Kollektive Trostlosigkeit.

Würden wir es nicht besser wissen, hätten wir am Freitagabend denken können, dass der Bundesliga-Abstiegskandidat Nummer eins nicht in den roten, sondern in den weißen Leibchen über den Platz trottete. Nichts aber wirklich gar nichts deutete darauf hin, dass die Fohlenelf noch realistische Chance auf eine Champions-League-Qualifikation hat. In 90 Minuten schaffte es Borussia nicht, aufs Spiel zuzugreifen und ließ sich von einem faktisch toten Gegner – der zugegebenermaßen nichts zu verlieren hatte – zeitweise an der Nase herumführen.

Wir wollen sicher nicht alles schlecht reden und madig machen, doch wir sind auch dafür bekannt mal Offensichtliches klar anzusprechen: Mit einem solchen Auftreten hat es Borussia nicht einmal verdient, überhaupt an das internationale Geschäft zu denken. Geschweige denn in jenes einzuziehen. Das Spiel in Hannover war gelinde gesagt peinlich. Vom Anpfiff weg setzte die gallige, junge Mannschaft von der Stadt an der Leine die Schubert-Elf unter Druck. Wobei das ab und zu angeführte Motto „Hannover hat nichts mehr zu verlieren“ überhaupt keine Ausrede sein darf.

Taktische Marschroute wirft Fragen auf

Die Fohlenelf brachte deutlich mehr Qualität auf den Platz – war zudem wesentlich erfahrener. Dass sich die Mannschaft dennoch derart einlullen lässt, ist nicht wirklich zu erklären. Gefühlt spielte die Fohlenelf erst spät im zweiten Durchgang mal fünf erfolgreiche Pässe hintereinander in der gegnerischen Hälfte. Daher muss die Frage erlaubt sein, ob den Spielern nicht klar ist, um was es da im Saisonende eigentlich geht? Nimmt man das Hannover-Spiel als Maßstab, lautet die Antwort klar: Nein!

Auch gilt es die taktische Marschroute zu hinterfragen. Für den gesperrten Granit Xhaka rückte Martin Stranzl in die Startelf und der wiedergenesene Raffael trabte ebenfalls von Beginn an über das Feld – für ihn musste Andre Hahn weichen. Wer nun aber damit rechnete, dass Abwehr-Recke Stanzl neben dem starken Andreas Christensen in der Innenverteidigung spielte, sah sich glatt getäuscht. Stranzl begann neben dem etatmäßigen „Sechser“ Havard Nordtveit hinten, während sich Christensen, immerhin Borussias bester Abwehrmann in dieser Saison, im defensiven Mittelfeld beweisen durfte. Eine Maßnahme, die ähnlich wie in den vergangenen Spielen bei Umstellungen gegen Spielende überhaupt nicht griff.

Doch auch die Spieler müssen sich Vorwürfe gefallen lassen. Egal wie der Trainer die Mannschaft aufstellt: Du darfst und kannst überall verlieren. Aber dann doch bitte erhobenen Hauptes und nicht mit einer derart mangelhaften Grundeinstellung.

Was die Frage aufwirft: Was denkt sich André Schubert bei diesen Wechselspielchen? Natürlich darf ein Trainer mal danebenliegen in seinen Gedankenspielen. Nur sollte er diesen Fehler erkennen und schleunigst beheben. Dass Christensen in Durchgang zwei aber weiter seine Quer- und Rückpässe spielen durfte und vom Trainer kein neuer Kreativimpuls kam, ist unverständlich. Wirklich schade. Auch nach Abpfiff wirkte Schubert aus unserer Sicht alles andere als souverän. Im „Sky“-Interview bemängelte er mehrfach die „vielen Umstellungen“. Dadurch sei die Mannschaft „nicht in den Kombinationsfluss gekommen“. Was uns zur Frage bringt: Welche Umstellungen? Dass Xhaka ausfallen würde, war eine Woche klar. Genug Zeit, um in einer Trainingswoche an Lösungen zu arbeiten. Der kurzfristige Ausfall von Ersatzspieler Tony Jantschke darf hingegen kein Argument sein.

Doch auch die Spieler müssen sich Vorwürfe gefallen lassen. Egal wie der Trainer die Mannschaft aufstellt: Du darfst und kannst überall verlieren. Aber dann doch bitte erhobenen Hauptes und nicht mit einer derart mangelhaften Grundeinstellung. Die Spieler dürfen sich nun gerne hinterfragen, sich auf den Saison-Endspurt einschwören und dann ein Zeichen setzen. Noch haben die Jungs vier Spiele Zeit, den Traum von Europa zu verwirklichen – aber auch zu verdienen. Und uns soll keiner jetzt kommen mit den allgegenwärtigen Floskeln „Überlegt Euch doch mal wo wir nach Spieltag 5 standen“ oder „Hätte uns damals jemand gesagt, wir spielen bis Ende um Europa“. Alles geschenkt. Du lebst in dieser Saison vor allem von den Schwächen anderer Mannschaften. Dann nimm die nun verdammt nochmal auch an!

Spielansetzung ein schlechter Scherz

Auch abseits des Platzes gab es gestern Abend einige Kopfschüttelei. Allen voran die Freunde der DFL haben bei der Spielansetzung mal wieder Humor bewiesen. Was für ein Griff ins Klo – und zwar in mehrfacher Hinsicht. Erster Punkt: Gladbacher Fans an einem Freitagnachmittag durch ganz NRW und den halben Pott zu jagen. Etwa ein Viertel des Gästeblocks waren zu Spielbeginn verwaist. Die meisten trafen erst zwischen Minute zehn und 25 ein. Grund waren – oh Wunder – kilometerlange Staus auf der A2. Es wurden sogar Geschichten laut, dass Gladbacher schon früh die Segel strichen und sich kurzerhand dazu entschlossen direkt in den Kurzurlaub nach Winterberg zu fahren anstatt sich durch einen 50 km langen Stau zu prügeln. Nach dem Spielverlauf kann man zu dieser Entscheidung nur gratulieren.

Zweiter Punkt zur Terminierung: Die unfassbare Situation in Hannover selbst. Ein kurzer Blick in den Veranstaltungskalender hätte den DFL-Herren schon genügt, um zu erkennen, dass einmal mehr Frühlingsfest im Stadionumlauf ist. Parkplatzsituation an einem Freitagabend? Katastrophal. Und vom sonstigen Verkehrsaufkommen möchten wir erst gar nicht sprechen. Aber Hauptsache fünf Mannschaftswagen konnten es sich vor dem Gästeeingang gemütlich machen. Anders als von der DFL befürchtet, blieb es am Abend wohl auch ruhig. Wurde noch im Vorfeld auch von Vereinsseite auf die angespannte Situation zwischen den Fanlagern verwiesen, blieb es nach unseren Informationen ruhig. Richtig so.

Für uns jedenfalls war es ein richtig gebrauchter Tag, der nicht viel Mut macht für die ausstehenden vier Spieltage. Die beiden vorangegangenen Partien haben uns einen ordentlichen Schlag versetzt. Und dennoch pilgern wir selbstverständlich in den kommenden Wochen wieder in die Stadien dieses Landes. In guten wie in schlechten Zeiten – alles für Borussia!

Foto zu diesem Beitrag: MitGedacht.

6 Gedanken zu „Kollektive Trostlosigkeit.

  • 17. April 2016 um 14:37
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    Champions League kann man vergessen

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  • 18. April 2016 um 11:12
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    Trotz der permanenten Auswärtsniederlagen stehen wir immer noch auf Platz 5, eigentlich kaum zu glauben. Wenn man bei den Niederlagen auf Schalke und in Wolfsburg noch von Pech (auf Schalke wohl eher von Dummheit) sprechen konnte, fällt einem zu den Auftritten in Ingolstadt und Hannover eigentlich nur noch ein einziges Wort ein: BESCHÄMEND!!!!
    Und wie André Schubert auf die Idee kommen konnte, Andreas Christensen vor die Abwehr zu ziehen, wird wohl sein Geheimnis bleiben.
    Wer so viele Steilvorlagen der Konkurrenz (Schalke, Hertha, Mainz) nicht nutzt, hat es kaum verdient, sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Wenn wir nach dem 34. Spieltag tatsächlich auf einem Platz stehen, der für Europa reicht, haben wir mehr als Glück gehabt.

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  • 18. April 2016 um 13:41
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    Ich war maßlos enttäuscht von fast allen Spielern. Ausnehmen kann man eigentlich nur Stranzl und Traore. Wie penetrant aufreibenden Wende über den Platz trolle, grenzt schon an Arbeitsverweigerung. Die Körpersprache von Johnson spricht schon seit Wochen Bände. Alles in allem bin ich an die Zeiten vor Favre erinnert.

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  • 18. April 2016 um 15:54
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    In den letzten zwei Jahren haben wir uns gegen Hoffenheim oft schwer getan. Ich glaube nur weil wir jetzt ein Heimspiel haben ist das kein Selbstläufer gegen Hoffenheim. Ich wünsche mir für die letzten vier Spiele noch mal die Aggressivität in allen Mannschaftsteilen wie in der ersten halben Stunde gegen Augsburg. Gruß

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  • 18. April 2016 um 15:58
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    Warum spielt ein Julian Korb nicht mehr in einer 4er Abwehrkette ? Für welches Spiel wurde denn eigentlich Jonas Hofmann verpflichtet ?

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  • 19. April 2016 um 19:54
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    Ja klar, die Spieler die NICHT spielen, sind dann immer die Heilsbringer. Korb, Hofmann? Die hätten wohl kaum anders gespielt als der Rest der Mannschaft. Die schwachen Leistungen gehen zu 100%
    zu Lasten der Spieler und nicht des Trainers. Punkt.

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