Es geht nur um Fußball!

Am Samstag steht eines der wichtigsten Spiele der Saison an. Nach dem x-ten Wideraufstieg des 1. FC Köln ist endlich wieder Derby-Zeit. Eine der ganz großen Rivalitäten der Bundesliga-Historie und ein Spiel, für das wir den Fußball lieben. Doch die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass diese Rivalität Formen annehmen kann, die die freie Fankultur bedrohen. Und die einfach keinen Spaß mehr machen!

Es ist also Derby-Zeit! Eigentlich die Zeit der großen Vorfreude. Das Weihnachten des Fußball-Fans sozusagen! Eine ganz besondere Woche vor einem ganz besonderen Spiel. Endlich geht es wieder gegen den großen Rivalen aus dem Rheinland. Endlich kann auf der Arbeit oder im Bekanntenkreis wieder gefrotzelt werden. Endlich kommt es wieder zum Duell dieser zwei großen Klubs, die sich so historische Spiele und Meisterschaftskämpfe geliefert haben. Zwischen denen es stets spannend und ereignisreich war und ganz besonders geknistert hat.

Natürlich fiebern wir auch weiterhin grundsätzlich total auf das Spiel am Samstag hin – doch wir müssen dieser Tage auch ehrlich zugeben: Etwas leidet unsere Vorfreude! Weil leider von der “gesunden und friedlichen” Rivalität zum, von uns immer wieder (etwas euphemistisch), als “Lieblings-Feind” bezeichneten 1. FC Köln wenig übrig geblieben ist. Weil leider bei einigen Fans beider Lager längst nicht mehr nur der Sport im Vordergrund zu stehen scheint. Und weil genau dieses Verhalten so vieles “Schönes” kaputt macht!

Eine Historie des Hochschaukelns

Als es vor einigen Jahren eine kollektive Bestrafung für uns Borussia-Fans beim Derby in Köln gab, haben wir diesen Protest nicht nur mitgeplant, sondern auch zu 100 Prozent unterstützt. Wir stehen übrigens auch weiterhin dazu, dass Kollektivstrafen im Fußball keine Probleme lösen und mit rechtsstaatlichen Prinzipien kaum in Einklang zu bringen sind. Daher sollten Vereine, Verbände und Polizei solche Maßnahmen weiterhin extrem sparsam einsetzen und auch externe Beobachter nicht gleich einen Ausschluss für ganze Gruppen fordern. Zur ganzen Wahrheit gehört aber ebenfalls: Fans, die gegen Kollektivstrafen eintreten, haben auch gewisse Pflichten.

Die Historie der Rivalität beider Ultraszenen in den vergangenen Jahren ist reich an Geschichten. Es ist eine Historie des Hochschaukelns! Erst neulich hat die Rheinische Post die vielen Geschehnisse in einem Artikel aufbereitet. Ob das nicht eher Öl ins Feuer gießt, lassen wir dahingestellt. Wir verzichten jedenfalls auf eine erneute Darstellung im Detail. Viele Leserinnen und Leser kennen die Vorfälle. Neben diversen Zaunfahnen, die teils kreativ in den Besitz der anderen Seite übergingen, gab es leider auch eine Reihe von Vorfällen, die nicht zu tolerieren sind: Überfälle – mitunter auch auf Unbeteiligte oder “Normalos” -, angedrohte oder durchgeführte Gewaltexzesse, gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr. Zweifelsohne sind mit jedem Ereignis neue Grenzen überschritten worden.

Die berühmte Spirale der Gewalt

Fakt ist: Die Ultrakultur ist seit Jahren unverzichtbarer Bestandteil einer breiten Fankultur. Sie hat ihre eigenen Rituale – das gilt es zu respektieren, vor allem für uns als Nicht-Ultras. Der Klau von Fahnen und Bannern gehört zweifelsfrei dazu. Verstehen muss man diese Rituale nicht und wenn sie im Rahmen der eigenen Subkultur bleiben, steht es uns nicht zu, dies zu bewerten. Schließlich spielen Subkulturen mit Grenzen und das sollte auch so bleiben!

Leider ist es aus unserer Sicht allerdings so, dass sich das Ganze in diesem Fall verselbstständigt hat. Trotz aller internen Scharmützel wurde nie ein Endpunkt erreicht: Fahnen wurden geklaut, Gruppen lösten sich auf, die Spirale der Gewalt drehte sich sinnlos weiter. Vermehrt werden auch andere Fans in diesen Zirkel hineingezogen. Plötzlich müssen auch “Normalos” auf Fahrten gen Süden Angst vor Übergriffen haben oder an Bahnhöfen besonders auf ihre stinknormalen Borussia-Artikel aufpassen. Aus einem subkulturellen Clinch ist eine Art Bandenkrieg geworden.

Wo soll das enden?

Noch vor einigen Jahren war es so, dass sich die verschiedenen Aktionen beider Ultraszenen auf die Wochen rund um das Derby beschränkten. Mittlerweile vergeht kaum ein Spiel, bei dem Vorfälle ausgeschlossen werden können. Sei es durch Aufeinandertreffen mit befreundeten Fanszenen des jeweiligen Derbygegners, Überfälle auf An- und Abreisewegen oder Fahnenklauaktionen in Stadien unbeteiligter Vereine. Wenn sich darüber hinaus beide Ultraszenen stets kampfbereit zeigen, lässt uns das nichts Gutes erahnen und führt uns zu der Frage: Wo soll das enden? In einem Fall wie in Magdeburg? In Straßenschlachten wie in den 90ern? Nein, das ist nicht unsere Vorstellung von Derby-Fieber!

Geschäftsführer Stephan Schippers hat vor einigen Tagen mal wieder darauf hingewiesen, dass es alleine in der Hand der Fans liegt, unter welchen Umständen Derbys in Zukunft stattfinden werden. So ganz stimmt das zwar nicht, denn da reden eben auch Vereine, Verbände und Polizei mit. Allerdings liegt es auch an den Sich-Hochschaukelnden, die sich in den kommenden Monaten – bei aller Rivalität – von gewissen Formen der Gewalt glaubwürdig und klar distanzieren könnten. Damit meinen wir keine öffentlichen Stellungnahmen, sondern die Hoffnung, dass sich beide Seiten genau überlegen, wo die ständige Überbietung der gegnerischen Gewalt irgendwann hinführen kann. Wir wollen es uns – wie beschrieben – gar nicht ausmalen.

Auch wir wollen ein emotionales Derby

Was wir wissen: Die Umstände, unter denen das Derby an diesem Samstag stattfinden wird, sind nicht die, unter denen wir Fußball schauen wollen. Viel zu viel Polizei, viel zu strikte An- und Abreisebestimmungen, viel zu viele Einschränkungen, viel zu wenig Bier im Stadion. Das alles nur auf Polizei und Verbände zu schieben, ist zu einfach. Denn die ausufernde Gewalt im Umfeld ist ein reales Problem, das vielen Fans die Lust mindestens ebenso raubt wie kollektive Bestrafungen und ausgeklügelte Sicherheitskonzepte.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich hoffen auch wir auf ein aufgeladenes, emotionales und lautes Derby, bei dem unsere Borussia hoffentlich am Ende die Nase vorn haben wird! Uns geht es am kommenden Samstag aber ausschließlich darum, den 1. FC Köln sportlich (!) im Stadion zu besiegen. Im Mittelpunkt steht für uns der Sport und das Duell dieser zwei traditionsreichen Vereine! Lasst uns das bei aller Rivalität eines nicht vergessen: Es geht um Fußball!

8 Gedanken zu „Es geht nur um Fußball!

  • 10. September 2019 um 13:02
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    Es wäre schön, wenn sich alle dran halten würden damit man auch seine Kinder wieder mit ins Stadion nehmen kann.

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    • 10. September 2019 um 13:22
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      Wenn du nicht gerade zwischen den Ultras stehst, kannst du deine Kinder überall mit hinnehmen. Ich finde sogar, dass mittlerweile viel mehr Familien mit Kindern im Stadion sind, als noch vor 5-10 Jahren.

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      • 10. September 2019 um 13:46
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        Es geht um 3 Punkte. Wie in jedem Spiel. Und die bleiben hoffentlich bei der Borussia. Der Rest ist Folklore. Und die kleinkriminellen Pyrozündler und Schläger unter den sogenannten Fans erreicht man mit Verständnis sicher nicht. Unterm Strich leiden wieder alle wegen ein paar Bekloppter.

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      • 10. September 2019 um 18:15
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        Und mal ganz ehrlich, auch wenn es unpopulär ist:
        Diese beiden Vereine sind sich eigentlich ähnlicher als vielleicht gewollt!
        Vergleichbare Größen, dutzende direkte Spieler- und Trainerwechsel, angrenzende Talentreviere etc.
        Es wird Zeit für eine neue Fankultur, neue Akzeptanzen und ein anderes aufeinander zugehen! Beginnen könnten hier die Clubspitzen…

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    • 14. September 2019 um 9:11
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      …wenn ich in Deutschland eins kann, dann jawohl bedenkenlos mit meinen Kurzen ins Stadion gehen. Egal in welcher Liga und egal bei welchem Verein. Auch bei einem rheinischen Derby nehme ich meine Kids bedenkenlos mit ins Stadion.

      Antwort
  • 10. September 2019 um 13:25
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    Solange die Vereine Ihre jeweilige Ultra Scene hofieren und keine drastischen Strafen gegen Täter verhängen, wird sich daran nichts ändern. Wie ist zu erklären das z. B. trotz Kontrollen(die oft das Wort nicht wert sind), Pyro in grossen Mengen ins Stadion gelangen? Da wird seitens der Vereine zuwenig getan! Unter drastischen Strafen verstehe ich, lebenslanges Stadionverbot in allen Stadien, hohe Geldstrafen, Verlust der Mitgliedschaft usw. Es wird zu oft ein Auge zugedrückt!

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    • 11. September 2019 um 10:19
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      Du warst noch nie Auswärts und bist kontrolliert worden oder?
      Vergleiche bitte nicht die Kontrollen im Heimbereich des Borussia-Park, in dem seit Jahren nichts passiert ist, mit Kontrollen im Auswärtsblock.
      Aber egal wie stark die Kontrollen sind man wird immer einen Weg finden.
      Und Täter bestrafen ist schön und gut aber dafür musst du sie erst mal identifizieren.

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  • 13. September 2019 um 8:48
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    Wie immer sehr gut geschrieben und auf den Punkt getroffen.
    Für mich persönlich ist dieses Spiel Tabellenunabhängig. Es zählt nur der Derbysieg. Auf Punkte konzentrieren können wir uns in 32 (bzw. 30; #BXB) anderen Spielen. Hier geht es genau wie von euch beschrieben um das Gefühl, dass man hat, wenn man Montags ins Büro kommt und die Schnauze aufreißen kann. Seine Kumpels beim nächsten Treffen ordentlich provozieren kann. Seine Wetten um ein paar Kisten Bier gewinnt. Und vor allem, dass man seine große Schnauze vor dem Spiel mit Recht aufgerissen hat. Das alles ist Derby. Der Stinkefinger und die Gesänge in der Kurve sind Pflicht aber das reicht dann auch! Lasst uns GEMEINSAM den Effzeh schlagen und dann ordentlich feiern. Das können wir ja Gott sei dank meisterlich und vor allem dieses Jahr wieder in den Kneipen von Europa.
    Lieben Gruß, der Köllner (< zwei "L"; ganz wichtig)

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