Herzlichen Glückwunsch, junger Mann!

Am heutigen Donnerstag feiert eine echte Borussia-Legende seinen 80. Geburtstag: Hans Meyer. Als eigenbrötlerischer Typ hat Meyer unseren Klub durch viele Leidenszeiten begleitet. Dieser Text soll Glückwunsch und Dank zugleich sein. Denn: Hans Meyer hat für Borussia eine ganze Menge geleistet!

„Laurenz, Lauuurenz!“ schallt es über den Trainingsplatz am Bökelberg – und noch einmal: „Lauuuuuuuuuurenz!“ Wenige Sekunden später rastet Hans Meyer aus. Wild gestikulierend rast er über den Trainingsplatz, verschiebt Spieler und redet wild auf „Laurenz“ ein – und zwar alles in einer Lautstärke, die für Fans, Journalisten und Kiebitze nicht zu überhören und vielleicht sogar nicht immer ganz jugendfrei ist. Vor ihm steht der Adressat seiner “taktischen” Unterweisungen und hört geduldig nickend zu: Lawrence Aidoo.

Für Kinder der 1990er, die mit sechs oder sieben Jahren fußball- und borussiasozialisiert wurden, ist Hans Meyer DER Kulttrainer unserer Borussia. Und wir geben es offen zu: Szenen wie oben beschrieben haben wir MitGedacht.-Jungs als begeisterte Kids am Trainingsplatz des Bökelbergs vielfach mitbekommen. Szenen wie aus einer anderen Zeit, die uns auch heute noch zum Lachen bringen und faszinieren: Meyer konzentriert mit Zunge im Mundwinkel am Trainingsplatz, Meyer mit Brille um den Hals über Fußball philosophierend, Meyer mit spitzbübischem Grinsen und flotten Sprüchen auf Pressekonferenzen oder in Interviews.

Überragend alte Zeiten

Tatsächlich existieren in unseren privaten Foto-Archiven sogar noch Aufnahmen nach dem Training mit Hans Meyer. Bei einem Trainingsbesuch in den Schulferien belehrte er zwei Redaktionsmitglieder übrigens seinerzeit nach dem gemeinsamen Foto: „Und immer schön der Borussia die Daumen drücken!“ Hat wohl geklappt. Kurz danach hievte er sich übrigens – die kurze Anekdote muss noch sein – mit viel Mühe die berühmten Treppen der Bökelberg-Haupttribüne hinunter, um vom Trainingsplatz zu den Kabinen zu kommen. Ach, was waren das noch für alte und überragende Zeiten…

Natürlich ist diese kindlich (und später jugendlich) geprägte Begeisterung für Hans Meyer nur die halbe Wahrheit. Erst über die Jahre haben wir erfahren, dass Hans Meyer durchaus auch mal anders konnte. Teile unzufriedener Spieler beschrieben Borussias Trainer als „selbstherrlich und autoritär“. Sein überstürzter Abgang 2003 nach dem Spiel gegen Schalke 04 (2:2) wurde von der Presse als „Posse“ betitelt. Meyer hatte sich damals mit einigen Spielern überworfen und Kapitän Witeczek sowie Markus Münch suspendiert. Marcel Ketelaer und Daniel Felgenhauer strich er für das Spiel aus dem Kader. Die Risse mit der Mannschaft waren unübersehbar. Meyer selbst aber schob die Unruhe auf eine angebliche Kampagne der Medien gegen seine Person und schoss fast wöchentlich Pfeile gegen die Journalisten ab.

Meyer und Lienen Arm in Arm

Ob Borussia damals – auf Platz 17 der Bundesliga liegend – mit Meyer abgestiegen wäre? Wahrscheinlich! Meyer kam solchen Gedankenspielen aber zuvor und übergab pünktlich zu Karneval 2003 (vier Monate früher als ohnehin geplant) an Ewald Lienen. Die Bilder von Lienen und Meyer nach der Rettung vor der Nordkurve hat wohl jeder Borussia-Fan noch bestens im Gedächtnis. Zu Zweitligazeiten hatten sich Meyer und Lienen (damals noch in Köln) übrigens einige Schlagabtausche auf Pressekonferenzen und via Interviews geliefert. Die beiden letztlich auf dem Rasen des Bökelbergs nach einer regelrechten “Yellow-Press-Saison” Arm in Arm vor der Kurve zu sehen, wirkte versöhnend. Übrigens bejubelte Meyer im damaligen Spiel am 34. Spieltag gegen Bremen jedes Tor intensiv auf der Tribüne mit. Das zeigte schon damals: Dieser Typ trägt Borussia Mönchengladbach sicher im Herzen!

Als Borussia-Fan kann man Meyer offen gestanden auch überhaupt gar nichts verübeln. 1999 löste der damalige Trainer von Twente Enschede Rainer Bonhof nach einem miserablen Zweitligastart ab (0 Punkte nach 3 Spielen, 2:8 Tore). Die anfängliche Skepsis vieler Medienvertreter (WELT: „Ein Herr Meyer soll Mönchengladbach retten!“) wich schnell. Der neue Trainer führte Borussia in seiner ersten Saison auf Platz 5 und stieg in der darauffolgenden in die Bundesliga auf. Dort folgte nach einem Platz 12 in der Saison 2001/02 besagte Chaos-Saison mit Meyers Abschied nach dem 22. Spieltag.

Foto (wie auch Titelbild): Christian Verheyen/Borussia Mönchengladbach
Die „Mutter aller Wintertransferperioden“

Nach einer Kurzstation bei Hertha BSC (selbstredend endend mit dem Klassenerhalt) und einem zunächst überragend erfolgreichen (Klassenerhalt und Pokalsieg) und dann juristisch-schmutzig endenden Gastspiel beim 1. FC Nürnberg, holte Borussias Vereinsführung Meyer im Oktober 2008 wieder zurück auf die Bühne Bundesliga. Die einen sahen darin einen „Akt der Verzweiflung“, die anderen die “beste Kurzfrist-Lösung”. Trotz einer mehr als angespannten sportlichen Situation sorgte Meyer damals für Lacher als er bei seiner Vorstellung über seinen Hund Aldo sagte: „Ich habe bereits mit ihm gesprochen und ihm zugesichert, dass unsere enge Zusammenarbeit fortgesetzt wird.“

Meyers Auftrag bei der Rückkehr war klar und simpel: Klassenerhalt. Jeder Borusse und jede Borussin wissen sofort, was gemeint ist, wenn wir feststellen: Unter Meyer folgte die „Mutter aller Wintertransferperioden“ mit den Zugängen von Bailly, Dante, Galasek (den hatte er übrigens schon nach Nürnberg geholt) und Stalteri. Im Gegenzug mussten Rösler, Voigt, Ndjeng und Svard den Verein verlassen. Am Ende der Saison rettete Meyer Borussia vor dem Abstieg (mit einem damaligen Negativrekord von gerade mal 31 Punkten) und bat im Anschluss selbst um die vorzeitige Freistellung (Vertrag eigentlich noch ein Jahr bis 2010). Sein früherer Co-Trainer Michael Frontzeck übernahm, der Rest ist Geschichte…

Hans Meyer und sein Werk Borussia

Meyer selbst wurde knapp zwei Jahre später ins Präsidium unserer Borussia berufen. Den Posten hat er bis heute inne, wobei sich die Anzeichen verdichten, dass in dem Gremium aus Altersgründen in absehbarer Zeit ein weitreichender Generationswechsel folgen könnte. Ob auch Meyer dann zurücktritt, wird sich zeigen. Über seine Tätigkeit bei Borussia hinaus machte unser Ex-Trainer in der jüngeren Vergangenheit durch diverse überragend-lustige TV- oder Prin-Interviews von sich reden. Beispiele für seine trocken-humoristische Art sind Sprüche wie: „Im Fußball baut man Dir schnell ein Denkmal, aber genauso schnell pinkelt man es an.“ oder „In jedem Kader gibt es fünf richtig blöde Spieler. Von denen würde einer auf jeden Fall unter der Brücke landen, wenn er nicht Fußball spielen würde.” Legendär ist seine Ansprache “junger Mann” an seine jeweiligen Gesprächspartner…

Fakt ist: Hans Meyer ist nicht nur eine Borussia-Legende, sondern einfach auch ein richtig guter Typ. Dabei ist es egal, dass Meyer aus einer anderen, älteren Generation kommt. Meyer steht für seine Werte und Überzeugungen ein, nimmt sich selbst nicht so ernst und lebt den Fußball trotzdem durch und durch. Ohne ihn wäre Borussia vielleicht nicht mehr in die Bundesliga zurückgekehrt. Und mit viel Romantik könnte man zu dem Schluss kommen, dass Meyer mit dem Kaderumbau 2008/09 einen Grundstein für den später folgenden Erfolg mitgelegt hat. Als Repräsentant und Präsidiumsmitglied hat er diese überragende Zeit später jedenfalls definitiv mitgetragen und verantwortet…

Wir gratulieren Dir, lieber Hans Meyer, deshalb aus vollstem Borussia-Herzen zu deinem 80. Geburtstag. Feier schön und bleib so eine „echte Type“, wie du sie bist. Eines ist uns zum Ehrentag sehr wichtig: Borussia Mönchengladbach hat Dir, lieber Hans, eine Menge zu verdanken. Und dafür möchten wir einfach mal DANKE sagen.

Alle Fotos zu diesem Beitrag: Christian Verheyen/Borussia Mönchengladbach

Ein Gedanke zu „Herzlichen Glückwunsch, junger Mann!

  • 3. November 2022 um 23:05
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    Ich wünsche alles erdenkliche Gute zu Ihrem heutigen Ehrentag, vor allem Gesundheit so wie weitere Schaffenskraft für die Borussia, mögen all Ihre Wünsche in Erfüllung gehen.

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