„Ich sehe uns auf Platz sechs!“

Wir sind zu Gast bei der 11FREUNDE-Meisterfeier. Max Eberl und Lucien Favre werden als Manager bzw. Trainer des Jahres geehrt. Für uns ein absoluter Pflichttermin. Nach der Veranstaltung läuft uns plötzlich Max Eberl samt Ehefrau in die Arme. Ein kurzes Gespräch, samt oberflächlicher Vorstellung. Journalistisch aktiv, aber eben auch in der aktiven Szene bei Borussia. Und plötzlich die ganz spontane Frage nach einem kurzen Interview. Eberl willigt ein, die Gattin verabschiedet sich kurz auf die Toilette. Wir haben einen der für uns prägenden Funktionäre der letzten Jahre fünf Minuten für uns. Das erste MitGedacht.-Interview mit Max Eberl.

Max Eberl, die aktive Fanszene hat Ihnen 2011 in ihrem Kampf gegen die sogenannte „Initiative Borussia“ indirekt den Rücken gestärkt. Wenn Sie mal ein paar Jahre zurückblicken: Was bedeuten Ihnen Borussias aktive Fans?
Wenn ich jetzt erfolgreich bin und lobe die Fanszene, ist das ein bisschen der falsche Zeitpunkt dafür. Dennoch: Diese Fanlandschaft in Mönchengladbach ist für mich sehr speziell, weil sie eben nicht typisch ist. Unsere Fans beschäftigen sich sehr intensiv mit dem Verein. Sie folgen nicht irgendwelchen Geplärre, sondern machen sich eine eigene Meinung, ein eigenes Bild – das gilt gerade für diese Phase, in der es sehr schwierig war.

Die Initiative, der Fast-Abstieg, die Relegation…
Genau. Ich habe immer schon gesagt, dass diesen Relegationssieg gegen Bochum im Grunde die Fanszene erzwungen hat. Klar, Igor hat am Ende das Tor gemacht. Aber in der 60. Minute, wo das Spiel anfing haklig zu werden, haben die Fans nicht gepfiffen sondern angefangen zu singen. Deswegen haben wir in der 94. das Tor gemacht, und deswegen bin ich sehr stolz, für diesen Klub zu arbeiten – und eben auch für diese Fanlandschaft.

Sie haben gesagt, die Fans in Mönchengladbach würden sich sehr mit dem Verein beschäftigen. Wenn wir an Schnittpunkte von Ihnen und der aktiven Fanszene denken, erinnern wir uns an eine Szene aus dem Oktober 2010. Borussia hatte gerade gegen Werder Bremen verloren. Sie und Michal Frontzeck stellten sich nach dem Spiel im Block 18 knapp 300 aktiven Fans…
(Eberl schmunzelt kurz) Daran kann ich mich noch super erinnern. Die Fans waren zu Recht sehr unzufrieden. Michael und ich wollten einfach erklären, was gerade unsere Ideen sind. Dass Fans unzufrieden sind und den Austausch wollen, ist für mich normal. Aber dass ich auch hingehe und nicht wegschaue, ist für mich auch normal. Das hat einfach was mit gegenseitigem Respekt zu tun. Dieser Respekt hat damals dazu geführt, dass wir zumindest Zeit gewonnen haben und die Leute verstanden haben, was wir machen wollen.

Dennoch mussten Sie einige Monate später die Reißleine ziehen und Frontzeck entlassen…
Klar, irgendwann kam der Punkt, an dem es einfach nicht mehr weiterging. Trotzdem glaube ich, dass diese Kommunikation zwischen Vereinsführung, Trainer, Sportdirektor und eben der Fanszene elementar wichtig ist. Und auch immer vernünftig bleiben muss, damit man erfolgreich ist.

Nach dem Fast-Abstieg ging es stets bergauf. Mittlerweile träumen in Gladbach wieder zu viele Fans. Sie stehen häufig exemplarisch für die Bodenständigkeit, die im Verein gelebt wird…
… Meine Bodenständigkeit heißt nicht, dass ich nicht den maximalen Erfolg will. Das ist ein schmaler Grat. Ich versuche immer, ein bisschen realistisch zu bleiben. Es ist aber auch unbestritten, dass ich jedes Spiel gewinnen und damit Deutscher Meister werden will. Das habe ich immer wieder gesagt.

Dann gerade trotz oder gerade wegen Ihrer realistischen Sichtweise: Was ist drin in der kommenden Saison?
Ich glaube, dass wir wieder sehr gute Rolle spielen können – wenn wir denn unser Top-Niveau erreichen. Wenn wieder einer von diesen vermeintlichen „Top Fünf“ schwächelt, dann haben wir wieder die Chance, dabei zu sein. Und wenn wir uns wieder für Europa qualifizieren sollten, dann hätten wir etwas ganz großes geschafft.

Sie sprechen von den vermeintlichen „Top Fünf“. Der neue BVB-Trainer Thomas Tuchel zählt auch Borussia zu diesem erlauchten Kreis. Wo sehen Sie Borussia ganz realistisch?
Wir ordnen uns um Platz sechs ein. Diese „Top Fünf“, das ist kein Bla Bla, sondern ergibt sich einfach aus den Budgets der Vereinen, wenn man das ganz banal betrachtet. Danach hast du dann Vereine wie Gladbach, wie Hoffenheim, wie auch Hamburg und/oder Stuttgart – einer von beiden wird auch wieder eine Rolle spielen – und du hast Augsburg, die es ebenfalls sehr gut machen. Damit bist du dann bei diesen acht Vereinen. Ich glaube aber, dass wir das Potenzial haben, von diesen acht Vereinen am Ende der Beste zu sein!

Eberls Frau kommt zurück. Für uns das klare Zeichen: Die Nummer ist vorbei. Wir bedanken uns artig, wünschen einen schönen Abend. Auch unser Manager bedankt sich – und sagt schon fast abgekehrt im Arm seiner Frau zum Abschied: „Viel Spaß heute noch. Habt `nen schönen Abend – und eine noch schönere Saison!“ Danke, das wünschen wir auch!

[Foto zu diesem Beitrag: nordkurvenfotos.de]

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