For The Game? For The World?

Seit heute steht fest, dass die Fußballweltmeisterschaft 2026 mit 48 statt wie bisher mit 32 Teams ausgetragen wird. Die Fußballwelt reagiert wahlweise empört oder verwundert. Doch wie authentisch sind diese Reaktionen?

Am Dienstagvormittag gab die FIFA die Entscheidung bekannt, die von Gianni Infantino initiierte Aufstockung des Teilnehmerfeldes ab 2026 durchzuführen. Es soll in 16 Gruppen mit jeweils drei Mannschaften um den Einzug in die Runde der letzten 32 Teams gekämpft werden. Dementsprechend setzen sich in der Gruppenphase die besten zwei von drei Teams durch. Obwohl mehr Details zum Ablauf noch nicht bekannt sind, ist die Aufstockung samt Umstellung des Turniermodus sportlich wohl kaum sinnvoll. Wie bei der vergangenen Europameisterschaft gesehen, wird die sportliche Qualität in der Vorrunde leiden. Dennoch freuen sich die kleineren Verbände. Die Chancen auf eine Endrundenteilnahme steigen enorm!

Doch wer hinter der Entscheidung der FIFA sportliche Überlegungen vermutet, der ist auf dem Holzweg. Ebenso wenig geht es dem Weltverband um fußballerische Entwicklungshilfe in den Ländern kleinerer Verbände. Der FIFA geht es – so neu sollte diese Erkenntnis nicht sein – um wirtschaftliche Aspekte. Kurzum: Es geht um Geld, viel Geld! Und aus dieser Perspektive ist die Aufstockung eine logische Konsequenz. Zumal sie auch historisch nur eine Fortsetzung der WM-Geschichte ist. Aus 13 Mannschaften bei der WM 1930 wurden mit Ausnahme 1938 schnell 16 Teams. 1982 wurde dann auf 24 Teilnehmer aufgestockt, bevor 1998 erstmals 32 Nationen teilnahmen. Ob es mittelfristig noch mehr werden, das wird sich zeigen. Und es liegt an den nationalen Fußballverbänden, den Fernsehanstalten und letztlich auch an uns Fans.

Wer es wirklich glaubt, dem ist nicht mehr zu helfen

Schließlich waren es Medien und Fans, die im Vorfeld der vergangenen Europameisterschaft erst über die Erweiterung des Teilnehmerfeldes jammerten, sie kritisierten und hinterfragten, das Turnier jedoch trotzdem an den Bildschirmen und in den Stadien verfolgten und das Turnier so zu einem finanziellen Erfolg für die UEFA machte. Daraus hat die FIFA jetzt eben ihre Schlüsse gezogen. Der professionelle Fußball ist heute von wirtschaftlichen Zwängen getrieben. Beispiele dafür gibt es ohne Ende. Und wer tatsächlich geglaubt hat, dass ausgerechnet die FIFA sportlich abwägen würde, ob eine Aufstockung sinnvoll ist, der ist ganz schön naiv. Wer wirklich an den Slogan „For the Game. For the World.“ geglaubt hat, dem ist nicht mehr zu helfen!

Jetzt aber ausschließlich auf die FIFA zu schimpfen, verkürzt die komplexe Sachlage ganz schön. Denn die Kritik des DFB oder anderer Verbände an der getroffenen Entscheidung ist scheinheilig. Nach jahrzehntelanger Korruption, verkauften WM-Vergaben und der Inkaufnahme von Menschenrechtsverletzungen wissen die nationalen Verbände seit Jahren, wie es beim Weltverband zugeht. Das haben sie wahlweise toleriert oder sogar munter mitgemischt, wie die mysteriöse Vergabe des Sommermärchens 2006 zeigt. Und dass der Fußball, seine Akteure und Wettbewerbe sich möglichst gut vermarkten lassen müssen, das wissen DFB, DFL und Vereine ebenso gut.

Mehr Fernsehzuschauer in noch mehr Ländern steigern Umsatz und Gewinn

Wenn der DFB oder andere Verbände nun tatsächlich etwas gegen die Aufstockung haben, dann sollten sie aktiv werden. Schlussendlich zwingt sie niemand zu einer Teilnahme an der WM. Die Diskussionen werden sich aber bald schon wieder legen, alle Verbände werden teilnehmen und die WM wird ein finanzieller Erfolg werden. Denn die 16 zusätzlich teilnehmenden Staaten bieten noch mehr Potentiale. Die Fernsehrechte lassen sich besser verkaufen, da mehr Teilnehmer eben auch zu einem noch höheren Interesse in den jeweiligen Ländern führen.

Ähnlich wird die mediale Diskussion ablaufen. In den kommenden Tagen wird die Entscheidung sicher rauf und runter diskutiert und kritisiert werden. Ändern wird sich dennoch nichts. Die Fernsehsender werden die Rechte kaufen. Das wird sich jedoch auch für diese Sender wieder lohnen, da das Interesse ungebrochen ist und sie daher horrende Werbeeinnahmen generieren, weil die Fußballfans schließlich eben doch einschalten.

Jeder muss für sich entscheiden wo die Grenze des Erträglichen liegt

Denn auch unter den Fans wird es ganz ähnlich ablaufen. Die Aufregung wird groß sein, die Diskussionen werden geführt werden. Und es wird sicher Fans geben, für die der Reiz einer Weltmeisterschaft verloren gegangen ist. Schon bei der vergangenen Europameisterschaft gab es Anhänger und Anhängerinnen, die das Turnier eher halbherzig verfolgten. Der Großteil der Fußballfans in Deutschland und auf der Welt folgte dem Turnier jedoch gebannt. Und das ist es, was zählt. Die Einschaltquoten stimmen, die Einnahmen fließen und das eben auch dann, wenn die sportliche Qualität einzelner Spiele mal auf der Strecke bleibt.

Wem diese Entwicklungen im Fußball also missfallen, der hat wohl nur die Möglichkeit, sich dagegen zu entscheiden. Schlussendlich muss jeder Fan wissen, wo für ihn die Grenze des Erträglichen ist. Doch solange, wie Fans und Medien durch ihre Aufmerksamkeit das Handeln der Verbände legitimieren, wird sich nichts ändern. Die Spirale dreht sich weiter und wahrscheinlich ist das Ende noch lange nicht erreicht. Und so ist die Erkenntnis eben nicht neu, dass UEFA und FIFA sich nicht in erster Linie für den Fußballsport interessieren. Sie interessieren sich für das Geschäft dahinter.

For the Game. For The World.

Foto zu diesem Beitrag: Nordkurvenfotos.

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