Hört uns Fans – immer!
Die Welle der Empörung über die Vorfälle in Istanbul ist deutschlandweit eingeschlagen: Fast alle Medien berichten über die Geschehnisse – mal mehr oder weniger journalistisch sauber. Ein Kommentar!
Irgendwann im Laufe des Freitags haben wir aufgehört zu zählen: Immer mehr Medien sprangen auf den Zug der Berichterstattung über die Geschehnisse in Istanbul auf – darunter neben den „Local Playern“ wie der Rheinischen Post auch zahlreiche prominente Redaktionen: Tagesschau.de, der WDR, Spiegel Online, der Tagesspiegel, alle großen Nachrichtenagenturen, auch der Boulevard stürzte sich natürlich auf die Geschichte. Darüber freuen wir uns – ehrlich!
Dass dabei immer wieder auch journalistische Grundsätze über Bord geworfen wurden, ist leider nichts Neues in der heutigen schnelllebigen Zeit. Wir wissen nicht wie viele NICHT zitierte Passagen aus unserem frühen Interview mit der Fanhilfe Mönchengladbach wir lesen durften. Im Zeitalter des Internets scheinen sich also viele Schreiberlinge ihre Quellen mehr oder weniger zurechtzuklauen. Zitation? Muss ja nicht zwangsläufig sein – zumal nicht von irgendeinem unbekannten Blog.
Ein anderes Exempel für die teils unsaubere Berichterstattung: Bis in den frühen Abend wurde in diversen Medien immer wieder fälschlicherweise das aktuelle Mönchengladbacher Stadtwappen ausführlichst analysiert. Der Bischofsstab und das Kreuz seien es gewesen, die die türkischen Ordner und Polizisten in Rage gebracht hätten. Erst ein Post der Fanhilfe Mönchengladbach am späten Abend brachte endgültige Aufklärung.
Da viele Falschmeldungen rund um die verbotene Fahne kursieren:
— Fanhilfe Mönchengladbach (@FanhilfeMg) October 4, 2019
Es handelt sich um diese Zaunfahne. Den türkischen Polizisten + Ordnern ging es insbesondere um den St. Vitus, der auf dem alten Mg-Stadtwappen (links) abgebildet ist und ein christl. Symbol sei.#IBFKBMG pic.twitter.com/ilodiku5oI
Nun liegt es uns fern, die vielen Redaktionen für ihre Berichterstattung zu kritisieren oder anzuprangern – zumal es natürlich auch unzählige Positiv-Beispiele gibt. Was wir aber schlecht finden, ist falsche, unsaubere und klickgetriebene Berichterstattung. Und gerade wegen des letzten Punktes wollen wir schon die Frage aufwerfen, ob die breite Wucht der medialen Entrüstung auch aufgetreten wäre, hätten die türkischen Behörden des Erdogan-Regimes (!) nicht christliche Symbole (!) kritisiert. Das lassen wir mal ganz bewusst offen im Raum stehen …
Kommen wir aber wieder zurück zur eigentlichen Sache: Es ist schön und journalistisch natürlich optimal, dass eine Menge Medienvertreter am Freitag Kontakt zu Borussia-Fans suchten. Auch uns haben einige Anfragen erreicht, gleiches wissen wir von der Fanhilfe Mönchengladbach. Das ist gut und wichtig!
Ein Tweet des Journalisten Chaled Nahar hat uns in diesem Zuge besonders beschäftigt, weil er auch unsere Denkweise wiederspiegelt: Auch wir hoffen, dass diese Journalisten zukünftig auch bei Vorfällen hier in Deutschland die Sichtweise der Anhänger einholen. Viel zu oft wird im Rahmen von Fußballspielen blind auf Pressemitteilungen der Polizei vertraut. Viel zu oft werden betroffene Fans nicht befragt. Viel zu oft wird pauschalisiert!
Allen Kolleg*innen, die sich (zurecht) vor die Fans von #BMG werfen, sei empfohlen, auch bei Vorfällen in Deutschland zu versuchen, die Sichtweise der Fanseite einzuholen. Zu oft wird im deutschen Sportjournalismus die Polizei als "privilegierte Quelle" behandelt. #IBFKBMG
— Chaled Nahar (@ChaledNahar) October 4, 2019
Vielleicht und hoffentlich ist der Fall in der Türkei auch eine Erinnerung an alle Journalisten, diese Sichtweise einzuholen. Natürlich werden wir aktiven Fans stets gerne als der „Fußball-Pöbel“ angesehen. Dabei lohnt es sich, mit uns zu sprechen. Hört uns – immer!
Foto zu diesem Beitrag: Nordkurvenfotos
Beim Rückspiel ein friedlicher Protest
Die UEFA muss handeln
Danke Borussia-Fans (!) vor allem, dass ihr ruhig geblieben seid, euch nicht habt provozieren lassen und somit die klügste Reaktion gezeigt habt!!! Die Antwort auf das unsagbare Verhalten wäre eine Chore- Respekt, Toleranz- verbunden mit einem gastfreundlichen Empfang.
Vielleicht sollten wir den ausführenden Polizisten noch eine VIP Haupttribünen Karte bezahlen. Wer macht mit?