Gedanken eines Allesfahrers

Das dritte Spiel in sieben Tagen: Am Samstag tritt Borussia beim FC Bayern an. Was für die meisten nach einem absoluten Knaller klingt, ist für andere eher die Alltagspflicht. Ein MitGedacht.-Autor über sein Verständnis von Allesfahrern.

Zugegeben: Ich bin ein Fan von Auswärtsspielen in München. Das hat nichts damit zu tun, dass ich den „großen“ FC Bayern oder die „beeindruckende“ Allianz-Arena sehen kann, sondern weil ich München einfach mag. Die Stadt ist eine gelungene Abwechslung zum tristen Liga-Alltag mit Besuchen in Sinsheim, Augsburg, Ingolstadt, Wolfsburg oder Leverkusen. Auswärtsspiele in München sind ein Highlight. In den vergangenen Jahren blieben wir meist ein ganzes Wochenende, besuchten zahlreiche Brauhäuser und Kneipen. Ihr könnt euch denken, wie das abläuft.

In dieser Saison ist es allerdings etwas anders. Auch hier muss ich zugeben, dass ich mich zwar wieder aufs Spiel freue. Die Vorfreude ist aber nicht so groß wie sonst. Der Rhythmus steckt mir in den Knochen. Drei Spiele in sieben Tagen. In den kommenden 14 Tagen werden vier weitere Spiele folgen. DFB-Pokal, Liga, Champions League. Borussia im Drei-Tage-Takt. Das ist zwar eine perfekte Vorstellung, aber auch anstrengend.

Denn in Zeiten, in denen Spieler wie verrückt rein- und rausrotiert werden, sind wir Fans eine – vielleicht sogar die einzige – Konstante. Wir sind immer da, egal ob eben in Sinsheim, Glasgow oder eben in München. Ich muss allerdings klar zugeben, dass unter diesem „Höher, schneller, weiter“-Programm ab und zu auch mal die Motivation leidet. Der Alltag kehrt momentan ein – ab und zu jedenfalls.

Der eine oder andere wird das nicht verstehen und die Worte wohlmöglich als „verwöhnt“ oder „dumm“ abstempeln. Es könnten auch Argumente kommen wie „Dich zwingt doch keiner“ oder „Dann bleib doch einfach Zuhause“! Vielleicht haben diese Leute auch ein Stück weit Recht, auch wenn ich ganz sicher nicht Zuhause bleiben werde. Ganz im Gegenteil!

Solche Touren wie unter der Woche nach Glasgow haben mir wieder mal gezeigt, was mir der ganze Scheiß hier bedeutet: Stundenlange, komplizierte, aber günstige Anreisen, Hostel-Zimmer mit ein paar stinkenden, aber richtig feinen Jungs, wenige Stunden Schlaf und viele Stunden Bier – und dann eben dieser Verein, der geilste der Welt, der mir alles gibt, aber auch eben einiges nimmt. Vor allem Zeit und Geld übrigens.

Aber genau weil ich das so geil finde, bin ich Allesfahrer! Weil ich auf diesen kranken – aber geilen – Mix nicht verzichten will. Borussia ist und bleibt das Größte! Auch wenn man vielleicht mal mit Motivationsproblemen zu kämpfen hat. Denn die sind – spätestens wenn man im Block steht und den ersten Trommeltakt hört – vergessen! Und genau diese Einstellung sollten wir Allesfahrer auch nicht aufgeben. Denn wo kommen wir denn hin, wenn es nur noch die Event-Futzies gibt, die eben nach Glasgow, Barcelona oder eben München wollen, aber noch nie an einen Besuch in Ingolstadt oder Sinsheim gedacht haben?

Ich finde, weil es eben diese Leute gibt, ist es legitim, wenn ICH mal ein Motivationsproblem für München habe. Denn ich werde ganz sicher in den nächsten Wochen wieder da stehen. In Stadien, auf die alle anderen keinen Bock haben. Weil ich diesen Verein liebe!

Foto zu diesem Beitrag: nordkurvenfotos.de

2 Gedanken zu „Gedanken eines Allesfahrers

  • 22. Oktober 2016 um 11:15
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    Ja gut, dann bleibe halt mal daheim und gebe jemand anderem die Karte. Ist ja kein Naturgesetz, dass es immer die selben Leute sein müssen, die immer die Karten bekommen.

    Und schon ein schlimmes Stück Text, dieses gespreizte “was bin ich doch für ein toller Allesfahrer und was habe ich nur für einen Stress”. Aber der “organisierten Fanszene” ist halt ein gewisser Hang zur Selbstdarstellung nicht gerade wesensfremd.

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  • 23. Oktober 2016 um 20:47
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    Edo.. du meinst wohl eher die aktive Fanszene..denn zur organisierten gehören doch im Grunde alle,
    Allesfahrer. Im übrigen kann man auch ohne AFK zum Allesfahrer werden.
    Und ja.. es ist mitunter totaler Stress.. wir haben mit mehreren Leuten von Dienstag bis Freitag , von 96 Stunden allein 50 Stunden im Bus verbracht..MG nach Glasgow..Glasgow zurück nach MG..4 Stunden Aufenthalt, dann weiter nach München.

    @mitGedachtler : das einzige Motivationsproblem für München ist die mega scheiss Treppe nach ganz oben

    Antwort

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