“Ich bin stolz, da oben stehen zu dürfen.”

Die spielfreie Zeit nutzten wir nicht nur, um den Reisestress aus den Knochen zu schütteln. Gemeinsam mit Nordkurve-Vorsänger Yannek trafen wir uns am Alter Markt zum Gespräch. Herausgekommen ist dabei eine kurzweilige Unterhaltung über die Gladbacher Fanszene, die Innen- und Außendarstellung unserer Kurve und das Verhältnis zum Verein. 

Yannek, wir haben eben lange nachgedacht: Wie lange stehst Du jetzt schon auf dem Zaun?

(Überlegt) Das war das Spiel letztes Jahr gegen Mainz. Freitagabend, extrem kalt. Damals war es eigentlich aus der Not heraus geboren. Beim Gruppentreffen einige Wochen vorher kam das Thema auf: Nils und Pippo konnten es aus verschiedenen Gründen nicht mehr machen. Satan sollte dann Nachfolger werden. Auch ich war zuvor vorgeschlagen worden. Allerdings war ich skeptisch, da ich aus beruflichen Gründen nicht genau wusste, ob ich den Verpflichtungen nachkommen konnte. Dann haben wir uns darauf geeinigt, dass ich ersatzweise bereitstehen würde. Beim Spiel gegen Mainz – als Satan das erste Mal auf dem Zaun stehen sollte – konnte Büffel nicht. Also habe ich ihn ersetzt.

Wenn Du nach einem knappen Jahr ein Fazit ziehen müsstest: Wie war es?

Der Anfang war schwer, weil ich schon ins kalte Wasser geworfen wurde. Plötzlich stand ich oben, obwohl ich es zuvor jahrelang nur von unten mitbekommen hatte. Ich denke, dass ich mich im Vergleich zu den ersten Monaten verbessert habe. Mittlerweile versuche ich mehr Sachen aus der Kurve aufzugreifen und alte Lieder ebenso anzustimmen wie die neuen Gesänge. Oder auch mal ein altes Lied etwas zu modifizieren – wie dieses langgezogene „Mönchengladbach“. Nach einem Jahr kann ich sagen: Es war eine gute Entscheidung.

Es ist aber schon die Position, in der man echt viel bewegen kann. Man steuert die Leute und den Support und gestaltet während des Spiels schon viel mit. Ich bin stolz, da oben stehen zu dürfen.

Wie sehr hat Dich der Job gereizt?

Gereizt hat es mich schon – ganz klar! Schon als Kind hat es mich fasziniert, dass da einer den Takt der Kurve angibt. Später habe ich dann selbst gesehen, wie Körber, Nils, Büffel, Pippo oder die anderen das gemacht haben. Und ich hatte auch immer Ideen, wie manche Sachen vielleicht verbessert werden können. Nur hatte ich eben auch berufliche Verpflichtungen und wusste nicht, ob ich jemals selber da oben stehen könnte. Der Anspruch ist klar: Als Vorsänger muss ich eigentlich bei jedem Spiel sein!

War es immer Dein Traum, Vorsänger zu sein?

Traum ist vielleicht zu viel gesagt. Es ist aber schon die Position, in der man echt viel bewegen kann. Man steuert die Leute und den Support und gestaltet während des Spiels schon viel mit. Ich bin stolz, da oben stehen zu dürfen. Dass ich die Kurve ein bisschen mitbestimmen, den Takt vorgeben, die Mannschaft nach vorne peitschen darf, ist auf jeden Fall eine große Ehre.

Merkst Du denn, dass sich dein Ansehen in der gesamten Fanszene verändert hat?

Ja, ein wenig! Die Leute schauen jetzt hin, weil sie wissen, wer ich bin. Das ist aber völliger Blödsinn und ich versuche denen dann locker zu begegnen. In der Gruppe hat sich eigentlich nichts verändert. Ich bin ja immer noch der gleiche Typ wie vorher. Natürlich werden ein paar Scherze gemacht, weil ich plötzlich mehr im Fokus stehe. Aber ich bin ja überhaupt nichts Besonderes. Ich versuche nur, ein wenig für Stimmung zu sorgen.

Deine Vorgänger auf dem Zaun hatten ja alle ein Standing in der Fanszene. Jeder kannte sie und wusste, wofür sie stehen. Hast Du am Anfang versucht, Dir ein eigenes Profil zu erarbeiten?

Oh ja, meine Vorgänger waren auf jeden Fall absolute Respektpersonen. Aber diese Leute haben eben gesagt, dass sie mir das auch zutrauen. Deshalb habe ich keinen großen Schlachtplan oder das Bedürfnis, mir ein Profil zulegen zu müssen. Ich will den Vorsänger-Job nach meinen Prinzipien gestalten. Deshalb will ich mich auch nicht mit den anderen Vorsängern vergleichen. Sie sind ganz anders in die Fanszene reingekommen, haben vollkommen andere Geschichten.

Die Fan-Historie. Ein gutes Stichwort: Woher kommst Du und seit wann fährst Du zur Borussia?

Mein erstes Spiel habe ich damals mit meinem Vater im DFB-Pokal in Duisburg gesehen. Das müsste 1999 gewesen sein. Da war ich noch sehr jung, in der Grundschule. Mit 14 Jahren bin ich dann öfter gefahren. Aufgrund der Entfernung – ich komme aus dem Gelderland – war das noch etwas schwierig. Zwei Jahre später bin ich dann aber schon fast zu jedem Spiel gefahren. Aufgrund meiner Herkunft lernte ich zuerst die Jungs aus dem Gelderland kennen, schloss auf der gemeinsamen Abreise die ersten Freundschaften und fand so den Weg in die Ultraszene.

Schon früher habe ich das Spiel auf dem Rasen verfolgt, musste aber immer wieder rüber zur Kurve schauen. Dort gab es Rauch, Fahnen und eine Menge Bewegung. Diese lebendige Kurve hat mich fasziniert.

Jetzt bist Du Mitglied bei Sottocultura. Was hat Dich an der Ultrakultur fasziniert?

Um noch einmal kurz auf das DFB-Pokalspiel zurückzukommen: Schon damals habe ich das Spiel auf dem Rasen verfolgt, musste aber immer wieder rüber zur Kurve schauen. Dort gab es Rauch, Fahnen und eine Menge Bewegung. Diese lebendige Kurve hat mich fasziniert. Über die Jahre hat sich der Wunsch entwickelt, mehr für den Verein tun: bei Choreos mitzuhelfen, den Verein nach vorne zu schreien, auch unter der Woche alles für Borussia machen. Die Ultrakultur ist da ja wahnsinnig breit gefächert. Das geht in alle Richtungen. „Nordkurve Aktiv“ oder andere Projekte sind ja das beste Beispiel.

Du hast jetzt schon ein bisschen von Deiner Fan-Historie erzählt und erklärt, wie Du zu Borussia und zur Ultrakultur gekommen bist. Wenn Du auf Deine bisherige Vorsänger-Zeit schaust: Was war Dein Highlight?

Definitiv Florenz! Da liegst Du 0:2 zurück und kommst wieder. Schon vorher dieses italienische Flair, das Gefühl eines Europapokal-Spiels. Und dann standen wir auch endlich mal wieder zu zweit auf dem Zaun. Dann das 1:2, das 2:2 und alle pushen sich gegenseitig, rasten aus, es schaukelt sich hoch. Das war in jedem Fall das Highlight.

Apropos Auswärtstouren: Hat sich Dein Verhalten auswärts mit Deiner Funktion als Vorsänger eigentlich verändert?

Ein wenig schon. Wobei ich grundsätzlich selten Alkohol trinke. Sollte die Frage also darauf abzielen, muss ich Euch enttäuschen (grinst). Aber natürlich versuche ich ein wenig mehr Vorbild zu sein und zu koordinieren. Da hat sich mein Aufgabenfeld schon ein wenig verändert

Du sprichst die Geschlossenheit an. Wie bewertest Du die Auftritte anderer Ultraszenen – gibt es da „Vorbilder“?

Natürlich orientiert man sich manchmal an anderen Szenen und guckt sich die Kurven und ihre Auftritte im und außerhalb des Stadions an. Schalke fand ich zum Beispiel bei uns in der Euro League echt stark. Generell schaue ich aber eher auf uns. Wir sind nicht Schalke, Stuttgart oder ein anderer Verein, sondern Gladbach! Hier gibt es ganz andere Strukturen, unsere Fanszene hat ihre eigene Geschichte.

Dann vertiefen wir diesen Blick doch mal: Welchen Stellenwert hat „Ultrá“ aus Deiner Sicht in unserer Fanszene?

Leider nicht einen solchen, wie bei anderen Vereinen. Über die Jahre ist es aber besser geworden. Das liegt auch an der Vergangenheit und dem damaligen Verbot des „Scenario Fanatico“. Natürlich ist unsere Fan-Vergangenheit sehr kuttenlastig. Der „Supporters Club“ war jahrelang maßgebend und hat unsere Fanszene eben anders geprägt als eine große Ultragruppe. Das muss man akzeptieren und dem passen wir uns an. Wir sind ja ohnehin nicht der Nabel der Welt – auch wenn viele Fans das immer glauben! Aber letztendlich sind wir es dann schon, die Choreographien auf die Beine stellen und die Stimmung koordinieren. Es gibt ja viele, die behaupten, man brauche keine Vorsänger. Das glaube ich nicht. Es braucht eine Koordination, die allerdings auf alle Meinungen und Strukturen der Fanszene Rücksicht nimmt. Das versuche ich!

Wenn es um das Thema Rücksichtnahme geht, dann wird immer wieder auch über Fahneneinsatz im Block diskutiert. Der „Supporters Club“ hat zuletzt einen Pro/Contra-Text veröffentlicht. Wie stehst Du zu dem Thema?

Grundsätzlich finde ich, dass es kein guter Zeitpunkt war, um das Thema aufzugreifen. Es ist doch schon seit Jahren Thema. Wir haben definitiv andere Probleme und sollten eher über die Stimmung reden. Zum Fahnen-Einsatz insgesamt: Ich finde optische Unterstützung schön und wichtig. Es fasziniert die Leute und ist Zeichen einer lebendigen Kurve. Letztendlich geht es aber auch darum, das Spiel zu sehen. Und da muss man in vielen Situationen (Eckbälle, Freistöße, Elfmeter) eben abwägen.

Glaubst Du, dass die Stimmung leidet, weil Leute durch Fahnen nichts sehen?

Nein. Das ist eine billige Ausrede!

Für mich geht es als aktive Szene hauptsächlich darum, kritisch zu hinterfragen und aktiv zu sein. Wir Ultras versuchen das, organisieren und machen viel. Es gibt aber auch andere Gruppen, Zusammenschlüsse oder Austauschplattformen, auf denen Leute zusammenkommen.

Sehen wir teilweise anders: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass einige Fans dadurch, dass sie nichts sehen, zu abgelenkt sind vom Spiel, sich nur über die Fahnen aufregen und eben nicht spielbezogen supporten können?

Gut, das ist natürlich ein Punkt. Wenn es ein gutes Spiel ist und die Leute alles sehen, dann haben sie mehr Bock und geben spielbezogen auch mehr Gas. Aber: Als ich noch im Block stand, habe ich mich auch manchmal aufgeregt, weil ich nichts sehen konnte. Dann habe ich mich aber einfach weiter nach links oder rechts gestellt, wo nicht so viel geschwenkt wurde. Bei dem Thema gibt es allerdings verschiedene Meinungen: Man muss abwägen und vielleicht auch mal kleinere Fahnen nehmen bzw. während des Spiels auf riesige Schwenker verzichten. Das versucht unsere Gruppe ja.

In Gladbach wird viel über „die Fanszene“ diskutiert. Wer ist das eigentlich, wer gehört dazu. Wie siehst Du das?

Vermutlich definiert es jeder etwas anders. Für mich geht es jedoch hauptsächlich darum, kritisch zu hinterfragen und aktiv zu sein. Wir Ultras versuchen das, organisieren und machen viel. Es gibt aber auch andere Gruppen, Zusammenschlüsse oder Austauschplattformen, auf denen Leute zusammenkommen. Der Supporters Club ist ein Beispiel, De Kull oder auch Ihr. Die Leute, die sich mit Borussia und allen Themen kritisch auseinandersetzen, sich einbringen und umsetzen, bilden für mich die „aktive Fanszene“. Man sollte aber eines nicht vergessen.

Und zwar?

Es gibt auch viele Leute, die schon ewig zu Borussia fahren, aber vielleicht nicht mehr so aktiv sind wie früher noch. Das sind zum Beispiel viele Kutten, die aber eben auch akzeptieren müssen, dass mit den jüngeren Fans eben auch ein frischer Wind weht und früher eben nicht alles besser war. Für mich gehören sie trotzdem zur Fanszene dazu.

Aber nicht zwingend zur „aktiven Szene“?

Richtig! Für mich gehört es schon zu einem aktiven Fan, dass man sich einbringt, sich mit Sachen auseinandersetzt, Stimmung macht und Eigeninitiative zeigt. Es gibt genug Möglichkeiten: Ich nenne noch einmal Euch als Beispiel dafür, wie man sich einbringen und gleichzeitig kritisch hinterfragen kann. Natürlich kritisiert Ihr uns Ultras oder den Supporters Club auch mal. Das ist aber doch (wenn es fair bleibt) gut so, weil es belebend wirkt.

Hat sich die Fanszene durch den sportlichen Erfolg der letzten Jahre verändert?

Klar! Da braucht man sich nur das Publikum in der Nordkurve anzuschauen. Früher war auch Stimmung in der Bude obwohl wir fast nur verloren haben. Heute haben der sportliche Erfolg und die Eventisierung dafür gesorgt, dass es zu einem Statussymbol geworden ist, in der Nordkurve zu stehen. Da sind dann Leute, machen Selfies und haben ständig das Handy draußen. Kleiner Exkurs: Das ist leider nicht nur beim Fußball so. Egal wo man hingeht, sieht man Leute an ihren Handys. Schrecklich! Fußball ist eben doch ein Produkt der Gesellschaft.

Du hast die gestiegene Erwartungshaltung angesprochen. Wir haben redaktionsintern schon mal diskutiert, ob man dem Verein deshalb ein bisschen mehr Misserfolg wünscht. Die Meinungen gingen deutlich auseinander. Wie siehst Du das?

Spannende Diskussion, keine Frage. Manchmal denke ich schon, dass es geil wäre, in der dritten Liga zu spielen und mit 500 Leuten auswärts zu fahren. Oder wie früher an einem Montagabend mit 700 Leuten in Cottbus zu sein. Da war der Zusammenhalt noch deutlich stärker, man kannte die Leute und jeder wusste, warum wir da sind. Ich würde Borussia trotzdem nie weniger Erfolg wünschen. Es ist ja auch geil, internationale Touren zu machen und seit Jahren – auch wenn jetzt gerade mal kurz nicht (lacht) – vor Köln zu stehen. Auch wenn die Fanszene drunter leidet: Erfolg wünscht man dem Verein immer!

Wenn den Leuten etwas nicht gefällt, dann können sie mich immer und überall ansprechen. Ich höre mir alle Vorschläge an, um daraus gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Es geht nicht um Arroganz, Eitelkeiten oder die Diskussion für bzw. gegen Ultras. Wir sind eine Fanszene.

Nochmal zurück zu „deinem“ Thema: Wie siehst Du die Stimmung in Block 16?

Das kommt auf das Spiel an! An manchen Tagen ist sie echt gut, an anderen erfüllen wir überhaupt nicht den Anspruch, den eine Kurve haben sollte. Viele Leute aus dem unteren Teil regen sich häufig darüber auf, dass die Stimmung nicht gut sei. Meiner Meinung nach geht es aber bei uns unten los. Wenn wir unten durchdrehen und Gas geben, dann ziehen die Leute mit! Wenn aber unten schon einige mit trostlosem Gesicht stehen und sich ärgern und die Gesänge nur halbgar rausgehauen werden, passiert auch oben nichts. Leider ist meist wirklich nur im unteren Block 16 Stimmung. Es gibt einige wenige Spiele, bei denen auch die Blöcke 15 und 17 noch ein wenig mitziehen. Da wird es dann nach oben hin in der Breite aber auch immer dünner – wie bei einem Tannenbaum. Mich freut es immer wieder, wenn aus kleinen Gruppen Sachen aus Eigeninitiative kommen. Die nehme ich dann auch auf. Auch wenn es manchmal ein wenig dauert, bis das unten angekommen ist.

Wir stehen mit unserem Freundeskreis genau an der Schwelle zwischen „unten und oben“: Manchmal hat man das Gefühl, da schreit keine Einheit gemeinsam, sondern eher gegeneinander für Borussia…

Ja, eine Art von „Gegeneinanderarbeiten“ nehme ich auch wahr. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wenn wir unten was singen, von oben aus Protest etwas Anderes angestimmt wird. Ich versuche das dann manchmal aufzunehmen, habe aber das Gefühl, dass der Schwung oben auch zu schnell verebbt. Das ist eben ein Geben und Nehmen.

Wenn es um das Anstimmen verschiedener Lieder geht: Wie siehst Du denn das Liedgut unserer Kurve?

Es gibt sicher kreativere Szenen. Wobei ich mit unserem Liedgut nicht unzufrieden bin. Man liest ja immer wieder, dass die Leute keine Lust auf den „Ultra-Sing-Sang“ haben. Das respektiere ich, weil es eben eine Frage des Geschmacks ist. Wobei wir in Gladbach im Vergleich wirklich wenig „Ultra-Sing-Sang“ haben. Trotzdem versuche ich – insbesondere bei Heimspielen – viele Klassiker vorzusingen, die dann vielleicht mal etwas im Tempo modifiziert oder durch etwas Bewegung ergänzt werden. Ich versuche da eine Mischung zwischen neuen und alten Liedern zu finden. Das gelingt mal besser und mal schlechter.

Als Vorsänger kann man es wohl kaum allen recht machen. Erreicht Dich Kritik?

Ich höre immer wieder von Kritikern im Internet. Diese Foren, in denen jeder anonym irgendwas verzapfen kann, sind ein Problem. Bei mir persönlich kommt davon aber fast nichts an. Das finde ich dann schon erbärmlich. Denn ehrlich: Wenn den Leuten etwas nicht gefällt, dann können sie mich immer und überall ansprechen. Ich höre mir alle Vorschläge an, um daraus gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Es geht nicht um Arroganz, Eitelkeiten oder die Diskussion für bzw. gegen Ultras. Wir sind eine Fanszene. Leider gibt es noch zu viele verbohrte Leute – bei uns ebenso wie bei den Kutten oder den Normalos.

Du hast eben das Thema Zusammenarbeit angesprochen. Nun hat sich der Verein in den vergangenen Jahren verändert. Das kann dann auch das Verhältnis zwischen Fans und Verein betreffen. Euch wurden in der vorvergangenen Woche gegen Schalke Teile der Choreo verboten. Wie würdest Du das Verhältnis zum Verein beschreiben?

Wenn man sieht, dass in den heutigen Zeiten viele Vereine im Streit mit den Ultras sind, ist das Verhältnis in Gladbach gut. Es gibt einen regelmäßigen Austausch und wir setzen uns immer wieder mit dem Verein und der Fanbetreuung zusammen. Aber natürlich ist Borussia zu einem Millionenunternehmen geworden. Der Klub vertritt seinen, wir unseren Standpunkt. Und wenn der Verein dann eben will, dass wir die Choreo in der Form nicht machen, dann machen wir sie eben gar nicht. Wir lassen uns da nicht zensieren!

Ich habe leider das Gefühl, dass der Verein das Event-Publikum immer mehr ins Stadion holen möchte. Diese Leute zahlen dann, möchten aber gleichzeitig eben auch eine Show geboten bekommen und vielleicht eben auch mal eine Choreo sehen. Da muss der Verein aufpassen, dass er nicht die Fans vergrault, die für diese Stimmung sorgen.

Und wie siehst Du die Entwicklung des Vereins im Hinblick auf den Wandel durch den sportlichen Erfolg?

Wenn ich mir insbesondere die Social-Media-Abteilung und das Merchandising ansehe, bei dem alles bis auf den letzten Cent ausgeschlachtet wird, dann ist das eigentlich nur peinlich. Und mich stört auch, dass jeder Fangesang, jede Choreographie und jede Aktion vermarktet wird. Das haben wir gegenüber dem Verein aber auch mehrfach so vertreten. Ich habe leider das Gefühl, dass der Verein dieses Event-Publikum immer mehr ins Stadion holen möchte. Diese Leute zahlen dann, möchten aber gleichzeitig eben auch eine Show geboten bekommen und vielleicht eben auch mal eine Choreo sehen. Da muss der Verein aufpassen, dass er nicht die Fans vergrault, die für diese Stimmung sorgen.

Sehen wir ähnlich. Ohne Vermarktung geht es aber leider wohl nicht mehr…

Klar. Diese Fußballromantik finde ich zwar geil, weiß aber, dass man den Weg der Vermarktung mitgehen muss. Die Frage ist aber, wie weit. Denn für mich hat Borussia in der Vergangenheit auch ausgemacht, dass man die aktive Fanszene immer mitgenommen hat. Die Vereine müssen sich dieses Konfliktes bewusst sein. In Hannover hat man es erst gemerkt wie wichtig die Ultras und die aktiven Fans sind, als sie aus dem Stadion weg waren. Plötzlich kam der Verein an und wollte die Ultras zurück ins Stadion holen.

Siehst Du diese Gefahr in Gladbach?

Nein. Ich glaube nicht, dass das hier passieren kann. Zumindest momentan nicht. Aber: Natürlich will jeder bis zu einem bestimmten Punkt seine Interessen vertreten.

Wir haben jetzt viel über die Entwicklung der letzten Jahre gesprochen. Wie siehst Du die aktuelle sportliche Situation?

Borussia ist sicher exzellent aufgestellt und wird seinen Weg machen. Schippers fragt ja immer: „Wo wollen wir hin?“. Das weiß ich nicht. Was ich aber krass finde: In den letzten Wochen unter Schubert hatte man das Gefühl, dass es an allem fehlte. Die Mannschaft hatte alles verloren, was sie ausgezeichnet hatte: Schnelligkeit, Spielwitz und Spritzigkeit. Und dann kam ein neuer Trainer und es funktionierte sofort wieder. Da sieht man mal, welchen Einfluss die Spieler haben, wenn sie einen Trainer loswerden möchten.

Was ist Deiner Meinung nach noch drin in dieser Saison?

Wie wohl alle Fans hoffe auch ich auf das DFB-Pokal-Finale. Das wäre das Highlight der letzten Jahre, wenn wir nach Berlin fahren und da einen abreißen können. Ich glaube man hat gemerkt, dass die Mannschaft nach sieben englischen Wochen in Folge platt war. Deshalb ist es gut, dass es jetzt erstmal in die kleine Pause geht. Und dann werden wir sehen, was noch drin ist. Vielleicht wird es am Ende doch wieder ein internationaler Platz. Aber viel wichtiger ist es, dass wir am Ende vor Köln stehen.

Da sprichst Du das kommende Highlight an: In zwei Wochen ist Derby…

Das ist das heißeste Spiel des Jahres. Nach dem katastrophalen Hinspiel steht die Mannschaft in der Pflicht, das wieder gut zu machen! Die Jungs müssen zeigen, dass sie um die Bedeutung des Derbys wissen und endlich mal wieder dreifach punkten. Ich bin mir aber sicher, dass wir die Verhältnisse wieder gerade rücken.

Lieber Yannek, vielen lieben Dank für das ausführliche und zugleich spannende Gespräch! 

Fotos zu diesem Beitrag:  Kevin Mohr für Nordkurvenfotos.de

6 Gedanken zu „“Ich bin stolz, da oben stehen zu dürfen.”

  • 27. März 2017 um 23:30
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    Gute Arbeit Yannek
    Glückwunsch bis hierher
    Florenz ging echt steil
    Gruß Drago Block 14

    Antwort
  • 28. März 2017 um 9:05
    Permalink

    Moin Moin,
    Erst einmal ein Dankeschön an die Mitgedachtler für diesen Einblick.
    Und zum zweiten auch ein Dank an Yannek. Das du dich da oben auf dem Zaun mitunter zur Validierung hergibst, sollte man erst einmal respektieren.
    Darüber hinaus finde ich aber auch, dass du prinzipiell einen guten Job machst. Zumindest kann ich das für die paar Male sagen, bei denen ich mit im Block gewesen bin.
    Ich habe nun schon ein paar Mal mitbekommen, dass kritisiert wurde “die Ultras” würden nur ihr Ding machen. Dabei ist das aus meiner Sicht irgendwie haltlos. Oft habe ich erlebt, wie Gesänge aus oberen Teilen aufgegriffen wurden. Diesen versuchten Schulterschluss würde ich mir auch von anderen Teilen der Szene bzw. einzelnen wünschen, denen schon der Kammschwillt, sobald sie nur Ultras hören.
    Dabei muss noch nicht einmal alles mitgemacht werden, was von unten “vorgegeben” scheint.
    Vll ist es einfach der Tatsache geschuldet, dass ich nicht so häufig im Stadion bin und mich damit nicht einem bestimmten Teil der Szene zuordne, aber ab und an würde vielen ein differenzierterer Blick auf das, was Teile der Szene aus allen Richtungen versuchen zu bewegen, gut tun. Und damit meine ich nichts, was in Kommentarspalten, sondern das was im Block passiert.
    Auf eine erfolgreiche Rückrunde und eine stimmungsmäßig zusammenrückende Nordkurve!
    Viele Grüße aus Flensburg, Peter

    Antwort
  • 28. März 2017 um 19:35
    Permalink

    Hallo Yannek,
    ich finde Deine Ansätze gut altes Liedgut und neues Liedgut zu vereinen, was mich ehrlich gesagt stört ist das ewige Anti Köln singen wenn unsere Mannschaft eigentlich unsere Unterstützung braucht Bsp. Spiel gegen Rinder Brühe.
    Ich hasse Kxxx ebenfalls wie die Pest, dann lieber am 8.4 mit alle Mann 90min lang durchsingen, anfeuern ggn beim
    Spiel gegen die Ziegen.

    Antwort
    • 29. März 2017 um 6:38
      Permalink

      Muss Ich Borussen Mob absolut Recht geben!!!

      Antwort
  • 27. Dezember 2017 um 0:16
    Permalink

    Hi,
    Ich Teile die Meinung das du einen Super Job als vorsänger machst, es gibt für mich nichts größeres als in Block 16 Vollgas zu geben in meiner Kutte.
    Und hier schließt sich mein kleines aber an: irgendwie habe ich bei dem Interview den Eindruck, das die Kutte, negative belastet beschrieben wird !? Ist das nur mein Eindruck oder ist das tatsächlich so ?
    LG
    Daniel

    Antwort
    • 15. Mai 2020 um 2:31
      Permalink

      Seit dem ich aktiv bin ist alles Berg auf gegangen super nette Leute in der Szene drin und ja Feier es Mega den Schritt da rein gemacht habe und ja mann sieht ja daran das nordkurven aktiv in der schwierigen Situation für alle da ist ⚫⚪

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