Endlich eine Nagelprobe bestehen!

0:1 hieß es am Ende aus Sicht unserer Borussia vergangenes Wochenende gegen den Dortmunder Rivalen. Marco Rose hatte das Spiel im Vorfeld als Nagelprobe bezeichnet. Diese hat Borussia in unseren Augen leider nicht bestanden – wenn auch nur knapp. Gegen die AS Rom folgt nun eine weitere Nagelprobe, in der Borussia nun endlich beweisen muss, dass sie auch starke Mannschaften schlagen kann.

Etwas irritiert nahmen wir einen Bericht der Rheinischen Post dieser Tage zur Kenntnis. Die RP griff darin Roses Nagelproben-Aussage ebenfalls auf und kam zu dem Schluss Borussia habe sie – mit Einschränkungen – bestanden. So richtig klar wird uns nicht, wieso das der Fall sein soll. Schließlich hat die Mannschaft erneut ein Spiel gegen ein Spitzenteam verloren. Eine Niederlage als bestandene Probe zu bezeichnen wird dem Potential dieses wirklich starken und immer besser werdenden Kaders nicht gerecht!

B-Note bleibt B-Note

Es ist sicher richtig, dass Borussia am Samstag ein gutes Spiel hinlegte und zumindest einen Punkt verdient gehabt hätte. Die berühmte B-Note eben. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr – als es in Dortmund ebenfalls eine knappe Niederlage setzte, bei der unsere Mannschaft spielerisch allerdings deutlich unterlegen war – konnten Fans und Verantwortliche zwar erkennbaren spielerischen Fortschritt feststellen, doch am Ende standen abermals keine Punkte zu Buche. Und über die B-Note redet schon in wenigen Wochen nun mal niemand mehr.

Ebenso wie eine spielerisch eher schwächere Leistung gegen Düsseldorf in ein paar Wochen keine Rolle mehr spielen wird, weil es eben zu drei Punkten reichte. Inwiefern wurde die Nagelprobe also bestanden? Unsere Meinung: Sie wurde allenfalls etwas knapper nicht bestanden. Dass sich die Mannschaft in ihrer aktuellen Verfassung in Dortmund nicht abschlachten lässt, durfte vorausgesetzt werden. Zumal die Dortmunder nicht mit breitester Brust antraten. Es ließ sich also eine Entwicklung erkennen, doch der viel zitierte „nächste Schritt“ hätte anders ausgesehen.

Cleverness & Kaltschnäuzigkeit: Der BVB lieferte, was Borussia fehlt

Roses Mannschaft hatte die Elf seines Gegenübers Favre spielerisch in einigen Phasen des Spiels entwaffnet. Der VfL trat klar, selbstbewusst und aggressiv auf. Auch im Spiel nach vorne war Struktur und Zug zu erkennen. Dortmund musste den knappen Vorsprung im wahrsten Sinne des Wortes ins Ziel schleppen. Es war – da herrschte nach Abpfiff weitgehende Einigkeit – eine Begegnung zweier Mannschaften, die sich spielerisch auf Augenhöhe begegneten.

Dennoch fehlten unserer Borussia Cleverness und Kaltschnäuzigkeit. Denn wer vier oder fünf glasklare Chancen im Westfalenstadion bekommt (und dabei zweimal ganz alleine vor Roman Bürki auftaucht), der muss davon mindestens eine nutzen. Gegen den BVB 90 Minuten keine Chance zuzulassen ist nahezu unmöglich. Sich dermaßen viele eigene Chancen zu erarbeiten, ist hingegen der Beweis eines funktionierenden Offensivspiels. All das ist aber eben wertlos, wenn der Gegner am Ende ein Tor mehr schießt. Und da war der BVB klar besser. Die Probe bestanden hätte Borussia, wenn sie sich für ihre gute Leistung belohnt hätte.

Wie gegen Leipzig: teuer verkauft & trotzdem verloren

Interessant ist, dass ausgerechnet die Spiele Zuhause gegen Leipzig und nun in Dortmund spielerisch als eine der stärksten der laufenden Saison gelten können. Dass es gerade in diesen beiden Spielen zu keinem Punktgewinn reichte, zeigt, dass an entscheidenden Stellen noch ein paar Prozentpunkte fehlen.

Denn spielerisch mitzuhalten ist selbstverständlich eine wichtige Voraussetzung. Doch ebenso wichtig ist es, über 90 Minuten konzentriert aufzutreten. Defensiv möglichst wenig zulassen und offensiv die sich bietenden Chancen konsequent nutzen. Gegen Teams wie Augsburg oder Düsseldorf mag es reichen, 45 Minuten auf der Höhe zu sein. Gegen den BVB oder Leipzig sieht das anders aus. Oder eben gegen Rom!

Die AS Rom als nächste Nagelprobe

Der dritte Auftritt unserer Borussia in der diesjährigen Europa League führt uns zum mit Sicherheit stärksten Gegner der Gruppe. Im Stadio Olimpico wartet eine ziemlich ausgewogen zusammengestellte Mannschaft mit reifer spielerischer Anlage. Dass die Roma mit Neu-Trainer Paulo Fonseca (letztes Jahr noch Shakhtar Donezk) aktuell in der Serie A nur auf Rang sechs steht, hängt auch mit einem extremen Verletzungspech zusammen: in Verteidiger Zappacosta, den Mittelfeldspielern Diawara, Pellegrini und Cristante sowie Stürmer Kalinic fallen momentan gleich fünf Hochkaräter langfristig aus. Der Ex-BVB-Spieler Mkhitaryan und Sturm-Talent Ünger sind darüber hinaus noch angeschlagen und stehen für das Spiel am Donnerstag auf der Kippe.

Vielleicht könnte genau das Borussias Chance sein. Wobei weiter Vorsicht geboten ist: Denn die AS Roma, die immer noch einige Stars im Kader (Smalling, Kolarov, Pastore, Dzeko) aufweist und vielversprechende Talente (Mancini, Zaniolo, Kluivert), wird Fehler und Unkonzentriertheiten vermutlich ebenso bestrafen wie RB Leipzig und der BVB. Hinzu kommt der Druck, nun endlich mal ein Spiel in der Europa League gewinnen zu müssen. Zumindest wenn Borussia in die nächste Runde will. Nichts anderes sollte der Anspruch sein!

5.000 Fans begleiten Borussia

Den Druck hat sich Roses Elf durch ihre miserablen Auftritte gegen Wolfsberg und in Istanbul selbst geschaffen. Die Situation ist aber auch eine Chance. Sie bietet die Möglichkeit, all das, was wir weiter oben kritisiert haben, zu widerlegen. Denn wenn die Mannschaft es schafft, die unnötige Niederlage in Dortmund mental wegzustecken, indem sie gegen die Römer ebenso klar auftritt, dann sollte sie den nächsten Schritt endlich machen können und den ersten Sieg mitnehmen. Dann wäre auch endlich diese nervige Nagelprobe bestanden.

Dass die Mannschaft das Potential auf den Platz bringt, hat sie am Samstag bewiesen. Nun gilt es, die letzten Prozent reinzubringen und die Europa League endlich gebührend anzunehmen. Dazu darf die Mannschaft im Olympiastadion zu Rom erneut das Privileg genießen, vor circa 5.000 unter der Woche mitgereisten Fans begleitet zu werden, die den Ton auf den Rängen ohnehin angeben werden. Es könnte alles so einfach sein!

Foto zu diesem Beitrag: Jörg Schüler/Bongarts/Getty Images

2 Gedanken zu „Endlich eine Nagelprobe bestehen!

  • 23. Oktober 2019 um 15:29
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    Passt im großen und ganzen – wie auch das Ergebnis unserer Borussia. Ihr solltet aber nicht vergessen das ein glasklarer Elfer, aus welchem Grund auch immer, nicht gegeben wurde und auch der zweite Zusammenprall mit Bürki in 9 von 10 Fällen als Foul gewertet wird. In beiden Fällen hätte das wahrscheinlich auch eine Rote Karte bedeutet.

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  • 24. Oktober 2019 um 9:57
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    Wieder mal ein sehr guter Artikel.
    Ich tue mich allerdings mit dem Begriff Nagelprobe etwas schwer. Was will ich mit der Nagelprobe beweisen? Dass ich ein Top-Team schlagen kann? Dann haben wir sie nicht bestanden. Dass ich mit einem Top-Team mithalten kann? Dann glaube ich schon.
    Was bringt uns ein glücklicher Sieg wenn wir danach ständig verlieren? Kann ich die spielerisch guten Leistungen konstant abrufen, sollten die Siege von ganz alleine kommen. Ja, wenn ich so viele Chancen gegen Dortmund erarbeite, muss ich die auch rein machen und ohne Siege/Punkte hilft das ganze schön spielen wenig, aber die ganzen Punkte hast du ja schon trefflich beschrieben.

    Habe mal bei Wikipedia den Begriff “Nagelprobe” gesucht. Das Ergebnis eignet sich ausgesprochen gut für weitere philosophische Diskussionen 😉

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