Dann geh doch!

Am Samstag empfängt unsere Borussia ihre Namenscousine aus Dortmund. Im Fokus steht natürlich weiterhin die Aufklärung des miesen Bus-Anschlages. Allerdings dreht sich die Berichterstattung auch um einen Spieler der Fohlenelf. Unser Thema fürs Vorspiel.

Dieter Hecking drückt sich häufig zwar bedacht und gewählt, aber auch klar und ehrlich aus. Borussias Trainer versteht es ziemlich gut, seine Meinung schonungslos und ohne Schnörkel zu artikulieren. Manche legen ihm das als Arroganz aus, wenn er auf einer Pressekonferenz etwa erklärt, warum er Gegner X oder Y momentan gar nicht so stark sehen würde wie der Fragesteller. Wir interpretieren das jedoch als ziemlich gute Einschätzungsgabe. Und diese kam am vergangenen Mittwoch wieder zum Vorschein.

Die Sportbild, zugegeben nicht wirklich unser Lieblings-Blättchen, hatte Hecking nach seiner Meinung zum Thema „Mo Dahoud“ gefragt. Borussias Trainer hielt sich auch hier nicht zurück. Hecking: „Ich finde, dass der Schritt zum BVB nicht der beste für ihn ist – das habe ich ihm auch persönlich so gesagt. Mo ist ein toller Fußballer, aber er hat keine gute Vorrunde gespielt und sich jetzt mal stabilisiert. Es wäre gut gewesen, dies zunächst konstant zu bestätigen.“ Rums! Das hat gesessen!

Dieter Hecking spricht uns aus der Seele. Mal wieder zieht mit Dahoud ein Leistungsträger von dannen – wie Reus, wie Dante, wie ter Stegen, wie Xhaka. Das ist nun einmal das Schicksal unseres Vereins. „Machste nix!“ – müsste eigentlich das einfache Motto aus Gladbacher Sicht heißen. Und dennoch können wir das bei Dahoud nicht sagen. Denn aus unserer Sicht ist dieser Transfer mehr als bitter. Und das nicht nur, weil der 21-Jährige ausgerechnet zur nicht wirklich beliebten Namenscousine nach Dortmund wechselt.

Dahoud ist momentan in einer grandiosen Form. Das war aber – wie von Dieter Hecking angesprochen – beileibe nicht immer so. Vor der vergangenen Spielzeit war Dahoud noch nicht einmal Stammspieler, geschweige denn ein gestandener Profi. Ganz im Gegenteil: Seine Einsatzzeit belief sich vor der Saison 2015/16 auf gerade einmal auf eine Spielminute. Ausgerechnet aus einer Partie gegen Borussia Dortmund, am 11.04.2015.

Zwar gelang dem Deutsch-Syrer in der folgenden Saison der Durchbruch. In der Saisonvorbereitung auf diese Spielzeit im vergangenen Sommer flog er aber relativ überraschend wieder aus der Startelf. Plötzlich hatte unter André Schubert das Duo Strobl/Kramer die Nase vorn. Nicht weil es spielerisch beschlagener ist als der begnadete Ball-Zauberer Dahoud. Eher lag es an einer fußballerischen Krise von Dahoud selbst, der sich im Training darüber hinaus wenig lustvoll präsentierte. Aus dem Verein hörte man sogar, Dahoud würde im Training teilweise arrogant wirken. Im Kopf sei er schon nicht mehr bei Borussia. Schwere Vorwürfe, die wir nicht überprüfen können. Sagen wir es aber mal so: Vorstellbar ist alles – zumal BVB-Trainer Tuchel ja bereits erklärt hat, dass man sehr lange an Gladbachs Nummer 8 gebaggert habe.

Zurück zu Borussia! Natürlich: Nach dem Trainerwechsel in der Winterpause hat sich Dahoud zwar wieder gefangen. Ob es aber nach gerade einmal 56 Bundesligaspielen (48 davon von Beginn) wirklich schon an der Zeit ist den Verein zu wechseln? Wir sind uns da nicht so sicher – zumal der U21-Nationalspieler in der einzig schweren Phase seiner kurzen Profi-Karriere eben keinen stabilen Eindruck gemacht hat. Wer seinem Verein, der ihn trotzdem weiter unterstützt und aufgebaut hat, so schnell den Rücken zukehrt, dem ist wohl nur noch zu wünschen, dass er es auch ein zweites Mal richtig schwer bekommt.

Von absoluter Vereinstreue kann man im Falle Dahoud natürlich ohnehin nicht sprechen. Zugegeben: Für welchen Profi-Fußballer gilt das heutzutage schon noch? Zum Glück haben wir mit Tony Jantschke noch so einen „echten Typen“, dem man abkauft, dass er mit Haut und Haaren für den Verein lebt. By the way: Schön, dass Du verlängert hast, Tony. So gesehen ist uns der Dahoud-Wechsel fast schon wieder scheiß egal. Wirst schon sehen, was Du davon hast.

Immerhin zeigt der Wechsel einmal mehr, wo Borussia in der Bundesliganahrungskette momentan steht. In Dortmund feiert man den Wechsel. Das ist auch das gute Recht des BVB – immerhin bekommen sie einen technisch versierten, laufstarken und mitunter auch torgefährlichen Mittelfeldspieler mit einer Menge Entwicklungspotenzial. Wir hören die Tränen beim nächsten Wechsel eines eigenen Spielers zu den Bayern aber schon aus Aki Watzkes Büro plätschern. Und das ist einer der Punkte, die diesen Verein einfach so wenig „echt“ machen. Selber Hummels, Lewandowski oder Götze hinterherheulen, dann aber bei anderen Vereinen das gleiche machen.

Sei’s drum: Wie damals schon bei Marco Reus muss man als Fan der einzig wahren Borussia einfach wieder einmal konstatieren: Der BVB frisst unsere Spieler eben einfach weg, wir die von Freiburg/Augsburg und Co. Es ist aber beruhigend, dass unsere schwarzgelben Kollegen eben nicht ganz oben stehen, sondern selber ebenfalls gefressen werden.

Apropos gefressen: Nach dem Champions-League-Aus wäre es schön, wenn auch wir den BVB ähnlich „fressen“ wie die Kollegen aus Südfrankreich. Klar, für die Dortmunder waren die vergangenen Wochen sicher nicht einfach. Auch wir als MitGedacht.-Redaktion stellen uns absolut auf die BVB-Seite und distanzieren uns von jeder Art von Gewalt oder Terror. Allerdings sind die falschen Borussen – Hin- und Rückspiel betrachtet – auch absolut verdient ausgeschieden und sportlich aktuell keine absolut unlösbare Aufgabe.

Ganz sicher konnte Dieter Hecking einige Schwachstellen beim BVB ausmachen. Und ganz sicher wird Hecking diese auch offen und schonungslos angesprochen haben. Bleibt zu hoffen, dass alle Spieler Vollgas geben und den BVB sportlich niederringen, um den großen Europa-Traum, der weiter über dem ganzen Verein geistert, aufrechtzuerhalten. Auch diese Spieler, die schon mal schnell mit dem Kopf woanders sind…

Foto zu diesem Beitrag: twitter.com/borussia

8 Gedanken zu „Dann geh doch!

  • 21. April 2017 um 18:48
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    Wie immer sehr gut und 100%ig auf den Punkt gebracht. Ich denke auch, dass es für Mo Dahoud in Dortmund schwer werden wird, sich durchzusetzen, wünsche ihm aber trotzdem, auch wenn dieser Wechsel bedauerlich für uns ist, viel Glück.

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  • 21. April 2017 um 20:42
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    100% richtig interpretiert.Ich glaube nicht das Dahoud sich bei acht-neun Mittelfeldspielern durchsetzt.Zumal Dortmund einige bessere hat.Aber zumindest kann er auf der Bank mehr Geld zählen als bei uns.

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  • 21. April 2017 um 23:23
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    Auch ich denke, dass der Dahoud-Teil sehr treffend geschrieben ist. Ein weiteres Jahr bei uns und ein bisschen mehr Demut, gegenüber dem Verein, der ihm die Chance gegeben hat im Profifußball Fuß zu fassen, hätte ich schon angebracht gefunden!
    Allerdings finde ich den Teil gegen die falsche Borussia ein bisschen ‘pissig’ überzogen geschrieben, meiner Ansicht nach hätten sie ein Weiterkommen in der Champions League durchaus verdient gehabt, schon allein nach den beiden ersten irregulären Toren im Hinspiel!

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    • 23. April 2017 um 18:14
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      Die Zeiten wo sich Spieler mit dem Verein indendifiziert haben sind lange vorbei. Abgesehen von unserem Tony. Wenn ein Spieler kommt und schon eine Klausel im Vertrag hat, weiß man schon wo die Reise hingeht. Und die “armen” Spielervermittler wollen schließlich auch ihr Geld verdienen!
      Heute noch auf die Raute geküsst und morgen den Abflug verkündet. So läuft das heute halt!
      Für die Treuen der Treusten Fans schwer zu ertragen! Schade aber da wird sich auch nichts mehr ändern..jedenfalls für die kleineren Clubs, zu denen wir halt immer noch zählen! Doch die Hoffnung stirbt….

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  • 22. April 2017 um 9:46
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    Wieder mal ein sehr guter Bericht von euch. Ich glaube auch, dass er in der Hinrunde nur deshalb so schlecht war, weil er da schon wusste, nicht länger für unsere Borussia spielen zu wollen. Da lockte zu sehr das grosse Geld. Was soll es, egal denn Borussia wird auch diesen Abgang verkraften und Leute, die nicht hinter seinem Verein stehen, wollen wir doch eh nicht haben. Auf einen wichtigen Sieg heute Abend .Denn es gibt nur eine Borussia. …..

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  • 22. April 2017 um 11:23
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    Ich sage nur BENES ~ in ein paar Monaten weiß niemand mehr wer Dahoud ist…..

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  • 22. April 2017 um 12:18
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    Ui, da sitzt die Vereinsbrille bei der Betrachtung aber ziemlich eng.

    Das Gegenteil ist richtig: Aus Dahouds Perspektive leider der richtige Transfer zum richtigen Zeitpunkt. In der Hinrunde hat er auf der Bank gehockt, wurde von Eberl in der Krise der Hinrunde öffentlich ausgeguckt als einer derer “die sich nicht richtig weiterentwickeln”. Schon als ich das damals las dachte ich “jetzt wird der sowieso nicht verlängern”, so war es dann auch.

    Unter Hecking darf Dahoud wieder spielen, nur hatte er jetzt ja in den letzten anderthalb Jahren drei Trainer, wer weiß wie das dann beim nächsten ist. Als Perspektive bekommt er bei der richtigen Borussia “Einstelligkeit und wenn einer von den großen schwächelt vielleicht Europa” geboten, beim BVB “Champions League”. Warum sollte er also nicht wechseln?

    Geld spielt natürlich auch eine Rolle, aber dieses typische Gerede von “der ist zu gierig und denkt nur an Geld und überhaupt der gierige Berater” enttäuschter Fans ist dann auch etwas billig. Da muss sich unsere Borussia schon an die eigene Nase packen, wenn man die Perspektive für so einen Spieler über das rein monetäre hinaus betrachtet.

    Und was Konkurrenz beim BVB angeht: Dahoud braucht sich doch vor Spielern wie Rode oder Kagawa nicht verstecken. Richtige Konkurrenz für ihn sind Weigl und Castro, und auch der BVB wird nicht mit einer zentralen Mittelfeldbesetzung durchgehend die ganze Saison bestreiten. Da wird er mit Sicherheit seine Spielzeit bekommen, zumal Dahoud flexibel ist und 6, 8 oder 10 spielen kann.

    Schade dass er geht, einer der letzten Spieler bei uns der etwas “Besonderes” hat. Aus seiner Perspektive aber leider ein völlig nachvollziehbarer Wechsel.

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  • 29. April 2017 um 12:39
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    Ich habe bei vielen Gladbachern Spielern den Eindruck, dass ihnen was am Verein liegt. Raffael hätte schon längst zu international höher angesehenen Vereinen wechseln können, Flaco stürmt auch schon seit langer Zeit über unsere Flügel und, vielleicht auch wegen Verletzungen, macht er keinen Eindruck als wäre er unzufrieden hier. Neuzugang Tobi Sippel heizt bei jedem Spiel von der Bank aus dem Team ein und fiebert mit. Christoph Kramer ist aus Leverkusen zurück gekommen, weil es ihm hier gefällt und er sich hier höhere Chancen ausrechnet. Heimi darf auch nicht vergessen werden. Und abseits der Spieler hat man bei Charakteren wie Max Eberl und Hans Meyer den Eindruck, sie wären gerne in Mönchengladbach. Auch in anderen Vereinen gibt es solche ikonischen Figuren noch (Fritz, Höwedes oder Hector). Aber für viele Profis ist es halt auch nur ein Beruf und ich finde es schade, dass Mo jetzt niedergemacht wird. Außerdem haben wir Augsburg damals Hahn abgekauft, wir haben Hannover Stindl abgekauft und auch Bremen haben wir Vestergaard abgekauft, damit hat auch unsere Borussia bewiesen welche Vereine in der “Bundesliganahrungskette” unter uns stehen, so ist halt das Geschäft. Ich finde die Kommunikation von Hecking zum Wechsel deutlich angebrachter, als beleidigt zu sein und den Spieler mies zumachen,das ist nicht die feine Gladbacher Art.

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