Auf, auf, auf in die Champions League?

Zum ersten Heimspiel nach dem Re-Start kommt ausgerechnet Bayer Leverkusen in den Borussia-Park. Es ist ein Sechs-Punkte-Spiel im Kampf um die Champions League-Plätze. Dass Vorfreude und Spannung im Vorfeld der Partie bei vielen Fans fehlen, liegt an der “neuen Normalität”. Fußballfansein zwischen Frust und Hoffnung.

In diesen Tagen jährte sich beim Gegner Leverkusen zum 20. Mal das tragische Saisonfinale: Eine begeisternd aufspielende Leverkusener Mannschaft verspielte am letzten Spieltag in Unterhaching die Meisterschaft. Zwei Jahre später standen die Leverkusener gar im Champions League Finale gegen Real Madrid. Kurzum: Bayer Leverkusen war Anfang der 2000er ein echtes europäisches Spitzenteam. Über Borussias Rolle in dieser Zeit schweigen wir lieber. Ein sportlicher Konkurrenzkampf mit Leverkusen war nicht im Ansatz vorstellbar. Das ist seit einigen Jahren anders.

Borussia gegen Bayer Leverkusen: Wiederkehrendes Duell um die Champions League

Denn Leverkusen ist in den letzten Jahren zu einem der Hauptkonkurrenten um eine Champions League Teilnahme geworden. Das spiegelt einmal mehr die beeindruckende Entwicklung unseres Vereins wider. Und das alles ohne ein milliardenschweres Unternehmen, das Kassen und Stadion füllt.

Nun zeichnet sich erneut ein Duell mit eben jenen Leverkusenern ab. Nach einer durchwachsenen Hinrunde, in der vor allem Shootingstar Kai Havertz nicht überzeugen konnte, gab es zuletzt fünf Siege aus den letzten sechs Spielen. Der Aufwärtstrend hängt stark mit Havertz zusammen, der zuletzt wieder stark aufspielte. Er ist Bayers wohl wichtigster Spieler und eines der begehrtesten Talente in Europa.

Gelungene Generalproben gegen Frankfurt und Bremen

Neben der Tabellenposition im oberen Bereich verbindet beide Mannschaften ein überzeugendes erstes Spiel nach der langen Pause: Während Borussia in Frankfurt nichts anbrennen ließ, besiegte Leverkusen desolate Bremer. Vor dem direkten Duell trennen beide Vereine in der Tabelle nur zwei Punkte bei noch acht ausbleibenden Spielen. Leverkusen kann Borussia überholen. Roses Elf hingegen kann davonziehen. Ein klassisches Sechs-Punkte-Spiel.

Klingt nach einem Duell, auf das man sich die ganze Woche bei immer weiter steigender Anspannung freut. Doch genau diese Gefühle verspüren wir in dieser Woche nicht. Das letzte Wochenende hat uns gezeigt, dass die Mannschaft zwar in einer guten Form ist, aber vor allem der Fußball durch das Hygienekonzept stark verändert ist und die Emotionen fehlen.

Fans sind nicht ersetzbar

Wir wissen, dass wir uns wohl oder übel in den nächsten Wochen und Monaten an diesen Fußball gewöhnen müssen. Natürlich treffen auch ohne Fans am Samstagmittag zwei spielerisch gute Mannschaften aufeinander. Es kann ein sportlich hochattraktives Spiel werden. Aber das Hin und Her, die Emotionen und das Gefühl, das ein ausverkauftes Stadion mitsamt der Fans Dynamiken in Gang setzen kann, werden fehlen.

Über dieses Gefühl kann auch nicht hinweg täuschen, dass der Borussia-Park nicht leer bleiben wird. Der Supporters Club hat in einer kreativen Aktion Pappaufsteller im ganzen Stadion aufgestellt. So werden am Samstag rund 14 000 Fans mit ihren Fotos im Stadion sein, weitere 6 000 sind wohl schon bestellt. Eine Aktion, die sehr kreativ ist und dazu weltweit Beachtung findet.

Von Lateinamerika, über die USA, Europas Sportgazetten bis nach Asien wurde in den letzten Wochen über die bunten, Corona-freien Stadionbesucher berichtet. Das ist natürlich perfekte Werbung für den Verein und die Borussia-Familie! Trotz der bunten Bilder fehlt uns eine bunte, bewegliche und laute Kurve. Eine Kurve, vor der Marcus Thuram nach dem Spiel mit der Eckfahne jubeln kann. Eine Kurve, in der auch die Gladbacher Ultra-Szene fehlt, die ebenfalls die fehlenden Emotionen in den Geisterspielen anprangern.

Was ist die Champions League-Quali aus Fansicht wert?

Unter diesen Umständen stellt sich für viele (vor allem aktive) Fans die Frage der Wertigkeit solcher Spiele. Denn sollte Borussia sich für die Königsklasse qualifizieren, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir trotzdem nicht ins Bernabéu oder an die Anfield Road reisen können. Eine Meisterschaft wäre wohl auch nur ein Fall für die Vereinsvitrine. Eine rauschende Feier am Alter Markt ist nicht vorstellbar.

Natürlich wissen auch wir, dass eine Champions League Teilnahme in erster Linie nicht für die Fans ist, sondern die Kassen der Vereine füllt. Außerdem wären Spieler wie Pléa oder Zakaria wohl deutlich einfacher zu halten. Doch bei dem aktuellen europäischen Ausmaß der Krise und einer drohenden zweiten Welle im Herbst, ist die Frage, ob die Einnahmen überhaupt so hoch werden und sich die Spieler häufig in Europa werden zeigen können.

Das alles zeigt uns, dass Fußball ohne Emotionen der Fans für uns in den nächsten Wochen ein Problem bleiben wird. Auch wenn es viele positive Reaktionen auf den letzten Spieltag gab, verdeutlicht uns das erste Heimspiel gegen einen sportlich interessanten und brisanten Gegner genau diese fehlenden Emotionen. Borussia kann einen wichtigen Schritt in Richtung Champions League machen. Doch die Freude darüber würde wohl immer im Konflikt mit unserer Auffassung des Fan-Seins stehen.

Foto zu diesem Beitrag: Photo by Christof Koepsel/Bongarts/ Getty Images

5 Gedanken zu „Auf, auf, auf in die Champions League?

  • 22. Mai 2020 um 22:26
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    Hallo liebe Mitgedachtler,
    Seit langer Zeit verfolge ich eure Artikel über unsere geliebte Borussia. Wir alle finden die Krise nicht besonders toll. Fakt ist aber, unsere Jungs spielen eine super Saison. Vielleicht könnt ihr ja mal eure persönliche Befindlichkeiten zurückstellen und die fehlende Atmosphäre als notwendiges Übel betrachten. Wenn ihr keine Bock habt Spiele zu gucken, dann lasst es doch einfach bleiben. Ich für meinen Teil freue mich auf morgen. Mit oder ohne Stimmung. Ich liebe Fußball und hoffe auf einen Sieg.

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    • 23. Mai 2020 um 7:20
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      Genau so sieht es aus 👍👏
      Es ist alles gesagt.
      Es geht jetzt um Borussia und nicht um irgendwelche eigenen Interessen, weil wir “alle” nicht zum Spiel können.
      Die Jungs wollen unbedingt spielen, das hat Chris Kramer die Woche eindeutig gesagt, also haben sie unsere Aufmerksamkeit und Unterstützung verdigbt.

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  • 23. Mai 2020 um 7:26
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    Geld ist für die Liga wichtiger als Emotionen. Für mich gilt aber das Gegenteil. Ohne Emotionen ist Fußball so sexy, wie alkoholfreies Bier. Heute spielt die Borussia gegen die Pillen um die CL-Wurst und keiner in der Stadt bekommt es mit. Normalerweise hätte ich meinen gesamten Tagesablauf auf das Spiel ausgerichtet. Jetzt freue ich mich auf einen gemeinsamen Fahrradausflug mit der Familie. Keine schlechte Alternative.

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  • 23. Mai 2020 um 9:00
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    Ich finde es schade das unsere Ultras sich wieder ausgrenzen. Wenn Aktionen von denen kommen, müssen alle mitmachen sonst wird man blöd angeschaut (z,B, bekloppte langsame Lieder zur falschen Zeit, Choreo usw.). Aber wenn Aktionen von anderen Fans gestartet werden, machen sie nicht mit.

    Zum Artikel: 1900 % Zustimmung, für mich kommt auch keine Freude auf und gestern beim Berlin Derby sogar eingeschlafen.

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  • 23. Mai 2020 um 18:19
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    Ich hoffe, der Fahrradausflug war erfolgreicher als unsere Borussia.
    Von der ersten Minute an war bei uns der Wurm drin. Kein Vergleich zu letzter Woche. Das war heute mal nichts.
    Ich hoffe, wir bekommen die Gelegenheit, diese Punkte zurück zu holen.
    Ach so, der Elfer war ein Witz.
    Schönes Wochenende noch !

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