Trauriges Ende eines teuren Missverständnisses

Nun ging alles schneller als gedacht: Adi Hütter ist nach nur einer Saison nicht mehr Trainer von Borussia Mönchengladbach. Der Österreicher verabschiedet sich mit Stil und ohne großes Nachtreten. Dabei hätte er jeden Grund dazu. Unsere Verabschiedung!

Als Adi Hütter im vergangenen Frühsommer als neuer Trainer von Borussia Mönchengladbach vorgestellt wurde, waren wir MitGedacht.‘ler ziemlich euphorisch. In Hütter sahen wir genau den richtigen Trainer, der das Schiff Borussia gemeinsam mit Max Eberl wieder in ruhige Gewässer steuern sollte. Einen Mann, der in seinen letzten Stationen in Bern und Frankfurt unaufgeregt zu Werke ging, sportlich attraktiven Fußball spielen ließ und dabei nach außen hin menschlich zu überzeugen wusste. Nach dem turbulenten Ende der „Ära Rose“ aus unserer Sicht genau die richtige Wahl, was wir auch in einem Sonder-Podcast im Juli 2021 noch einmal herausarbeiteten. Damals bescheinigten uns viele Weggefährten Hütters: “Das wird klappen mit Euch und dem Adi! Ihr werdet Spaß zusammen haben!”

Diese Aussagen waren – so offen müssen wir heute sein – ein Trugschluss! Es hat nicht gepasst zwischen Adi Hütter und Borussia Mönchengladbach, was keinesfalls dem Trainer alleine anzulasten ist. Vielmehr ist das Scheitern des „Projekts Hütter“ eine Melange aus einer Mannschaft, die dieses Wort in ihrer Gänze nicht verdient hat, einer Management-Ebene, die Fehler gemacht hat, vielen in ihrer Tiefe noch gar nicht abzuschätzenden Folgen der Corona-Pandemie sowie eben auch dem Zutun von Adi Hütter selbst. Denn das steht eben auch auf einer Seite der Medaille: Natürlich trägt auch Hütter eine Mitschuld!

Eine Menge nicht planbarer Nebenkriegsschauplätze

Was man dem Österreicher dabei zu Gute halten muss: Er hat sich dabei nach außen hin stets korrekt verhalten, hat nie groß geklagt über die vielen nicht planbaren Nebenkriegsschauplätze, die sich in den vergangenen 10 Monaten rund um den Borussia Park aufgetan haben. Er hat im vergangenen Sommer nicht gemeckert, als klar wurde, dass Borussia auf dem Transfermarkt nicht so zuschlagen kann, wie es ihm Max Eberl im April bei intensiven Treffen im Salzburger Land noch in Aussicht gestellt hatte. Er hat auch in der Folge personelle Engpässe zu Saisonstart nie als Entschuldigung angeführt. Hütter hat auch nicht aufbegehrt, als Max Eberl ihm offenbarte, den Klub kurzfristig verlassen zu wollen. Und er nahm auch viele (teils heftige und an die Medien durchgesteckte) Kritiken aus Spielerkreisen nach außen stets gelassen hin.

Im Endeffekt ist in diesem Mai 2022 nichts mehr so wie es noch in Hütters Anfangszeit war und ehrlich gestanden können wir uns nicht im Ansatz vorstellen, wie Adi Hütter diese Saison innerlich zugesetzt haben muss. Es muss den Trainer verrückt gemacht haben, dass er sich nach dem bitteren Ende in Frankfurt zum zweiten Mal im Zentrum klubinterner Turbulenzen wiederfand. Dass sein sportlicher Plan mit Borussia überhaupt nicht aufging. Dass sich die Mannschaft teils selbst hingab und in gleich neun Spielen drei oder sogar mehr Gegentore kassierte. Dass er sich mehrfach offen bei den Fans entschuldigen und um Verzeihung für diese Auftritte bitten musste. Um diese Erlebnisse ist Adi Hütter nicht zu beneiden und wir uns aufrichtig bei ihm bedanken, dass er in dieser Zeit nicht noch mehr Unruhe in die „Daily Soap Borussia“ gebracht hat.

Hütter hat sich selbst isoliert

Wir hätten uns sicherlich ein anderes, positiveres und vor allem späteres Ende der Zusammenarbeit zwischen Hütter und Borussia gewünscht. Zur ganzen Wahrheit gehört dann aber wie angedeutet eben auch, dass es einfach nicht mehr weitergehen konnte. In diese Lage hat sich Hütter mannschaftsintern selbst manövriert. Dass viele arrivierte Spieler aus der Clique Kramer, Ginter & Co. mit dem Trainer gebrochen haben, ist inzwischen mehr als bekannt. Die Frage, ob es eine gute Entwicklung ist, dass Spieler den Daumen über einen Trainer heben oder senken können, steht dabei auf einem anderen Blatt. Fakt ist: Auch wenn die Verantwortlichen um Roland Virkus und Steffen Korell es nur ungern taten, musste der Verein reagieren. Die taktischen Defizite waren offensichtlich, die menschlichen Zerwürfnisse eklatant. Und weil der Klub nicht alle Spieler für einen Trainer austauschen kann, ist das Ende der Zusammenarbeit richtig und wichtig für die Zukunft Borussias.

Adi Hütter sowie seinen Co-Trainern Christian Peintinger und Armin Reutershahn wünschen wir für die Zukunft viel Erfolg und Glück. Die Art und Weise, wie sich Hütter am Samstag von Borussia Mönchengladbach verabschiedete, verdient Respekt und Anerkennung. Dennoch wird die Verpflichtung dieses Trainerteams – so ehrlich müssen wir sein – als eines der teuersten Missverständnisse in die Geschichte Borussias eingehen. Hoffentlich hast Du, lieber Adi, woanders wieder mehr Erfolg und findest bald einen neuen Job. Dem Verein wünschen wir nun ein glückliches Händchen bei der Nachfolgersuche. Wir werden diese morgen im Podcast noch einmal genauer beleuchten!

6 Gedanken zu „Trauriges Ende eines teuren Missverständnisses

  • 15. Mai 2022 um 13:26
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    Da sieht man mal wieder, was für ein Gewicht Spieler haben können, egal was sie für eine Leistung bringen, am Ende sind es immer die Trainer, die den Kürzeren ziehen.

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    • 15. Mai 2022 um 15:19
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      Mensch Dieter, in diesem Business ist nun mal der Trainer bekanntermaßen das kleinste Glied in der Kette. Die Trennung war richtig, die fehlende defensive Stabilität ist schon dem Trainer anzulasten und wenn etwas zwischenmenschlich nicht funktioniert, gehören immer beide Seiten dazu. Mitgedacht hat die taktischen Defizite und menschlichen Zerwürfnisse treffend benannt! Es tut mir dennoch für Adi Hütter leid, denn er wurde schon von Vereinsseite etwas verschaukelt, indem man ihm andere Voraussetzungen zugesagt hatte. Letztlich war alles ein großes Missverständnis und jetzt sollten wir das Thema abhaken und nach vorne schauen.

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      • 16. Mai 2022 um 11:46
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        Das einzige, was man Herrn Hütter ankreiden kann, ist, dass er all die Söldner nicht rigoros auf die Bank oder Tribüne verbannt hat. Aber auch hier hat man ja gesehen, welchen Shitstorm er sich hat anhören müssen als er Ginter auf die Bank platziert hat (wie kann man einen Nationalspieler auf die Bank setzen) meiner Meinung nach völlig zu Recht, da seine Leistungen hinten in keinster Weise gerecht wurde. Kein Spieler ist größer als der Verein.

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  • 15. Mai 2022 um 14:25
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    Passend geschrieben. Es musste jetzt passieren und es verdient Respekt wie Adi nun geht. Nächste Saison wird neu angegriffen, mit welchen Spielern werden wir sehen, ich bin guter Dinge, dass ein paar verkauft werden und auch dass die die bleiben, wieder zu Borussen werden!
    Nun hoffe ich, dass der neue Trainer voll einschlägt… Favre würde wirklich wie die Faust aufs Auge passen, hat er uns damals gar in einer deutlich schlechter aufgestellten Situation übernommen. Aber es bleibt der fade Beigeschmack des damaligen Abgangs und ob etwas 2x funktioniert ist auch fraglich… Hmm. Weinzierl wäre ja nun auch auf dem Markt,mit ihm hat Gladbach sich ja schon mehrfach beschäftigt, könnte m.E. nach auch passen. Da könnte man wieder was aufbauen. Vor allem spielt er nicht mit Dreierkette 😉
    Bitte nicht Hecking, das ist nix die Ewigkeit.
    Ich denke und hoffe dass die Entscheidung zwischen Favre und Weinzierl fällt.
    Dann mit Hofmann und Sommer verlängern, gute Transferentscheidungen und dann kann ich die neue Saison nicht erwarten… Gerade vorbei und schon wieder Bock – gestern war einfach ein guter Abschluss, Torfestival, gute Stimmung, “Versöhnung” zwischen Fams und Mannschaft und Hütter weg. Mehr ging gestern nicht .. Freu mich auf die letzte Podcast Folge 😀

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  • 15. Mai 2022 um 15:02
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    “Der Österreicher verabschiedet sich mit Stil und ohne großes Nachtreten. Dabei hätte er jeden Grund dazu.”

    Nein, er hätte überhaupt keinen Grund zum Nachtreten gehabt. Wenn man als Trainer nach 10 Monaten die schlechteste Saisonbilanz für unseren Verein in 11 Jahren vorweisen kann, dann stellt sich vielmehr die Frage, warum der Verein nicht schon viel früher reagiert hat. Was die Korrektur von Missverständnissen angeht, hat der Brausegesöffproduzent ja gezeigt, was ein rechtzeitiger Trainerwechsel bewirken kann. Unser Verein hat zum Trainer gestanden und dieses Festhalten ist in keinster Weise durch sportliche Erfolge honoriert worden, im Gegenteil.

    Dann lese ich auch immer wieder, dass Hütter Respekt und Anerkennung für seine Verabschiedung in Gladbach verdient. Korrigiert mich, wenn ich etwas Falsches sage, aber nach meinen Informationen erhält er die volle Abfindungshöhe. Respekt und Anerkennung hat ein Lucien Favre verdient, der von sich aus die Reissleine gezogen hat, zu einem Zeitpunkt als nichts mehr lief und somit auf die ihm zustehende Ablöse verzichtet hat.

    Wir alle können nur hoffen, dass Virkus ein glücklicheres Händchen bei der Trainersuche haben wird, als sein Vorgänger vor einem Jahr und uns damit eine 3. Saison gespickt mit desolaten Vorstellungen und Peinlichkeiten erspart bleiben wird.

    Namen mit potentiellen Nachfolgern werden ja schon einige herumgereicht: Neben dem geschätzten Favre sollte man sich auch einen Breitenreiter anschauen. Wer es geschafft hat, aus einem Abstiegskandidaten innerhalb eines Jahres den souveränen Schweizer Meister zu formen, sollte auch bei uns ein Kandidat sein. Allerdings wären wir dann vermutlich auch wieder beim Thema Ablöse.

    Adi Hütter kann man jedenfalls nur mehr Glück bei der nächsten Trainerstation wünschen. Die Zeit bis dahin ist ja zumindest finanziell bestens abgesichert. Ein Sozialfall wird er mit Sicherheit nicht.

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  • 15. Mai 2022 um 15:42
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    Ich kann mich nur wiederholen, bei all den Versprechen die Hütter dazu bewogen haben zu uns zu kommen, hängt da nicht nur Eberl in der Verlosung drin, sondern auch ein Entscheider aus dem Finanzsektor der Borussia. Dazu die abwanderungswilligen Spieler die aus mehreren Gründen leider im Kader standen, und mit denen ein Trainer dann arbeiten muss obwohl beide Seiten das nicht wollen. Wären wir innerhalb der Mannschaft mit so vielen Granaten an Spielern bestückt wie sie es nach ihrem Selbstverständnis sind, müssten uns ja jetzt jede Menge Millionen Angebote ins Haus flattern. Das ganze Konstrukt ist ausgelutscht und wackelig und Hütter war zur falschen Zeit am falschen Ort. Seine Spielweise braucht bissige und läuferisch extrem starke Spieler, und keine Mannschaft die Woche für Woche mit der schlechtesten Laufleistung aufwartet. Das mindestens sechs, sieben Spieler fast eine ganze Saison unter dem spielen, was sie spielen können, wird von Virkus hoffentlich richtig erkannt, und da gilt es zu handeln. Ich bin davon überzeugt das natürlich auch Hütter einige Dinge falsch angegangen hat, aber einige in der Mannschaft gehören ausgetauscht. Ich wünsche Herrn Hütter alles Gute, und Virkus ein gutes Händchen diesen Sommer.

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