Respektieren Sie unsere Kultur!

Seit Jahren werben bundesweit Fanszenen für Vertrauen der Politik in unsere Subkultur. Doch das scheint weniger denn je anzukommen. Die Innenminister der Länder scheinen mehr als gewillt, uns den Sport kaputt zu machen. Auch die Borussia hat nun die Faxen dicke und richtet mahnende Worte an die zuständigen Organe in der Landeshauptstadt. MitGedacht. blickt fassungslos auf eine nicht mehr zu akzeptierende Diskussion. 

Wie gerne schauen wir auf diesen einen Moment zurück, als Thorgan Hazard sich den Ball zu Recht legte, schaute, anlief, in die Mitte flankte – und Granit Xhaka den Ball wuchtig in die Maschen köpfte. Es folgte ein 100-Meter-Sprint der ganzen Mannschaft in Richtung Nordkurve, der in einer ekstatischen Jubelorgie endete. Ein Derbysieg, der schöner kaum hätte sein können – abgerundet natürlich vom maximal peinlichen Verhalten einiger Mitglieder einer Fangruppe aus der Domstadt, die sich in Maleranzügen aufmachten. Unerklärlich bis heute, was die Jungs da auf dem Rasen eigentlich wollten.

Was aber damals schon abzusehen war: Der Vorfall würde nicht ungesühnt bleiben. Zunächst verlief es ja noch ganz ruhig. Die heftigen Reaktionen der Presse waren nach zwei, drei Wochen auch schon wieder verflogen. Die Medienmeute stürzte sich stattdessen auf unseren Erzfeind. Der FC geriet in einen handfesten Clinch mit der eigenen Fanszene. Diese zog sich (als Konsequenz auf vollkommen überzogene Kollektivstrafen des Vereins) zurück und stellte insgesamt seine Existenz im Zusammenhang mit dem Profifußball in Frage. Absolut nachvollziehbar! Außerdem beschloss der DFB einen Teilausschluss für den „Effzeh“. Im Zusammenspiel mit dem Fernbleiben der Ultraszene ein stimmungstechnisches Desaster.

Nennt uns EINEN sinnvollen Grund!

Auch wenn dieser Konflikt bei unserem Erzfeind ausgestanden scheint, begleiten uns die Nachwehen des Derbys bis heute. Die Situation hat sich über die Sommerpause zugespitzt. Plötzlich preschen die Innenminister der Länder, zu denen auch unser Sportsfreund Ralf Jäger gehört, nach vorne und wollen das Gästekontingent bei Risikospielen halbieren. Außerdem soll zukünftig bei diesen Spielen ein flächendeckendes Alkoholverbot herrschen. Mit Letzterem mussten wir schon einige Male leben – aber die Karten zu reduzieren? Wir würden gerne EINEN sinnvollen Grund für diese abstruse Maßnahme hören!

Immer wieder heißt es, man wolle mit der drastischen Maßnahme die Gewalt im Stadion eindämmen. Wir meinen: Das ist völliger Schwachsinn! Jeder Wissenschaftler und jede Statistik – selbst die eigene Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze bei der Landespolizei NRW – widerspricht dem vehement. Wenn es zu Problemen und Auseinandersetzungen in der Vergangenheit kam, war das Stadion fast nie Schauplatz der Gewalt. Zwar ist das Abbrennen von Pyrotechnik für einige Politiker ja fast schon mit dem Verbreiten von Staatsgeheimnissen gleichzusetzen. Zu Gewalt-Orgien IM Stadion kam es aber nur äußerst selten.

Zulasten der friedlichen Allgemeinheit

Auch das Argument, dass ein geringeres Kartenkontingent die Anreisewege entlasten würde, ist nicht stichhaltig. Gewalttätig sind fünf Prozent aller Auswärtsfans – höchstens! Für die meisten dieser eventorientierten Anhänger zählt das Spiel auch nur zu ein paar Prozent. Sie wollen sich auf der Straße mit dem Gegner messen – und würden auch trotz eines geringeren Kontingentes fahren. Die Anreisewege würden vielleicht weniger Fans von weniger Fans bevölkert. Die Problemfans reisen aber trotzdem an – oftmals konspirativ, ohne dass es Jägers Helden der Polizei merken.

Ganz ehrlich, liebe Innenpolitik? Habt Ihr keine anderen Probleme? Nur weil euch nichts mehr anderes einfällt, holt ihr die billige Kollektiv-Keule raus und setzt zum Rundumschlag aus. Damit steht ihr auf einem Level wie der DFB oder die Kölner Vereinsführung, die ebenfalls kollektiv bestrafen. Immer zulasten der friedlichen Allgemeinheit!

Auch unsere Borussia zeigt sich ob der abstrusen Vorschläge erzürnt – und das ist völlig legitim. Der Verein reagierte nun mit einem Brief an Minister Jäger, in dem er laut WDR konkret und sehr deutlich kritisierte:

„Diese Maßnahme (Senkung des Kartenkontingents, Anm. d. Red.) schließt nicht diejenigen Fans aus, die bei den Anreisen (…) gewalttätige Auseinandersetzungen suchen, sondern trifft den großen Teil der friedlichen Anhänger und den Fußball mit seiner Fankultur, wie wir ihn (…) lieben und schätzen.“

Viele Vereine müssen nachziehen!

Wir können unseren Verein nur vollumfänglich in seinem Vorgehen unterstützen und loben ausdrücklich den Mut, sich meinungsstark und klar gegenüber der Politik zu positionieren. Viele andere Vereine und Fan-Vereinigungen müssen nachziehen!

Denn wir lassen uns von Theoretikern wie Jäger und Co., die wirklich keine Ahnung von unserer Fankultur haben, nicht die Emotionen nehmen. Lieber Herr Jäger, respektieren Sie das endlich und setzen sich mit uns auseinander anstatt mit Repressionen anzukommen und mit dem nackten Zeigefinger auf uns zu zeigen!

Irgendwelche Idioten in Michelin-Anzügen im Borussia-Park oder ganz aktuell ein Irrer, der mit einer Waffe auf den Berliner Mannschaftsbus schießt, sind Einzeltäter. Gewiss aber keine ganze Szene und schon lange kein Problem des ganzen Sports! Wir haben die Fähigkeit zur Selbstregulierung unserer Fanszenen – und die ist unser höchstes Gut!

Seien Sie kreativer, Jäger!

Warum nicht einfach mal darüber nachdenken, weniger Polizei bei Auswärtsspielen mit auf die Bahnreise zu schicken? Klar, das hört sich in Ihren Augen sicherlich etwas verrückt an. Hat aber funktioniert. Erst im letzten Jahr gab es beim Duell zweier Karnevalsvereine in Mainz ein Pilotprojekt, bei dem die aktive Szene aus Köln ohne Begleitung angereist ist. Das hat ohne große Zwischenfälle funktioniert. Warum so etwas nicht flächendeckend einführen?!

Seien Sie kreativer, Jäger! Denken Sie auch mal nach, bevor Sie mit polemischen Plänen um die Ecke kommen! Tun Sie etwas für Ihr Geld und das Vertrauen in die Politik! Die Vorschläge, die Sie vorbringen sind inakzeptabel und nicht hinnehmbar.

Wir positionieren uns ganz klar: Für die Freiheit der Kurve! Für Respekt gegenüber unserer Fankultur! Für ein friedliches Miteinander im Dialog! Für mehr Einfluss in politischen Entscheidungen rund um den Fußball!

Und vor allem: Für alle Fußballliebhaber!

Foto zu diesem Beitrag: nordkurvenfotos.de

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