Grenzwertig.

Die Partie am vergangenen Freitag war zum Vergessen – auf und neben dem Platz. Während das Team beim Thema Fußball ordentlich Luft nach oben hat, muss auch die Nordkurve langsam aus dem Winterschlaf erwachen. Wir blicken daher zum Abschluss des Wochenendes in Ruhe auf einzelne Aspekte der Auswärtspartie in Mainz.

Sportlich

In einem Punkt sind sich Fans, Spieler und Verantwortliche nach dem Spiel einig gewesen: eine solche Partie darfst Du – vor allem bei unseren Ansprüchen – nie und nimmer verlieren. Bei allem gebührenden sportlichen Respekt für den FSV, selbst dieser machte nicht mehr als nötig um den Heim-Dreier einzufahren. Dass mit Christan Clemens auch ein Ex-Domstädter, wie schon im Hinspiel, den Siegtreffer erzielte, setzte dem ganzen Dreck noch den Hut auf. Der Mainzer Offensivspieler durfte seelenruhig die Pillen annehmen, unbedrängt in Richtung Strafraum spazieren und das Ding unter den Giebel wuchten. Die halbe Defensivabteilung hatte Logenplätze und schaute munter dem Treiben zu. Sah schon sehr kläglich aus.

Wir versuchen uns zumeist zurückzuhalten, wenn es um Kritik an einzelnen Spielern geht. Ein Grund dafür ist, dass wir erstens der Meinung sind, dass im Kollektiv gewonnen und verloren wird – ähnlich wie auch das Kollektiv in der Nordkurve beim Support entscheidend ist. Und zweitens wir keine Spieler an den Pranger gestellt sehen wollen und jeder von ihnen wahrscheinlich selber am besten wissen wird, wenn er schlecht spielt. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass einige auf dem Platz ihrer Form der Hinrunde noch hinterherlaufen. Fehler können und dürfen passieren, aber das eigene Ego und dieses „unbedingt alleine alles besser machen wollen“ sollte nicht im Vordergrund stehen.

Wenn wir beim Thema Ego sind kommen wir auch unweigerlich an die Personalie Granit Xhaka. Spätestens jetzt wird offenkundig, welchen „Bärendienst“ er seiner Mannschaft mit der dämlichen Roten Karte gegen Darmstadt erwiesen hat. Mit Nordtveit allein auf der Sechs kann das Team nicht die Offensivqualitäten zeigen, die sie unter Andre Schubert zuweilen ausmachten. Außerdem fehlt im Defensivverhalten der nötige Stabilisator. Für Xhaka sollte es in Hamburg wieder soweit sein mit einem Einsatz – bleibt nur zu hoffen, dass er sich da unter Kontrolle hat und nicht die 5. Gelbe Karte einfängt. Das würde eine Sperre für das Köln-Spiel nach sich ziehen.

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“Bekanntes” Bild; ein Meer aus schwarz-weiß-grünen Fahnen.

Stimmung im Gästeblock

Einigen Borussen dürfte es am Freitag aufgefallen sein: wir dürfen zwei neue Vorsänger auf dem ehrenwerten Zaun begrüßen. Die Jungs haben sich für das erste Mal sehr ordentlich geschlagen – wir wünschen Euch in jedem Fall viel Erfolg für die kommende Zeit! Ihr hattet es in Mainz allerdings teilweise auch wirklich nicht einfach…

Das lag vor allem daran, dass die Nordkurve einen wahnsinnig lethargischen Eindruck hinterließ. Manchmal wird man bei Freitagabend-Spielen einfach das Gefühl nicht los, dass den Anhängern die Arbeitswoche ordentlich in den Knochen hängt. Es ist ja schön, wenn viele Borussen den Weg nach Mainz suchen – aber so einen blutleeren Auftritt braucht wirklich kein Mensch. Kein Wechselgesang hat funktioniert. Selbst ein gemeinsames „Mönchengladbach olé“, der Klassiker auch an schlechten Tagen, wurde nur alibimäßig vorgetragen. Auch der vielleicht schlechteste Gästeblock der Liga tat da natürlich sein Übriges.

Es ist bekannt, dass die Architekten bei der Entwicklung und beim Bau der Coface Arena die Belange der Gästefans vorwiegend unberücksichtigt lies. Wie sonst wäre es zu erklären, dass man sich dort fühlt, als würde man erdrückt werden. Kein Mü Platz zum Nebenmann, keine geregelten Auf- und Abgänge sind möglich – und nur mit sehr viel Wohlwollen kann versucht werden den Toilettengänger nach der Halbzeit wieder zu seinem Platz zu schleusen. Auch vor diesem Hintergrund gibt die ständige Wedelei mit den großen Schwenkfahnen wirklich Rätsel auf.

Allein in den ersten fünfzehn Minuten haben wir vom eigentlichen Spiel vielleicht 20 Prozent gesehen. Das kann letztlich wirklich nicht der Sinn der Sache sein. Zumal wir auch der Meinung sind – und wir haben da am Freitag im Besonderen drauf geachtet – die Fahnen hemmen einen direkten Support. Ein Beispiel: Tempogegenstoß, die Kurve reagiert, ein gemeinsames Lied wird intoniert, die Fahnen geschwungen und der Singsang ebbt ab. Leider wahr.

Ein weiterer Aspekt liegt uns nach Freitag allerdings noch intensiver am Herzen. Es ist offensichtlich, dass ein nicht unerheblicher Teil – vor allem der nicht aktiven Fanszene, also Leute deren „Gesichter“ man weniger kennt – übermäßig alkoholisiert war. Wir trinken alle gerne mal einen und waren sicher auch mal überaus gut betüdelt bei einer Partie der Borussia im Block. Keine Frage. Allerdings muss man sich schon wundern, wie es Leute schaffen, an einem Freitagabend um 20 Uhr selber kaum noch stehen zu können und nahezu unzurechnungsfähig mit glasigen Augen in der Weltgeschichte herumgröhlen. Das war wirklich grenzwertig und hatten mit einem ordentlichen Support nichts mehr zu tun.

Den Vogel hat allerdings jemand in unserer unmittelbaren Nähe abgeschossen. Dieser jemand war schon weit vor Spielbeginn im Block. Gut betrunken und wie er zu erkennen gab, vollkommen alleine beim Spiel. Soweit, so lustig. Dass eben jemand aber so dicht war, dass er es für nötig gehalten hatte, in der Schweigeminute, in die Stille hinein ein Lied anzustimmen, sagt schon einiges über den Charakter des Kerls aus. Dann besaß er aber auch noch kurz vor Spielende die Dreistheit, seinem Vordermann mehrmals Löcher in die Jacke zu brennen (absichtlich mit der Kippe und dem Feuerzeug). All das lässt uns fragend zurück. Solche Leute wollen wir nicht in der Nordkurve. Das haben ihm die umstehenden Leute vor Ort verbal auch deutlich zu verstehen gegeben.

Klar, werden jetzt wieder Stimmen dahingehend laut, dass es doch nicht in Ordnung sei, wenn wir den Sachverhalt in dieser Form hier niederschreiben. Doch eine Selbstverwaltung, so wie wir sie uns alle für die Nordkurve wünschen, fängt eben genau damit an. Also Augen aufmachen und Dummheiten offen ansprechen. Nur so kann es funktionieren.

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Einige Zitate aus seiner Zeit bei der Szene Mainz erinnerten an den Verstorbenen.

Mainzer Stadionlandschaft

Schon vor Spielbeginn wurde es emotional im weiten Rund. Die Szene Mainz hatte einen Trauermarsch vom Bruchwegstadion zur neuen Heimspielstätte veranstaltet. Alle Teilnehmer hatten einen extra angefertigten Schal an und auch im Stadion wurde die Heimkurve mit dem Slogan „Thank you for the golden moments“ abgehängt. Außerdem wehte das ganze Spiel über nur eine einzige Fahne, die das Konterfei des Verstorbenen zeigte. Auch die Nordkuve hielt ein Spruchband in Gedenken hoch und gemeinsam wurde dann noch der Klassiker „You´ll Never Walk Alone“ angestimmt. Definitiv ein Gänsehaut-Moment der wieder einmal zeigte:

In den Farben getrennt. In der Sache vereint. In solchen Augenblicken mehr denn je!

Bilder zu diesem Beitrag: MitGedacht.

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