auf ein 4-3-3 oder ein 3-4-1-2 um, womit die Truppe deutlich besser zurecht kam. Dieser Trend hält bis heute an, was den Schluss zulässt, dass auf Rose und Co. noch einige Arbeit wartet.

Was man aber schon in der schwierigen Anfangsphase erkennen konnte, war eingangs erwähnte (für Borussia-Fans in dieser Form lange nicht gesehene) Mentalität. Die Jungs marschierten über die gesamte Spielzeit, konnten auch nach der 70. Minute noch einmal zusetzen und gar das Tempo verschärfen. Eine Eigenschaft, die vor allem in den letzten Jahren verloren gegangen schien. Das Derby in Köln zeigte zum ersten Mal, dass diese Borussia in der Lage ist, ein Spiel auch dann gewinnen zu wollen, wenn sie kämpfen, arbeiten und leiden muss. Selbst im katastrophalen Europa-League-Heimspiel gegen den Wolfsberger AC konnte man der Mannschaft den Willen (zumindest in Hälfte zwei) nicht absprechen. 

Der Wolfsberg-Wahnsinn als Wachmacher

An dieser Stelle wollen wir aber auch klar machen: International hat Borussia in dieser Halbserie enttäuscht. Wir haben es bereits nach dem bitteren Aus gegen Basaksehir Istanbul geschrieben: gegen Gegner wie Wolfsberg und Istanbul sowie eine längst nicht mehr in altem Glanz erstrahlende AS Roma hätte Borussia weiterkommen müssen. Selbst mit einem neuen, unbekannten Trainer und einer anderen Spiel-Philosophie muss es der Anspruch dieser Truppe sein, sich gegen solche Vereine zumindest als Tabellenzweiter durchzusetzen. Ja, die späten Treffer in Istanbul, Rom oder Zuhause gegen die Italiener waren für uns Fans grandios. Insgesamt hat Borussia sich in den sechs europäischen Spielen aber zu sehr auf das eigene Glück verlassen und ist deshalb verdient ausgeschieden. Aus Fan-Sicht war es eine enttäuschende Europapokal-Saison. Was vermutlich auch auf die Vorkommnisse in Istanbul und Rom zurückzuführen ist, die bis heute nachhallen.

Dass unseren Jungs im Endspurt vor Weihnachten wie beispielsweise in Berlin etwas die Luft sowie die Kreativität ausgegangen sind, sollten wir ihnen verzeihen. Jedem Kritiker empfehlen wir, den Gesamtkontext zu sehen: Das (neue) intensive und mental aufreibende Auftreten fordert offensichtlich nun etwas Tribut. Beleg dafür sind einige neue verletzungsbedingte Ausfälle oder auch der sichtliche Kräfteverschleiß bei einigen Spielern.

Immerhin: Für die Bundesliga stellte der sportlich miserable Europa-Auftakt gegen Wolfsberg eine Art Zäsur dar. Nach dem Spiel wurde das Grummeln im Vereinsumfeld lauter. Plötzlich stellten nicht nur irgendwelche (Internet-) Trolle den neuen Weg in Frage, auch rund ums Stadion hörten wir kritische Töne. Es folgte die einzig richtige Antwort: eine starke, weil endlich druckvolle zweite Hälfte gegen Fortuna Düsseldorf und eine beeindruckende Serie von fünf Siegen aus sechs Spielen – unterbrochen nur von einer bitteren 0:1-Niederlage in Dortmund. Dass Borussia gegen die Mannschaft von Lucien Favre auch im Pokal ausschied, bleibt eine weitere bittere Stunde dieser Vorrunde. Ob der BVB mittlerweile weiß, wie er dieses Spiel 2:1 gewinnen konnte? Wir bezweifeln es, müssen aber mit der alten Stammtisch-These antworten: So ist (leider) Fußball!

Marco Rose – der Bessermacher

Nach weiteren Niederlagen gegen Union und Wolfsburg sowie Siegen gegen Freiburg, die Bayern, Paderborn und dem Unentschieden bei Hertha BSC stehen also nach den 17 Spieltagen 35 Punkte zu Buche. Die beste Hinrunde seit Einführung der drei Punkte-Regel und eine wirklich respektable Zahl. Dass unseren Jungs im Endspurt vor Weihnachten wie beispielsweise in Berlin etwas die Luft sowie die Kreativität ausgegangen sind, sollten wir ihnen verzeihen. Jedem Kritiker empfehlen wir, den Gesamtkontext zu sehen: Das (neue) intensive und mental aufreibende Auftreten fordert offensichtlich nun etwas Tribut. Beleg dafür sind einige neue verletzungsbedingte Ausfälle (Lainer, Jantschke) oder auch der sichtliche Kräfteverschleiß bei Spielern wie etwa Herrmann, Neuhaus, Plea, Benes oder Thuram. 

Wo wir gerade bei Neuzugängen sind: Insgesamt hat sich die Mannschaft prächtig entwickelt. Eigentlich enttäuschte keiner der „Neuen“: Ramy Bensebaini liefert endlich eine Alternative zum zwar von uns stets verteidigten, aber doch zu lange konkurrenzlosen „ewigen Oscar“. Stefan Lainer steht mit seiner ganzen Wucht exemplarisch für den Rose-Fußball. Rückkehrer Laszlo Benes hat sich – sicherlich auch aufgrund der weiter unverständlichen Cuisance-Flucht zu den Bayern – sofort zur ernsthaften Stammelf-Option entwickelt. Und vorne sorgen Marcus Thuram und Breel Embolo für reichlich Feuer, Explosivität und Torgefahr. Dass sich auch diverse andere Spieler (Sommer, Ginter, Elvedi, Zakaria, Neuhaus, Hermann, u.v.a.) unter dem neuen Trainer-Team sichtlich verbessert haben, stützt unsere These von vor ein paar Wochen: Rose ist ein Bessermacher!

Marcus Thuram und Denis Zakaria sind zwei der absoluten Gewinner dieser Hinrunde
(Foto: Christof Koepsel / Bongarts / Getty Images)
Max Eberl und sein überragender Job

Dazu passt, dass erst vor wenigen Tagen das (auch in Fachkreisen hochgeschätze) Online-Portal „Transfermarkt.de“ die neuen Markwerte veröffentlicht hat. Das große Winterupdate bescheinigt Borussias Kader gemeinsam mit Red Bull Leipzig die größte Steigerung der Marktwerte. Der Kaderwert stieg nach der Hinrunde um 46 Millionen auf nunmehr 316,5 Millionen Euro. Mit Denis Zakaria (von 28 auf 45 Millionen Euro) und Marcus Thuram (12 auf 28 Millionen Euro) finden sich gleich zwei Borussen unter den Top-Marktwertgewinnern der gesamten Liga. Erfreulich ist außerdem, dass auch alle anderen Neuzugänge ihren Marktwert steigern konnten: Bensebaini von 8 auf 12, Embolo von 14 auf 16, Benes von 4 auf 6 und Lainer von 12,5 auf 18 Millionen Euro. Eine Bestätigung des neuen Weges und der Personalpolitik von Sportdirektor Max Eberl!

Insgesamt – und das wollen wir an dieser Stelle noch einmal herausstellen – hat Eberl im Sommer einen überragenden Job gemacht. Das gilt für die Zusammenstellung des Kaders und für die Verpflichtung von Marco Rose. Dass sich unser Manager keinesfalls auf dem Erreichten ausruht, zeigt sein herbstlicher Fleiß, mit dem er die Verträge von Yann Sommer, Florian Neuhaus, Laszlo Benes und Christoph Kramer allesamt bis 2023 verlängern konnte. Angeblich, so hören wir hinter den Kulissen, ist Eberl auch bei Denis Zakaria in der Spur, um Marco Roses Schlüsselspieler noch länger bei Borussia zu halten. Es wäre Max’ Meisterstück. Eine schöne Bestätigung ist folgendes Zitat von Nico Elvedi, der gegenüber der BILD-Zeitung erklärte: „Man sieht, dass sich Borussia zu einem echten Spitzenklub entwickelt hat. Es gibt hier eine super Mannschaft, einen super Trainer, super Fans. Langsam ist es eigentlich nicht mehr nötig, den nächsten Schritt bei einem anderen Klub zu machen!“

Wie moderiert Rose die Rückrunde?

Natürlich ist bei Borussia keinesfalls schon alles Gold was glänzt. Das Team spielte vor allem im Endspurt der Hinrunde wenig konstant, lässt sich noch zu häufig (wie gegen Union, Wolfsburg oder Hertha) das Spiel des Gegners aufdrücken. Außerdem haben wir weiter oben ja bereits erwähnt, dass das Team taktisch noch flexibler werden kann oder sogar muss. Das Rose-System mit der Mittelfeld-Raute und den vielen Zweikampf-Brandherden auf dem Platz funktioniert noch nicht wirklich. Das hat vor allem die erste Hälfte gegen die Bayern gezeigt, als der Trainer überraschenderweise wieder auf sein Wunsch-System zurückgriff. Dass sich das Team im 4-3-3 dafür offensichtlich umso wohler fühlt, macht uns allerdings Mut für die Rückrunde. Marco Rose hat im Winter nun Zeit, weiter an seinen Ideen zu feilen.

Wir wollen allerdings auch appellieren, keinesfalls nachzulassen. Die Hinrunde hatte auch einige Enttäuschungen in petto: Ruhen wir uns also alle gemeinsam nicht auf dem Erreichten aus, sondern greifen 2020 neu an!

Die Rückrunde wird dann ganz andere Aufgaben für den Trainer mit sich bringen: Der sicherlich zumindest auf zwei Wettbewerbe ausgelegte Kader will dann moderiert werden. Mit absoluter Sicherheit wird nicht jeder Akteur auf seine Wunsch-Spielzeit kommen. Dass Max Eberl bereits deutlich machte, dass der Kader keinesfalls verkleinert werden soll, macht die Aufgabe für den Trainer nicht leichter. 

Das alles sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Borussia vor einem richtig spannenden halben Jahr steht. Unser Klub hat die Chance auf etwas richtig Großes. Ob es jemals wieder so leicht wird, vor den „Granden“ aus München und Dortmund zu landen und im Meisterkampf ein Wörtchen mitzumischen? Wir haben keine Ahnung – es ist uns aber auch herzlich egal. Denn viel wichtiger ist: Unsere Mannschaft macht totalen Spaß und versprüht absolute Identifikation mit Verein, Trainer und Fans. Wir wissen nicht, wann wir zum letzten Mal wieder so gerne ins Stadion gegangen sind. Dafür möchten wir dem gesamten Team wie auch dem Trainer und seinen Assistenten und der sportlichen Führung danken. Wir wollen allerdings auch appellieren, keinesfalls nachzulassen. Die Hinrunde hatte auch einige Enttäuschungen in petto: Ruhen wir uns also alle gemeinsam nicht auf dem Erreichten aus, sondern greifen 2020 neu an!

Zum Abschluss wollen wir allen Lesern für ihre Treue in 2019 danken und Euch und Euren Familien ein frohes, besinnliches und ruhiges Weihnachtsfest wünschen. Entspannt Euch ein wenig, sammelt Kräfte und kommt etwas zur Ruhe. Die Rückrunde wird allen eine Menge abverlangen. Wir melden uns im neuen Jahr wieder!

Foto zu diesem Beitrag: Lars Baron / Bongarts / Getty Images

4 Gedanken zu „Das MitGedacht-Hinrunden-Fazit: Diese Truppe steht für etwas!

  • 22. Dezember 2019 um 12:35
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    Hey zusammen, ihr habt einen kleinen Fehler drin…

    „Nach weiteren Niederlagen gegen Union, Wolfsburg und Hertha sowie Siegen gegen Freiburg, die Bayern, Paderborn und dem Unentschieden bei Hertha BSC stehen also nach den 17 Spieltagen 35 Punkte zu Buche.“

    Wir haben gegen Hertha glücklicherweise nicht verloren ✌🏻

    Antwort
    • 22. Dezember 2019 um 12:37
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      Hallo Mario!

      Die Hertha hatte sich da wohl doppelt eingeschlichen (stand ja auch bei den Remis). DANKE Dir trotzdem für den Hinweis.

      Schöne Weihnachtstage und beste Grüße, die vier MitGedacht.’ler

      Antwort
      • 22. Dezember 2019 um 12:39
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        Euch auch schöne Tage und danke für eure Arbeit 👍🏻

        Antwort
  • 22. Dezember 2019 um 16:32
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    Danke für die tolle Darstellung der Hinrunde. Dem kann ich mich vorbehaltlos anschließen. Eins noch, Danke Max für die tolle Arbeit. Ich denke, wir haben aktuell die eine ganz tolle Harmonie bei Borussia. Lasst uns das auch in der Rückrunde genießen und sehen, was dabei rauskommt.

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