Jantschke – Teil 1: “Borussia hat sich brutal verändert!”

Wir warten lange auf Tony Jantschke – er kommt zu spät. Als er auftaucht, entschuldigt er sich: “Wir haben eine halbe Stunde meinen Autoschlüssel gesucht! Kramer hatte den versteckt, dieser Scherzkeks”, erklärt er leicht genervt.

Kollege Kramer scheint allerdings seinen Spaß zu haben. Er ruft während unseres Gesprächs mehrmals an. Tony Jantschke lässt sich dagegen nicht aus der Ruhe bringen. Ein offenes Gespräch über seine Anfänge bei Borussia, “Jahrhunderttrainer” Lucien Favre und Freundschaften im Fußball.

Tony, wenn’s ums Feiern geht: Lieber große Party oder ruhig mit Freunden?

Ich gehe gerne feiern. Gerne mal in kleiner Runde Zuhause mit den besten Freunden. Ab und zu aber auch mal auf eine große Party. Ganz dem Anlass entsprechend.

Wir fragen, weil dieses Jahr ein Jubiläum für Dich ansteht: 10 Jahre Borussia. Ein Grund zum Feiern?

Och, das ist jetzt kein Grund, den Schampus aufzumachen. Aber es ist schon eine Zeit, die mich glücklich macht. Wir – auch ich persönlich – haben in dieser Zeit so viel erreicht. Das habe ich vorher nicht zu träumen gewagt.

Dennoch: Wie stolz bist Du auf die Zahl?

Sehr! Ich habe 10 Jahre bei einem Klub verbringen dürfen, der unfassbar gewachsen ist. Ein Verein, der auch schwierige Zeiten hinter sich hatte, jetzt aber mit einem fußballverrückten Umfeld und überragenden Fans sportliche Erfolge feiert. Wenn man dann so lange bleibt, obwohl andere Spieler ausgetauscht werden, ist das eine Auszeichnung. Und das macht mich stolz.

Fußballer bleiben immer seltener so lange bei einem Verein. Warum bist Du immer noch da? An mangelnden Angeboten wird es nicht gelegen haben.

Ich fühle mich wohl und spiele fast immer. Was gibt es Besseres? Der Verein war und ist mit mir zufrieden, ich bin mit dem Verein zufrieden. So habe ich mir einen gewissen Status erarbeitet. Und das war ich nie bereit aufzugeben.

Was macht Borussia für Dich aus?

Das Familiäre. Man darf nicht vergessen, dass Max Eberl mich damals selber hergeholt hat, als er noch als Jugendkoordinator gearbeitet hat. Ich kenne viele Gesichter von früher. Das zeichnet Borussia aus. Ich bin jetzt im achten Profijahr. Für einen Spieler, der ja nicht direkt aus dem Verein kommt, eine beachtliche Zahl.

Absolut! Du kamst 2006 als junger Spieler aus Dresden. Gab es eigentlich auch andere Angebote?

Das sind Dinge, da redet man nicht so gerne drüber (grinst).

Dann anders gefragt: Was hat damals den Ausschlag für Borussia gegeben?

Ich habe mich mit Max Eberl und Christian Ziege, meinem ersten Trainer, getroffen. Es war sofort ein Draht da. Ich habe schnell gespürt, wie eng hier alles beieinander ist. Die Profis ziehen sich neben den Jugendspielern um, das kannte ich aus Dresden. Außerdem pendelte Gladbach damals zwischen erster und zweiter Liga. Da habe ich mir gute Chancen ausgerechnet, den Sprung zu schaffen. Alles hat super gepasst. Auch wenn es der Verein war, der von meiner Heimat am weitesten entfernt lag (lacht).

Du hast in den 10 Jahren alles mitbekommen, was Borussia in den letzten Jahren ausgemacht hat. Abstiegskampf, Abstieg, zweite Liga, Aufstieg, Relegation, Europa- und Champions League. Du hast sechs Trainer und zig Spieler kommen und gehen sehen. Wie hat sich Borussia aus deiner Sicht verändert?

Brutal! Als ich 2008 hochgekommen bin, herrschte immer ein bisschen Chaos. Durch die früheren Erfolge hatte Borussia zwar immer viele Fans, das passte aber nicht zur sportlichen Situation. Nach zwei Niederlagen gab es schnell Proteste. Ich erinnere mich an Morddrohungen als Jupp Heynckes da war. Und an diverse Schlagzeilen wie  „Kaufhaus des Westens“. Und jetzt? Letzte Saison haben wir fünf Spiele verloren und der Jahrhunderttrainer ist gegangen. Trotzdem war aber eine gewisse Ruhe da. Ich glaube, die Relegation und der abgewendete  Übernahme-Versuch einiger Ex-Spieler haben den Verein zusammengeführt. Und das macht Borussia bis heute aus!

Wie weit bist Du als Spieler da mitgewachsen?

Auf jeden Fall sehr. Auch über mich haben ja damals die Leute gesagt: „Och, mal sehen, ob der Jantschke es wirklich auf höchstem Niveau schafft.“ Es hätte ja sein können, dass der Verein irgendwann sagt: „Ne, der ist zu langsam, den müssen wir abgeben.“ Ich bin aber noch da und habe mich mit dem Verein entwickelt.

Für uns Fans ist die Entwicklung des Vereins immer noch der Wahnsinn. Wie siehst Du es als Spieler?

Für mich ist das gar nicht so krass. Schon nach der Relegation wussten wir eigentlich, dass wir besser sind. Im Winter waren erfahrene Leute wie Stranzl und Hanke dazu gekommen. In der neuen Saison haben wir dann richtig gut gespielt und ab da wussten wir, dass wir im Stande sind, Großes zu leisten. Wir haben ein Selbstbewusstsein aufgebaut, das uns sagen ließ: „Wir sind keine Eintagsfliege, wir sind wirklich gut!“

Hat sich Borussia zu einer Top-Mannschaft der Bundesliga entwickelt?

Ja! Wenn man die letzten fünf Jahre betrachtet, sind wir eine Top-Mannschaft. Es ist aber immer ein Trugschluss, dass wir das jetzt auch bleiben. Wenn du fünf Jahre oben stehst, garantiert dir das nicht, dass es im sechsten auch so ist. Bremen war vor 12 Jahren noch Meister, Stuttgart vor neun. Und wo sind sie jetzt? Wir haben doch vergangenes Jahr selber gesehen, wie schnell es gehen kann. Unser Ziel bleibt die Einstelligkeit!

Du hast den Start der vergangenen Saison angesprochen. In solchen Situationen sitzen wir Fans, aber vermutlich auch ihr Spieler, im Bus oder Zug auf der Heimfahrt und ärgern uns. Hast Du schon herausgefunden, woran es lag?

Natürlich hat mich das auch lange beschäftigt. Es waren sehr unglückliche Konstellationen, die zu dieser Situation geführt haben. Das erste Spiel in Dortmund war gar nicht gut – keine Frage! Aber dann stehen die Spiele gegen Mainz oder Bremen auf der Kippe. Wir vergeben in beiden Spielen Hundertprozentige und bekommen dann kurz vor Schluss jedes Mal ein „Eiertor“. Wenn wir die beiden Spiele gewonnen hätten, dann hätte kein Hahn mehr gekräht nach den schwächeren Leistungen.

Jantschke über den schwierigen Saisonstart der vergangenen Saison.
Auf der Suche nach den Gründen für den verkorksten Saisonstart der vergangenen Saison.

Wobei das Spiel gegen Hamburg dann wirklich grottenschlecht war…

Da hat man schon gemerkt, dass die Köpfe unten waren. Das Spiel war wirklich katastrophal. Ich habe ja selber meinen Teil dazu beigetragen und das 0:1 aufgelegt. Und dann verlieren wir 0:3. Ich glaube in den kühnsten Träumen hätte sich keiner vorstellen können, dass wir Zuhause 0:3 gegen den HSV verlieren. Tja, und dann kam das Derby, in dem Köln nicht besser war. Die hatten ja auch keine richtige Torchance. Und trotzdem verlieren wir. Dann stehst du auf einmal da und hinterfragst alles. Und das in einer Saison, die eigentlich die schönste seit Jahren sein sollte mit der Champions League.

Lucien Favre trat zurück. Für uns Fans trotz der katastrophalen Situation ein Riesen-Schock. Wie hast Du den Sonntagabend nach dem Derby erlebt?

Ich habe damals meine Freundin zum Flughafen gefahren. Als ich zurückkam, hatte ich ungefähr hundert Nachrichten auf dem Handy. Ich dachte schon, es sei am Flughafen etwas Schlimmes passiert, weil meine Freundin mich versucht hatte anzurufen. Ich habe dann zurückgerufen. Sie sagte: „Lucien Favre ist zurückgetreten!“ Das war auch für mich ein Schock.

Warum genau?

Ich habe extrem von diesem Trainer profitiert. Allerdings glaube ich, dass er sich diese Entscheidung genau überlegt hat und sie im Endeffekt wahrscheinlich auch die richtige war. Er war brutal überzeugt von uns. Deshalb war die Situation auch nicht einfach für ihn. Manche sagen ja, er habe Borussia im Stich gelassen. Das ist Quatsch! Er hat erkannt, dass wir einen neuen Impuls brauchten. Wenn man es im Nachhinein runterbricht, war die Entscheidung wohl auch richtig.

Vor allem weil es danach plötzlich lief…

André Schubert hat uns das Selbstbewusstsein zurückgegeben. Da gehörte am Anfang natürlich auch ein Quäntchen Glück dazu. Dass du dann gegen Augsburg direkt 4:0 führst nach 21 Minuten, das kannst du nicht planen! Wir haben dann auch Stuttgart geschlagen, obwohl das Spiel auf Messers Schneide stand. Und plötzlich hatten wir sieben Spiele gewonnen. Das war Gold wert.

Bei all deinen Ausführungen merkt man aber: Du hattest eine besondere Beziehung zu Lucien Favre, oder?

Sportlich auf jeden Fall! Menschlich ist es nicht so, dass wir dicke Freunde sind. Favre ist generell ein Trainer, der eine gewisse Distanz zu seinen Spielern hat. Er ist schon der Chef, der vorne steht. Zweifelsohne habe ich aber total von ihm profitiert. Er hat mich immer spielen lassen in diesen fünfeinhalb Jahren, wir haben unfassbar viel zusammen erlebt. Am Abend seines Rücktritts haben wir lange telefoniert und er hat mir seine Beweggründe erklärt.

Trauerst Du Lucien Favre hinterher?

Nein. Letztendlich ist es wie mit den Zu- und Abgängen der Spieler: du kannst es sowieso nicht beeinflussen. Selbst wenn ich Favre gebeten hätte zu bleiben, er wäre ja trotzdem gegangen.

Wer weiß…

(lacht) Nein! Da ist man als Spieler machtlos. Wir nehmen das hin, was der Verein oder der Trainer entscheidet.

Apropos Entscheidungen. Einige Beobachter haben damals häufiger gesagt, Du seist Favres Liebling gewesen und hättest deshalb immer gespielt.

Ach, das ist doch ein Trugschluss, dass ein Trainer einen Spieler aufstellt, weil er ihn besonders mag. Er stellt immer die Spieler auf, die er für die Besten hält. Alles andere wäre ja auch dumm. Niemand stellt einen Spieler bloß auf, weil er ihn gut leiden kann!

Vielleicht liegt das aber auch daran, dass viele Fans sich für die besseren Trainer halten! Die Ostgerade hätte Oscar Wendt wohl nie aufgestellt. Dabei ist er einer der besten Linksverteidiger der Liga.

Das ist eben Fußball und deswegen ist dieser Sport bei uns ja auch so populär. Alle können mitreden, weil es verhältnismäßig einfach ist. Wenn du zum Beispiel American Football siehst: da muss man viele taktischen Abläufe verstehen und kennen. Das ist beim Fußball nicht so! Manchmal redest du mit jemandem über ein Spiel und der sagt: „Der Spieler X ging gar nicht heute!“ Dann sagt der andere: „Ich fand den richtig gut. Wie der marschiert ist!“. Und du denkst dir: „Ernsthaft jetzt?“. Das macht den Fußball aus.

Kommen wir zur aktuellen Situation. Als André Schubert kam, warst Du oft verletzt, saßt auf der Tribüne oder Bank. Warum lief es plötzlich nicht mehr?

Oft hieß es ja, Schubert würde nicht auf mich setzen. Das ist aus meiner Sicht aber ein Presse-Thema. Fakt ist doch, dass ich als Schubert kam zwei Mal spielte und wir zwei Mal gewonnen haben. Dann war ich verletzt, kam wieder, habe gegen Hannover gespielt und bin wieder ausgefallen. Dann gab es vielleicht mal vier oder fünf Spiele, in denen ich nicht gespielt habe. Als ich dann gegen Leverkusen wieder die Chance bekam, habe ich mir das Kreuzband gerissen und war raus. Wenn ich über einen längeren Zeitraum fit war, dann habe ich auch immer gespielt. Das vergessen viele häufig.

Womit hat der Trainer die Zeit von vier fünf Spielen ohne Einsatz begründet?

Er hat mir klar gesagt, dass er Nordtveit vor mir sieht. Das war so und das musste ich dann auch akzeptieren. Ich glaube aber, dass ich immer spiele wenn ich wirklich fit bin. Das ist mein Verständnis und so gehe ich in eine Saison und in jedes Training. Ich will dem Trainer zeigen, dass er mich spielen lassen muss.

Vor dem Bundesliga-Start hat sich André Schubert auch sehr positiv über Dich geäußert. Du bist der Spieler mit den drittmeisten Pflichtspielminuten. Fühlst Du Dich als Stammspieler?

Wie gesagt: Mein Selbstverständnis ist, dass ich immer spiele, wenn ich fit bin. Das klappt natürlich nicht immer und letztendlich entscheidet der Trainer. Dass ich jetzt aber die ersten vier Spiele von Anfang an machen durfte, war schon eine Bestätigung. Andererseits ist das aber keine Garantie, dass ich im fünften Spiel auch dabei bin. Ich muss weiter Gas geben – besonders bei unserem Kader!

Wir haben uns am Samstag gegen Leverkusen die Bank angeschaut und gedacht: „Die wären vor einigen Jahren alle Stammspieler gewesen!“. Wie gehst Du als Spieler mit dieser starken Konkurrenz um?

Einfach ist das nicht! Jeder Spieler möchte immer spielen. Und eigentlich denkt auch jeder Spieler, dass er immer 90 Minuten spielen müsste. Aber das ist natürlich nicht so! Meistens gibt es in einer Mannschaft sechs oder sieben Spieler, die – solange sie fit sind – immer spielen. Der Rest rotiert durch. Es geht nicht, dass du jedes Spiel 90 Minuten spielst mit Bundesliga, Champions League und Pokal.

Das ist aber doch eine Diplomaten-Antwort. Man ist doch enttäuscht, wenn man draußen sitzt, oder?

Klar! Spieler, die vielleicht 25 oder 30 Spiele gemacht hätten, machen aktuell vielleicht nur 20. Und es wird am Ende auch Spieler geben, die denken, dass sie 15 Spiele mehr hätten machen müssen. Aber das ist so. Wir haben zu viele Spieler für zu wenige Positionen. Das ist bei unseren Zielen aber auch gut so. Es kann ja immer mal wer ausfallen. Letztes Jahr waren es mal sechs oder sieben und da war es dann gut, dass wir jemanden wie Nico Elvedi hatten. Den hatte vorher kaum jemand auf dem Zettel.

Mal provokant gefragt: Dieser Kader sollte nominell eigentlich für einen Platz im internationalen Geschäft ausreichen, oder?

Langsam! Wir haben eine sehr gute Mannschaft. Aber das garantiert trotzdem nicht, dass wir mindestens 15 oder 16 Spiele gewinnen…

…aber die Grundvoraussetzungen sind besser!

Stimmt. Die Wahrscheinlichkeit in diese Gefilde zu kommen ist mit unserem aktuellen Kader größer. Aber es heißt erst einmal nichts. Letztes Jahr war Hertha oben, damit hat keiner gerechnet. Und Wolfsburg war mal nicht dabei. Jetzt dachte jeder, deren Kader würde deutlich schwächer werden. Und dann holen sie Gomez und wen nicht noch alles. Auch Schalke wird wieder stärker werden. Wir müssen uns da erst einmal behaupten!

Einen guten Kader sieht Jantschke nicht als Garantie für sportliche Erfolge.
Einen guten Kader sieht Jantschke nicht als Garantie für sportliche Erfolge.

In eurem Kader gibt es kaum einen Spieler, der so lange dabei ist wie Du. Im Sommer sind nun auch noch Stranzl, Brouwers und Nordtveit gegangen. Wie fühlt man sich, wenn die alten Weggefährten plötzlich weg sind?

Ich vermisse sie schon. Nicht nur Roel, Martin oder Havard, mit dem ich wirklich sehr viel Zeit verbracht habe, sondern auch Marx, Daems, Neustädter oder Hanke. Wenn die Jungs weg sind, merke ich, dass da nicht Mitspieler, sondern Freunde, gegangen sind. Aber das ist halt Fußball, so ist das Geschäft. Wir hatten eine tolle Zeit zusammen, jetzt sind wir aber auch ohne sie eine geile Mannschaft.

Das musst Du erklären!

Wir sind ein cooles und charakterlich gutes Team. Die Neuen fügen sich brutal gut ein. Strobl, Vestergaard, Kramer ohnehin. Das sind Spieler, die reinkommen und merken: „Mensch, ihr seid eine geile Truppe!“ Und die sich dann schon nach zwei Wochen so einfügen, als seien sie zwei Jahre da. Wir hatten am Ende des Trainingslagers Mannschaftsabend. Da habe ich schon gemerkt, wie alle auf einer Wellenlänge sind. Das macht unsere Mannschaft aus. Das spürt man auch auf dem Platz.

Wie kommt es, dass das so gut passt, obwohl nur ein kleiner Teil wirklich lange zusammenspielt?

Das hat sich in den vergangenen Jahren seit der Relegation so entwickelt. Das ist ein besonderer Spirit, den ich selber nur schwer beschreiben kann, der aber passt. Sicher spielt eine Rolle, dass das Scouting-Team um Max Eberl eine überragende Arbeit macht. Da wird immer auch nach Charakter und menschlicher Komponente eingekauft. Aber auch der Staff und das Drumherum spielen da mit rein.

Dennoch gehen auch immer mal wieder Leistungsträger. Ist das schwer, sich mit Abgängen wie von Reus, ter Stegen oder Xhaka, abzufinden – oder vertraust Du Max Eberl so, dass der schon Ersatz finden wird?

Selbst wenn ich dem Max nicht vertrauen würde: Ich bin Spieler von Borussia Mönchengladbach, mich hat das gar nicht zu beschäftigen. Ich habe mir angewöhnt, dass ich in die Sommerpause gehe und dann gucke, wer in der Kabine sitzt. Ich kann es doch sowieso nicht beeinflussen. Jeder führt sein Leben, jeder soll schauen, dass er das Geld verdient, das er braucht und den sportlichen Erfolg hat, den er möchte.

Aber es ist doch doof, wenn die alten Mitspieler der Reihe nach wechseln?

Natürlich finde ich es schade, wenn uns Spieler verlasse, die ich gern habe. Aber andererseits lernt man anders auch immer wieder neue Spieler kennen. Wäre Neustädter, einer meiner besten Kumpels, nicht gegangen, hätten wir einen Xhaka nicht kennengelernt. Jetzt geht Granit und „Strobler“ kommt. Das gehört einfach zum Fußball dazu. Es wäre aber ein Traum, die Jungs noch einmal zusammen zu haben, die man besonders mag. Also Neustädter, Hanke, Thomas Kleine, Marx, Roel, Daems, Christofer Heimeroth, und so weiter.

Da könntet ihr bald mal eine Kreisliga-Mannschaft aufmachen!

(lacht) Selbst da tingeln die heute ja von Dorf zu Dorf. Da trifft man sich auch nur abends, um ein Bier zu trinken. Aber Spaß beiseite. Das wird es leider nie geben. Schade!

Man merkt: Wenn Du über alte Kollegen sprichst, ist das sehr positiv. Es gab also nie böses Blut?

Och, es gab sicher Spieler, da sagst du: „Okay, der geht halt.“ Du kannst aber auch nicht mit allen 25 in einer Mannschaft auf einem Level sein. Bei mir war es leider immer schon so: Die, mit denen ich mich sehr gut verstanden habe, sind gegangen. Aber da machst du nichts. Im Fußball ist es ohnehin sehr schwer, echte Freunde zu finden. Die kannst du an einer Hand abzählen. Bei mir sind es Roman Neustädter, Thomas Kleine, Christofer Heimeroth oder Eric Schaaf, mit dem ich hier im Internat gewohnt habe.

 

Fotos zu diesem Beitrag: Fabio Rizzetto, Chicography

5 Gedanken zu „Jantschke – Teil 1: “Borussia hat sich brutal verändert!”

  • 4. September 2016 um 17:25
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    Tolles interwiew mit einem sympathischen Menschen und tollem Spieler. Toll und leider so selten das jemand so zu einem Verein steht.

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  • 5. September 2016 um 13:25
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    Jawohl, das ist so. Tony ist ein toller Typ. Und gerade, weil er so zur Borussia steht, wurde er auch zum Fußballgott. Allerdings haben das einige nicht begriffen, die denken, es komme “nur” auf technische Fertigkeiten an. Kommt es aber nicht. Klar, um in einer Profimannschaft gut zu spielen, braucht es die Technik. Aber Charakter ist auch wichtig. Solche Leute brauchen wir. Danke, Tony, Fußballgott!

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  • 5. September 2016 um 20:54
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    Verdammt guter Lesestoff! Sehr gut von beiden Seiten. In einer Zeit, in der Spieler für dreistellige Millionenbeträge wechseln und Medien sich täglich Wettkämpfe im Effekthaschen liefern, lob ich mir doch solch ausführliche, intensive Interviews! Weiter so, Kollege 😉

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  • 5. September 2016 um 22:11
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    Schönes Interview. Gute Gesprächsführung. Und dieses Interview überhaupt zu bekommen ist natürlich auch eine Auszeichnung, Gratulation.

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  • 7. September 2016 um 19:56
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    Respekt Redaktion! Solch intensive Interviews liest man selten. “CL-Niveau”.
    Das Tony so sympathisch rüber kommt wundert mich überhaupt nicht.
    Da ich nie selber Fußball gespielt habe, kann ich vermutlich seine Fußballer Qualität gar nicht recht einschätzen, will aber gerne denen glauben die ihn für einen unseren Besten halten. Als Fan kann ich behaupten stolz zu sein, dass unter unseren Spielern solch sympathische Menschen zu finden sind. Das passt sehr gut zu dem Bild das ich mir von “meiner Borussia” gemacht habe.
    Liebe Redaktion …… Vielen Dank ?

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