“Jetzt erst Recht!”

Unsere Jungs erwartet heute Abend das sechste Pflichtspiel innerhalb von 18 Tagen. Auf der Zielgeraden dieser mentalen und physischen Belastungsprobe muss die Schubert-Elf noch einmal alles mobilisieren. Dazu braucht es eine Energieleistung – auch aus der Kurve. Unser Blick auf heute Abend.

Nicht einmal 14 Tage ist es her, als 4.000 Borussia-Fans mit strahlenden Augen und krächzenden Stimmen den Celtic-Park verließen. Unter tosendem Applaus des Heimpublikums übrigens. Denn dieses Heimpublikum, das als eines der stimmgewaltigsten Europas zählt, war schlichtweg beeindruckt. Im eigenen Stadion niedergesungen zu werden, das passiert Celtic-Fans selten. An besagtem Mittwochabend geschah dies allerdings.

Es war aber nicht nur der starke Auftritt der Mönchengladbacher Nordkurve, der in Glasgow Eindruck hinterließ. Er wurde begleitet von einem überragenden Kampf der Elf vom Niederrhein auf dem Rasen. Gegenseitig schienen Mannschaft und Anhang sich anzustacheln. Mit jedem krachenden Gesang schien die Zweikampfquote zu steigen. Ein wunderbares Wechselspiel zwischen Rasen und Rängen. Kaum zu glauben, dass das keine zwei Wochen zurückliegt.

Seitdem ist eben viel passiert. Nahezu alle drei Tage ein Spiel. Zwischen Pokal, Bundesliga und Champions League ist die Euphorie verschwunden. Die Stimmung scheint etwas getrübt. Das liegt daran, dass das Offensivspiel der Fohlenelf aktuell etwas lahmt. Wenige Tage vor dem Spiel in Schottland noch das gleichsam kuriose wie ernüchternde 0:0 gegen den HSV. Im Rückblick fast schon aberwitzig, wie an diesem Tag kein Ball ins Tor fallen wollte.

Aber auch danach – abgesehen vom soliden 2:0 gegen den VfB Stuttgart – eher ungelenkes, uninspiriertes und tempoarmes Offensivspiel. Die Gefühlslage als Fan bewegt sich irgendwo zwischen Ratlosigkeit, Unzufriedenheit und der Einsicht, dass es eben einfach noch nicht reicht, wenn unsere beiden besten Offensivakteure und einer unserer temporeichsten Flügelflitzer ausfallen. Aber muss dann gegen Frankfurt nicht trotzdem etwas mehr rumkommen als zwei Torchancen in 90 Minuten? Jaja, mag sein!

Uns stellt sich aber viel mehr die Frage, was aus der guten, alten „Jetzt erst Recht“-Mentalität der Nordkurve geworden ist? Diese Mentalität, als es auch nach dem gefühlt zehnten enttäuschenden Spiel hieß: weitermachen und den Jungs auf die Beine helfen! Und das waren dann mitunter Jungs auf dem Rasen, Trainer auf der Bank oder Verantwortliche auf der Tribüne, die weit weniger Verdienste um unsere Borussia hatten, als die aktuell handelnden Personen.

Es ist doch völlig klar, dass mit dem Erfolg Ansprüche steigen. Genauso ist es klar, dass kein normaler Fan nach einem enttäuschenden Punktverlust seiner Mannschaft euphorisierte Loblieder auf Mannschaft oder Trainer singt. Wenn wir als Fans jedoch für eine gewisse Entschleunigung des Profifußballs werben, indem wir gegen Vermarktung auf allen Ebenen, zu große Einflüsse von Sponsoren oder gar von Unternehmen gegründete Vereine sind, dann dürfen wir nicht in der ersten Phase, in der es mal nicht so läuft, die Geduld verlieren.

Borussia hat keinen Sponsor, keinen Mäzen, keine Millionen zu viel. Borussia und alle handelnden Personen leben den konsequenten Weg zurück nach oben – auf allen Ebenen. Den kann man aber nicht in fünf oder zehn Jahren erledigen. Wenn jetzt, nach etwa fünf Jahren mit sportlichem Erfolg, schon Unruhe aufkommt, schwächt das die Position der handelnden Personen. Denn sie wehren sich glücklicherweise noch gegen zu großen Einfluss von Sponsoren. In unserem Stadion, das eben keinen Sponsoren-Namen trägt, werden die Pfeiler und Getränkestände noch von Fans aus der aktiven Szene bemalt, anstatt mit Sponsoren zugekleistert.

Natürlich nutzt auch unser Verein den Erfolg, um Geld zu verdienen. Dennoch versuchen die Verantwortlichen einen Mittelweg zwischen Fanszene und Sponsorenakquise zu finden. Das ist ganz sicher nicht immer leicht. Doch unsere Borussia steht auf gesunden Füßen, ist im Pokal vertreten und spielt in der Champions League. Dass es in der Liga seit einigen Wochen schleppend läuft, das bestreitet niemand. Deswegen aber gleich Unzufriedenheit zu schüren, konterkariert den Weg unseres Vereins.

Bevor es aber so kommt, sollten wir dann doch lieber zu unserer „Jetzt erst Recht“-Mentalität zurückkehren und den guten Eindruck, den die Celtic-Fans von uns gewonnen haben, heute Abend bestätigen. Und das geht eben nur über eine Energieleistung auf den Rängen. Denn dann werden die schottischen Jungs und Mädels ganz sicher so schnell nicht mehr vergessen, dass „A German Team“, das sie auf der Insel ja mittlerweile schon in Quiz-Shows im Fernsehen abfeiern, eine Macht ist. Das geht aber nur zusammen, wie im Hinspiel.

Nicht nur unsere Jungs auf dem Rasen, auch uns auf den Rängen erwartet eine Schlacht. In der Königsklasse passiert es ja nicht allzu häufig, dass wir einen echten Gegner im Gästeblock des Borussia-Parks haben. Doch der Celtic-Anhang wird heiß sein, die Niederlage des Hinspiels vergessen zu machen – und darüber hinaus über Tag eine Menge Motivation getankt haben, um 90 Minuten Vollgas zu geben. Doch das alles darf uns nicht tangieren!

Der Borussia-Park hat schon derart große Abende mit fantastischer Stimmung erlebt. Lasst uns diesen Dienstag wieder zu so einem Fest machen. Lasst uns wie ein zwölfter Mann hinter unserem Team stehen. Lasst uns als Fans Zweikämpfe gewinnen, Gegenstöße einleiten, Tore feiern. Wenn wir heute einen Sieg auf den Rängen einfahren, dann behalten auch unsere Jungs auf dem Rasen die drei Punkte daheim. Da sind wir uns sicher!

Foto zu diesem Beitrag: nordkurvenfotos.de

5 Gedanken zu „“Jetzt erst Recht!”

  • 1. November 2016 um 12:41
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    Gänsehaut. Danke für diesen tollen Kommentar und viel Erfolg heute Abend!

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  • 1. November 2016 um 13:26
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    Genauso sollten alle wirklichen Fans unseres VfL 1900 Borussia Mönchengladbach denken, dann kommt doch alles wieder wie von selbst!!!

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  • 1. November 2016 um 17:28
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    Wunderbar formuliert, Respekt!

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  • 1. November 2016 um 19:36
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    Genau so seh ich das auch. Immer positiv denken. Es gibt ehrlich gesagt auch nicht viel negatives. Da lassen wir uns doch von zwei Remis in der Liga unsere Feiertage (CL) nicht verderben. Auf gehts Borussia…….

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