Warum nicht immer so?

Der VfB kam als eine der besten Mannschaft der Rückrunde in den Borussia-Park – und verließ ihn als geschlagene Truppe. Überrannt und an die Wand gespielt von einer furios aufspielenden Borussia. Eine Fohlenelf, die wieder an die grandiosen Spiele der Hinrunden erinnerte. Unser Nachbericht.

Es war die 47. Spielminute, in der alle Gladbacher-Anhänger einmal kurz den Atem anhielten. Die Stuttgarter dribbelten auf der linken Außenbahn, Flanke in die Mitte und der eben frisch eingewechselte Kravets stand völlig blank beim Kopfball. Doch anders als gegen Hamburg oder in Augsburg zappelte das runde Leder nicht im Netz sondern in den Pranken von Keeper Yann Sommer. Es war die vielleicht entscheidende Szene in einer ereignisreichen Partie unter Flutlicht. Im Eishockey sowas wie der „game winning save“, am Mittwochabend der Startschuss für eine grandiose zweite Hälfte.

Viele kleine Geschichten

Betrachtet man die 90 Minuten in ihrer Gesamtheit, so könnte man viele kleine Geschichten erzählen. Etwa die von der zurück gewonnenen Defensivstabilität, bei der Granit Xhaka endlich wieder die defensive Rolle im Zusammenspiel mit Mo Dahoud einnahm. Dies ermöglichte dem quirligen 20-jährigen Talent sich komplett zu entfalten – ohne die Angst, jeder Fehler könnte teuer bestraft werden. Oder aber die Geschichte der Nordkurve, die sich so gar nicht zerrissen oder gespaltet zeigte, wie es einige „Experten“ vorausgesagt hatten. Ganz im Gegenteil: Für einen Mittwochabend präsentierte sich die Nordkurve sogar gut – und zwar geschlossen gut.

Oder die Geschichte von Dauerbrenner Oscar Wendt, der nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung die ersten Bundesligaminuten dieser Saison verpasste und dennoch die defensive Stabilität nicht verloren ging. Es sind diese vielen kleinen Nebenschauplätze, die zur großen Geschichte taugen würden. Doch für die größten Emotionen sorgte zweifelsfrei eine andere kleine Story: Das Heimspiel-Comeback von Mittelfeld-Motor Patrick Hermann!

Sportlich wie emotional extrem wichtig

Exakt 31 Sekunden nach seiner frenetisch bejubelten Rückkehr auf den Rasen des Borussia-Parks, wurde Herrmann von Dahoud perfekt in Szene gesetzt. Eine erste Ballberührung, ein kurzer Blick in Richtung Stuttgarts Schlussmann Tyton und dann rein in die Maschen. Rein ins Glück, rein in die Ekstase und die vollkommene Befreiung nach monatelangem Schundkampf im Kraftraum. Und zu guter Letzt auch die endgültige Entscheidung im Duell mit der schwäbischen Fußballmannschaft aus Bad Cannstatt. Abgerundet wurde der wunderbare Abend für Patrick Herrmann nach dem Spiel, als er auf den Zaun der Nordkurve stieg und ob all der Lobpreisungen und Huldigungen von seinen Gefühlen übermannt wurde. Es waren Szenen, die eindrucksvoll zeigten, wie schön Fußball auch abseits der 90 Minuten sein kann.

Doch was bedeutet der souveräne 4:0-Sieg sportlich genau für die Schubert-Elf und die kommenden Partien? Erst einmal offenbarte die Partie, dass die Truppe eine Reaktion zeigen wollte und auch zeigen kann. Von Anfang ließ die Fohlenelf – von Schubert überraschend im 3-4-2-1-System aufgestellt – dem VfB kaum Platz zur Entfaltung. Die hochgelobten Stuttgarter Kreativköpfe Didavi oder Kostic konnten mitnichten an die bärenstarken Auftritte der vergangenen Wochen anknüpfen. Im Gegenzug spielten Thorgan Hazard und Fabian Johnson die VfB-Außenverteidiger Insua und Großkreutz ein ums andere Mal schwindelig. Die Borussen wollten partout nicht locker lassen. Dass es zur Halbzeit nur 1:0 stand, war daher weniger der Stuttgarter Hintermannschaft zuzuschreiben, sondern vielmehr dem Unvermögen der Gladbacher Offensivakteure.

Woher der Wille? Woher diese Geilheit? Woher diese Befreiung? Fakt ist: Die Schubert-Elf muss die gezeigte Leistung in die nächsten Wochen transportieren. Das Motto: Nicht locker lassen, auch bei einem drei Tore Vorsprung immer noch vorne drauf gehen und die Hintermannschaft zu Fehlern zwingen. Dazu eine beeindruckende Stabilität in der Defensive. Die Frage muss nach so einem Auftritt erlaubt sein: Warum nicht immer so? Spielt die Fohlenelf nur annähernd so stark, sind die internationalen Ränge keine feuchten Träume von uns Anhängern, sondern ein durchaus realistisches Szenario. Allerdings muss die Mannschaft auch weiter genauso geschlossen, kompakt und stilsicher spielen.

Kevin beweist Vollstreckerqualitäten

12810421_1266903253337958_2118878359_oBevor wir unsere Ausführungen schließen, kommen wir nicht umhin, einen kleinen Abschiedsgruß an unseren speziellen Freund Kevin Großkreutz zu senden: Schön ihn wieder in der Bundesliga zu sehen, den Kölner Busenfreund. Und an Tagen wie dem gestrigen zaubert es uns noch viele größere Freude ins Gesicht – denn der Abend war für den leidenschaftlichen „Instagramer“ (der zuletzt ja auch immer mal wieder schöne Grüße an die Nordkurve schickte) tatsächlich ein gebrauchter.

Schon drei Gegentore kassiert, eines dilettantischer als das andere, stolperte er auch noch ein wahrlich unbeholfenes Eigentor (für das er tatsächlich gar nicht viel konnte). Zur falschen Zeit am falschen Ort – erinnerte der Treffer doch irgendwie stark an seine Zeit in Istanbul. Dass er dann wie ein zickiger kleiner Junge kurz gegen den Pfosten trat und dann den direkten Weges in Richtung Kabinentrakt einschlug, passte zum Gesamtauftritt. Aber immerhin können wir festhalten: Glückwunsch zum ersten Saisontor. Und willkommen zurück im Abstiegskampf!

Schadenfreude hin oder her. Für uns waren es wahnsinnig wichtige Punkte. Nun stehen wir vor richtungsweisenden Wochen. Am Samstag geht es nach Wolfsburg, dort ein Sieg und wir verabschieden die Mannschaft aus der Autostadt in die Bundesliga-Mittelklasse – und setzen unsererseits die Berliner Hertha ordentlich unter Druck. Also strömt alle in Massen gen Niedersachsen, gemeinsam mit einer wiedererstarkten Defensive und einem hochmotiviert aufspielenden Patrick Herrmann.

Weiter, immer weiter, VFL…

Foto zu diesem Beitrag: nordkurvenfotos.de

Ein Gedanke zu „Warum nicht immer so?

  • 4. März 2016 um 16:42
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    Hat die Borussia zwei Gesichter.Eines Auswärts eins daheim? Die Wahrheit ist die Konstanz fehlt.Und damit ist es schwer die Europa Plätze zu erreichen.

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