Tack, ewiger Oscar!

Seit Dienstagmittag wissen wir, dass Oscar Wendt unsere Borussia am Saisonende verlassen wird und zu IFK Göteborg wechselt. Dort hatte Wendt seine Profikarriere begonnen. Es ist an der Zeit, einen Borussen zu ehren, der viel zu oft unterm Radar flog. Der aber auch in seiner zehnten Saison noch alles für Borussia Mönchengladbach gibt!

Als Oscar Wendt im Juli 2011 an den Niederrhein kam, war gerade erst Ruhe eingekehrt. Borussia hatte sich in der Relegation gegen Bochum spektakulär vor dem Abstieg gerettet und Lucien Favre bereitete die neue Saison vor. Wir Fans ahnten nicht, dass Oscar Wendt zehn Jahre lang als eines der Gesichter für die neue Kontinuität Borussias stehen sollte. Mindestens ebenso wenig ahnten wir, dass Borussia sich gemeinsam mit Oscar Wendt kontinuierlich zum Top-Team entwickeln und mehrfach in Europa- und Champions League stehen würde. Ehrlich gesagt: Wir hatten keine Ahnung!

Mit Oscar Wendt geht einer der letzten Spieler, der unsere seit 2011 andauernde Erfolgsgeschichte mit allen kleinen Tiefen und großen Höhen live miterlebt und mitgestaltet hat. Der aktuell stolze 299 Pflichtspiele für unseren Verein bestritten hat. Der von Favre über Schubert und Hecking bis hin zu Rose die verschiedensten Trainer-Typen und Entwicklungsstufen hautnah mitbekommen hat. Der viel zu häufig kritisiert und viel zu selten gelobt wurde. Und der von einigen Fans sogar ein eigenes Lied bekommen hat. Kurzum: Mit Oscar Wendt geht ein Stück jüngere Vereinsgeschichte!

Oscar Wendt musste immer kämpfen

Beeindruckend am Dauer-Linksverteidiger ist, dass er es in keiner seiner zehn Saisons wirklich leicht hatte. Oscar Wendt musste immer kämpfen. Oscar Wendt war aber immer da. Das zeigte sich gleich zu Beginn seiner Zeit bei Borussia. Denn obwohl Wendt vom damaligen dänischen Serienmeister FC Kopenhagen bereits Champions League-Erfahrung mitbrachte und auch schon gegen Barcelona gespielt und gegen Messi verteidigt hatte, war sein Start in Mönchengladbach kompliziert.

Während Borussia am 7. August 2011 in München gewann und eine für alle sensationell überraschende Hinrunde auf dem vierten Platz beendete, schaute Wendt meist nur zu. In den 17 Bundesligaspielen kam er nur dreimal zum Einsatz. Und in seinen einzigen beiden Auftritten über 90 Minuten gab es gleich zwei der nur vier Niederlagen der Hinrunde 2011/12. Weil Wendt einfach nicht an Dauerbrenner und Kapitän Filip Daems auf der linken Abwehrseite vorbeikam, musste er in der Rückrunde ins Mittelfeld ausweichen. Dort bekam er zumindest einige Einsätze und überzeugte Trainer Favre zusehends. Auch wenn er also um jede Minute kämpfen musste, war er doch immer da, wenn Borussia ihn brauchte. Ein Muster, dass sich durch seine Zeit bei Borussia ziehen sollte!

Wendt im Mai 2015 im Borussia-Park (Foto: Paeffgen via Imago/OneFootball)
Dauerbrenner und Musterprofi

Denn obwohl Borussia unserem Schweden regelmäßig wahlweise starke Konkurrenz vorsetzte oder mit Dreierketten in der Defensive gar drohte, ihm sein Kerngeschäft zu entziehen, war Dauerbrenner Oscar immer zur Stelle. Das Muster war häufig gleich: Spielte Wendt mal nicht, wurde aber kurzfristig gebraucht, sprang er ein und überzeugte einfach so lange, dass er am Ende doch wieder spielte. Natürlich profitierte er – wie etwa zur Zeit Alvaro Dominguez‘ – manchmal von Verletzungen anderer Mitspieler. Doch klar ist doch auch: Dass Wendt von größeren Verletzungen weitgehend verschont blieb, hat er seinem gesunden Körper und harter Arbeit zu verdanken. Der Typ ist auch mit 35 noch topfit und trainiert knallhart. Ob er spielt oder nicht. Und wenn er nicht spielt, trainiert er noch härter und hilft der Mannschaft eben im Training oder der Kabine.

Genau das wollen wir an einem konkreten Beispiel festmachen: Erinnert Ihr euch noch an Wendts Interviews als er 2011 zu Saisonbeginn kaum zum Einsatz kam? Oder an sein Gemeckere als er in der Hinrunde 2014/15 um seinen Stammplatz bangen musste und auf einen Wechsel drängte? Oder an die enttäuschten Worte als ihm Ramy Bensebaini vorgesetzt wurde? Wir auch nicht! Denn so etwas gibt es bei Oscar Wendt einfach nicht!

Zauberfußball und offene Worte

Generell ist Wendt außerhalb des Platzes wenig in Erscheinung getreten – weder durch Skandale noch durch schnelle Autos oder protzige Outfits. Der Schwede hat sich immer auf den Fußball konzentriert und alles für den Erfolg des Vereins getan. Und wenn die Mannschaft eben mal ohne ihn Erfolg hatte, dann konnte er auch damit umgehen und hat an sich gearbeitet, damit er alsbald wieder auf dem Platz etwas beitragen konnte. Wendt hat immer für Borussia gearbeitet, ohne dabei die Bühne zu suchen. Wer jetzt allerdings denkt, Wendt sei ein aalglatter Musterprofi ohne Ecken und Kanten, den können wir beruhigen. Er kann auch Emotionen – die ganz Lauten (siehe Titelbild) ebenso wie die Nachdenklichen.

Fans, die dabei waren, erinnern sich nur zu gut an ein wirklich bewegendes Vorspiel im Fanhaus. In dem Format brachte der FPMG Supporters Club jahrelang Anhänger und wechselnde Profis zusammen. Ende November 2013 gab sich Oscar Wendt in der lockeren Runde erstaunlich offen und sprach über die Schwierigkeiten in seiner Anfangszeit bei der Borussia. Die Fans vor Ort beeindruckte die Offenheit des Schweden und dessen authentische Art, mit Rückschlägen umzugehen und offen zu eigenen Schwächen zu stehen. Wir möchten hier gar keine Details ausplaudern, denn das Format lebte immerhin davon, dass nichts nach außen drang. Wir finden aber: Die von Wendt an den Tag gelegten Eigenschaften wie Nachdenklichkeit und Selbstkritik gibt es im Business Fußball viel zu selten. Es zeichnet Oscar Wendt aus, dass er sie an den Tag legt!

Der legendäre Gruß an die Ostgerade

Dass er auch die rauen Emotionen und Gesten beherrscht, wissen wohl deutlich mehr Menschen. Nahezu legendär ist auch heute noch sein Mittelfinger gegen die wieder einmal überkritische Ostgerade. Rückblick: Im April 2013 ist es unruhig rund um den Borussia-Park. Im Spiel gegen Greuter Fürth läuft es zu Beginn durchwachsen und Wendt, der immer mal wieder kritisch gesehen wird, wirft einen Einwurf zu ter Stegen zurück. Die Ostgerade springt pfeifend auf und macht Wendt deutlich, was sie vom Rückpass hält. Seinen anschließenden nonverbalen Wutausbruch im Effenberg-Stil gegen die Sitzplätze feiert die Nordkurve nahezu frenetisch. Das Feuer war zurück im Borussia Park, die Nordkurve hinter Wendt und der bereitete – zur Sachlichkeit zurückgekehrt – das 1:0 vor. Eine überragende Geschichte!

Dass Wendt auch fußballerische Feinkost liefern kann, bewies er spätestens in der ersten Halbzeit in Manchester gegen City in der Champions League-Saison 2015/16. Gemeinsam mit Johnson spielte er 45 Minuten lang die rechte Seite der Citizens schwindelig. Wir sind heute noch beeindruckt von dem kongenialen Zusammenspiel dieser beiden unterschätzten Fußballer und verschweigen deshalb auch bewusst den Gesamtausgang des Spiels.

Borusse för alltid, Oscar!

Dass Oscar Wendt ein großartiger Fußballer ist, müssen wir nicht erwähnen. Das sind alle Spieler, die es über Jahre im Profifußball schaffen, dort von allen Trainern immer aufgestellt werden und die neben Ligaeinsätzen auch in der Champions- und Europa League sowie ihrer Nationalmannschaft glänzen. Oscar Wendt ist aber eben auch ein großartiger Mensch und bleibt für uns MitGedacht.’ler daher immer ein waschechter Borusse! Dass er gegen Ende seiner Karriere zu seinem Heimatverein zurückkehrt und nicht irgendwo in Dubai nochmal ein paar weitere Millionen mitnimmt, finden wir super. Es zeigt, dass in ihm ein Stück Fußballromantik steckt!

Falls Du das lesen solltest, lieber Oscar: Wir sind stolz, dass Du 10 Jahre lang das Trikot mit der Raute getragen hast. Spieler wie Du sind es, wegen denen wir Fans als Kinder unser Herz an den Fußball verloren haben. Du bist nicht beim erstbesten Angebot weitergezogen, sondern hast über Jahre alles für unseren Klub gegeben. Du hast alle Höhen und Tiefen mit diesem glorreichen Verein durchgemacht. Du hast in schweren Stunden Kritik ausgehalten und bist im Triumph nie abgehoben. Für uns bist und bleibst Du der ewige Oscar, der immer da war und immer geliefert hat.

Im Borussia-Park wirst Du immer willkommen sein. Und irgendwann werden wir Dich hoffentlich alle zusammen gebührend verabschieden. Tack, Oscar! Danke! Mach’s gut!

Foto zu diesem Beitrag: Imago Images

20 Gedanken zu „Tack, ewiger Oscar!

  • 24. März 2021 um 19:21
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    Toller Bericht,alles zutreffend 👏🏻👍🏻

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    • 24. März 2021 um 20:00
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      Wenn Oscar den Bericht liest wäre das wirklich schön. Echt klasse geschrieben toller Inhalt. Wer ihn aber unbedingt lesen sollte wäre unser flüchtiger noch Trainer. Dann würde er vielleicht lernen nicht mit so großen Worten herum zu jonglieren um dann wenn man in Dortmund Panik bekommt und herum heult weil es nicht läuft und nicht mit den Trainern zurecht kommt, sofort wegzulaufen. Um den doch so armen BVB zu retten. Auch mit Klausel im Vertrag einwenig mehr Beständigkeit stünde auch einem Marco Rose besser zu Gesicht. Ich denke aber der BVB bekommt den Geist Kloppo’s nicht los. Und das wird auch nicht der Marco Rose schaffen, Herr Witzen!!!!!!

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  • 24. März 2021 um 19:28
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    Ein toller Beitrag.Danke
    Schau Oscar du warst immer mein Bester

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  • 24. März 2021 um 19:38
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    DAS sind wunderbare Worte für einen richtig guten Typ und tollen Spieler. Dankeschön dafür, spricht mir aus der Seele.

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    • 24. März 2021 um 23:30
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      Dem ist nichts hinzuzufügen 🙂 hab die Kritik an Dir lieber Oscar nie verstanden. Danke für die vielen tollen Momente der Erinnerungen 😉
      Bleib so wie Du bist und vor allem gesund!

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      • 30. März 2021 um 13:21
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        Ich kann dem nichts mehr hinzufügen. Danke für alles, Oskar!

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  • 24. März 2021 um 19:39
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    Ein ganz Großer auf dem Platz und in der Kabine, wir werden dich nie vergessen!

    Antwort
  • 24. März 2021 um 19:57
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    Danke Oscar, alle Borussia Trikots die ich besitze haben keinen Flock außer eins und da steht Wendt drauf.
    Passender Artikel!

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  • 24. März 2021 um 22:44
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    Super Text, trifft den Punkt ! Einen ganz herzlichen Dank an Oscar für seine Leistungen, seine Treue und für sein „unauffälliges“ auftreten ! Schade, dass er geht, aber ich kann es verstehen. Rose sollte sich ne Scheibe abschneiden, aber das ist am Ende naives Wunschdenken. Das es auch anders geht zeigte Oscar. Alles Gute für Dich in der Zukunft und bleibe gesund !

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  • 24. März 2021 um 23:13
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    Ein ganz Grosser unseres Vereins verlässt uns.

    Danke Oskar für Alles.

    Bleib gesund und mach Dir noch ein schönes Jahr beim IFK, oder auch zwei.

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  • 24. März 2021 um 23:35
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    Privat wohl freundlicher Junge mit netter Frau und hübschen Kindern und zufällig Nachbar von mir hier in Krefeld-Bockum. Gesprochen hat er in 10 Jahren mit niemandem in der Straße. Trotzdem schade, dass sie bald ausziehen. Wer weiß, wer kommt? Wer so lange Profifußball spielt in der Bundesliga, wird es wohl können. Das er es kann, habe ich leider nur selten gesehen. Sorry, Nachbar. Alles Gute und weiterhin viel Gesundheit.

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    • 25. März 2021 um 8:34
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      “Das er es kann, habe ich leider nur selten gesehen”.

      299 Pflichtspiele (so viele wie kein Anderer) sagen wohl alles über diesen Mann.
      Oder hatten Favre, Schubert, Hecking und Rose immer Tomaten auf den Augen.

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  • 25. März 2021 um 7:20
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    Alles gute auch nach der Zeit bei unserer Borussia (der wahren Borussia)
    Der Bericht ist super und entspricht der Wahrheit.

    Antwort
  • 25. März 2021 um 11:13
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    „Oder hatten Favre, Schubert, Hecking und Rose immer Tomaten auf den Augen.“
    Da in dem Satz das Fragezeichen fehlt, weiß ich jetzt nicht, ob Gerry eine Feststellung trifft oder etwas in Frage stellt?! Natürlich hatten die genannten Trainer keine Tomaten auf den Augen. Aber auch jahrelang keine Alternative. Als Daems noch spielte, saß Oscar meist auf der Bank. Und als Poulsen, der Einwurfweltmeister, für 4 Miil. gekauft wurde, blieb wieder nur Wendt übrig. Bis Bensebaini kam. Jetzt sitzt er wieder auf der Bank. Nochmals: Sehr sympathischer Mensch, guter Fußballer, selten verletzt. Aber jetzt ist auch gut.

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    • 26. März 2021 um 15:20
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      Du beweist auch unter wirklich jedem Beitrag, dass Unwissenheit nicht vor einer Meinung schützt.
      Und das ja wirklich zu/bei allem und jedem, herrlich. Ich bedanke mich mal im Namen aller.

      Schöner Beitrag, schönes Wochenende allen Borussen!

      Antwort
  • 27. März 2021 um 9:37
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    Ich möchte mich ebenfalls den guten Wünschen für Oscar anschließen. Gerade die Bodenständigkeit unterscheidet ihn von vielen selbst ernannten Möchtegern Stars ! Alles gute auf dem weiteren Weg und viel Freude für das neue ankommen in der alten Heimat!
    Halt Pohl Borussia

    Antwort
  • 27. März 2021 um 9:48
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    Eine tolle und feine Würdigung für Oskar Wendt! Er ist einer den ich nie vergessen werde. Ich reihe ihn in meiner Hitliste zu Hans Günter Bruns , Jürgen Wittkamp, Jupp Heynckes, Ewald Linien, Hans Jörg Criens, Uwe Rahn, Thomas Kastenmaier oder Filip Daems ein. Sicher habe ich den einen oder anderen noch vergessen. Will sagen – DANKE OSCAR – !!! Vergessen werde ich nie das Tor gegen Bayern München, als ich in direkt hinter der Trainerbank saß und mich Sky, beim Jubeln, groß eingefangen hatte. Vlt werde ich auch meine Lieblingszahl von 27 in 17 ändern.

    Antwort
  • 27. März 2021 um 14:56
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    Für mich wird der sympatische, disziplinierte und mannschaftsdienliche Oskar als Rückpasskönig in die Geschichte eingehen. Kaum ein Spieler spielte in aussichtreicher Situation so oft den Ball nach hinten wie er. Und je älter er wurde, desto häufiger war das so.
    Zu selten suchte er die 1 gegen 1 Situationen auf dem linken Flügel, um den finalen Pass hinter die Kette des Gegner spielen zu können. Und wie ein Vorredner hier schon zutreffen bemerkte….es fehlten oft und lange die Alternativen auf der linken Seite. Das ist nun dank unserer Scouting Abteilung anders und mir ist eben ein Bensebaini lieber, der noch genug Feuer im Hintern hat und in fast jeder Situation versucht das Maximale heraus zu holen. Ob gelbe Karte oder nicht…..
    Unabhängig von alle diesen Fakten wünsche auch ich Oskar Wendt auf seinem weiteren Weg alles Gute und habe gr. Respekt vor seiner Treue zu unserer Borussia.
    Er ist im Borussia-Park immer herzlich willkommen…….alles Gute Oskar.

    Antwort
    • 28. März 2021 um 18:03
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      Rückpasskönig Oskar? Dann hast Du aber die Saisons 16/17 und 17/18 nicht verfolgt.
      Da spielte ein gewisser Herr Vestergaard für die Borussia….

      Antwort
      • 30. März 2021 um 13:44
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        ja stimmt, da spielte Vestergaard für unsere Borussia, aber eben als Innenverteidiger und nicht auf dem Flügel, wo man oft durch eine schnelle und erfolgreiche 1gegen1 Situation den torentscheidenden Pass hinter die Kette des Gegners setzen kann.
        Davon abgesehen hat uns Vestergaard bei seinem Abgang ja ein paar Mio. in die Kasse gespült, also man hat durch seine Verpflichtung deutlichen Gewinn erwirtschaftet. Da darf er als Innenverteidiger auch einmal mehr zurück spielen……

        Antwort

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