Spiele gewinnt man vorne, Turniere hinten

Auswärtsspiel – vielen Fans läuft es bei diesem Wort eiskalt den Rücken hinunter. Und erst Recht nach dem desolaten 0:4 auf Schalke. Mit ein paar Tagen Abstand schauen wir noch einmal zurück und versuchen eine Fehler-Analyse.

Eigentlich hat es keinen tieferen Sinn, dass wir uns nach der deftigen 0:4-Klatsche auf Schalke nicht mit einer Nachbetrachtung zu Wort gemeldet haben. Vielmehr war es die pure Enttäuschung, die wir irgendwie verarbeiten mussten und in deren Folge wir schlichtweg keine Lust hatten, das Geschehen noch einmal nachempfinden zu müssen. Das hat sich grundlegend zwar nicht geändert, wir glauben aber, dass es trotzdem an der Zeit ist, noch einmal zurück und dann vor allem nach vorne zu schauen.

Borussia hat am vergangenen Sonntag einen Tiefpunkt der miserablen Auswärtsbilanz der jüngeren Vergangenheit erlebt. 0:4 beim Tabellenletzten – NULL zu VIER! Dass man in Gelsenkirchen verlieren kann, sollte jedem Fan klar sein. Der FC Schalke 04 war kein klassischer Tabellenletzter. In diesem Kader steckt enormes Potenzial. Es war nur logisch, dass die Mannschaft irgendwann den Bock umstößt. Aber warum gerade gegen unser Team?

In den ersten 45 Minuten auf Schalke zeigte Borussia eine ordentliche Partie. Bis auf die ersten zehn Minuten hatte die Fohlenelf das Spiel im Griff. Es fehlte lediglich etwas Zug im Offensivspiel. Daran, dass die Mannschaft aus dieser ordentlichen Ausgangslage kein Profit schlug, hatten sowohl die Spieler als auch der Trainer ihren Anteil.

DAS SCHALKE-SPIEL ALS WARNSCHUSS

Für uns ist es grundsätzlich absolut verständlich, dass André Schubert auf das lahmende Aufbauspiel reagiert und mit Lars Stindl einen „Zwischenspieler“ bringt, der zwischen den Reihen agiert und das Spiel ankurbelt. Was uns aber nicht einleuchtet: Warum geht das zulasten der defensiven Stabilität? Natürlich hat Jannik Vestergaard kein grandioses Aufbauspiel. Das liegt aber erstens auch an sehr zurückhaltend agierenden Sechsern und zweitens ist der Däne dazu auch nicht da. Vestergaard soll die Defensive stabilisieren – und hat das auf Schalke gemeinsam mit dem fast als Vorstopper agierenden Andreas Christensen im ersten Durchgang sehr gut gemacht.

Mit Vestergaards Auswechslung und dem Positionswechsel von Christensen fehlte Borussia deshalb ein entscheidendes Element in der defensiven Stabilität. Ein klassischer Wechselfehler des Trainers, der der Mannschaft gegen einen individuell starken Gegner zum Verhängnis wurde. Schubert gab diesen Fehler später zu („Ich habe zu riskant gewechselt“). Wir sehen das Schalke-Spiel als Warnschuss, sich nicht zu sehr auf die offensiven Qualitäten zu verlassen.

Wer jetzt mit dem Gerede von der Einstelligkeit um die Ecke kommt, dem sei gesagt: Der Kader ist nicht mehr nur auf dieses Ziel ausgelegt. Und doch wird Borussia am Ende „nur“ um die Einstelligkeit mitspielen, wenn das Team nicht endlich auch auswärts stabil auftritt.

Spiele gewinnt man vorne, Turniere hinten! Der alte Leitspruch wird für Borussia immer mehr zum Credo. Wobei wir an dieser Stelle darauf aufmerksam machen wollen, dass es für unsere Mannschaft nicht um Titel geht, sondern um den bestmöglichen Platz in der Liga. Mit einem Sieg auf Schalke wäre die Fohlenelf auf Platz zwei geschossen, hätte sich direkt hinter den Bayern eingereiht. Nach dem Schalke-Debakel steht die Mannschaft nun auf Platz neun. Wer jetzt mit dem Gerede von der Einstelligkeit um die Ecke kommt, dem sei gesagt: Der Kader ist nicht mehr nur auf dieses Ziel ausgelegt. Und doch wird Borussia am Ende „nur“ um die Einstelligkeit mitspielen, wenn das Team nicht endlich auch auswärts stabil auftritt.

Natürlich wäre es aber viel zu einfach und zu kurz gedacht, nur über Wechselfehler des Trainers zu meckern! Auf Schalke war auch ein bisschen Pech im Spiel. Nach dem Seitenwechsel drängte die Fohlenelf kurzzeitig auf den Führungstreffer, das Publikum wurde unruhig. Mit dem umstrittenen, aber wohl richtigen Elfmeter kippte die Partie. Allerdings müssen sich auch die Spieler einige Vorwürfe gefallen lassen. Denn sie agieren – wie nun in Gelsenkirchen gesehen – längst nicht so clever wie in Heimspielen.

Beispiel 1: Der bereits erwähnte Elfmeter. Ibrahima Traoré geht ungestüm im Sechszehner gegen Choupo-Moting zu Werke. Foul hin oder her – ein dummer Einsatz. Es gibt einen Kontakt, Elfmeter ok. Beispiel 2: Nach dem 0:1 hält sich kaum ein Spieler an seine Position. Die Mannschaft arbeitet nicht im Kollektiv gegen den Ball, dazu kommen individuelle Fehler. Beispiel 3: Wiederum Traoré. Er geht vor dem 0:2 gegen Kolasinac schnell theatralisch zu Boden. Ein harter Einsatz und unterschiedliche Gewichtsklassen, keine Frage. Aber so ist der Fußball nun mal. Die eine Truppe kämpft, die andere geht zu Boden. Einige Spieler lamentieren, konzentrieren sich nicht auf die Verteidigung. Tor.

Jetzt kommt die nächste Krisenmannschaft

Nun steht also Platz neun zu Buche. Die Bilanz nach sechs Bundesligaspielen fällt durchwachsen aus: Drei Siege, ein Unentschieden, zwei Niederlagen. Und leider auch: Kein Auswärtssieg! Nach der Länderspielpause kommt mit dem Hamburger SV nun die nächste Krisenmannschaft – zum Glück dieses Mal aber in einem Heimspiel.

Es bleibt daher nur zu hoffen, dass die Fohlenelf im Borussia-Park wieder so agiert, wie wir das von ihr gewohnt sind. Und es bleibt auch zu hoffen, dass Schubert und seine Spieler auswärts endlich die Kurve kriegen. Der Trainer hat nach dem Schalke-Spiel bereits angekündigt, er werde die Auswärts-Marschroute künftig überdenken und weniger riskant spielen lassen. Das finden wir gut!

Denn – wir erinnern uns an den schlauen Satz: Spiele gewinnt man vorne, Turniere hinten.

Foto zu diesem Beitrag: MitGedacht.

Ein Gedanke zu „Spiele gewinnt man vorne, Turniere hinten

  • 9. Oktober 2016 um 11:11
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    Guter Bericht.ich seh es genau so.

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