Plötzlich Spitzenmannschaft?
Borussia liegt nach 12 Spieltagen auf einem Europapokal-Platz. Ein Tabellenplatz, der Lust auf mehr macht – aber letztlich eine ganz bestimmte Anforderung an uns alle stellt: Am besten machen wir einfach in Ruhe so weiter. Eine Momentaufnahme.
Es ist still geworden rund um den Borussia-Park – abgesehen natürlich von ein paar LKW’s und vor sich hin pfeifenden Bauarbeitern, die am neuen Hotel-Areal basteln. Aber von Krisengerede, Unmutsbekundungen und Fanaufmärschen ist aktuell nichts mehr zu sehen und zu hören. Auch mal ganz schön, beruhigend – wir meinen: diese niederrheinische Idylle tut uns gut! Denn sind wir ehrlich: ein kurzer Blick zum rheinischen Rivalen oder zur Namenscousine in den Ruhrpott zeigt, dass die Welt doch auch ganz anders aussehen kann.
Ruhe lässt qualitativ hochwertige Arbeit zu
Borussia lässt uns in dieser Spielzeit etwas ungläubig dreinblicken. Auf der einen Seite haben wir Spiele, wie in Berlin am letzten Wochenende, in denen man sich fast in einen Rausch spielte und wegen denen unser Verein plötzlich wohl als so etwas wie eine Spitzenmannschaft gilt. Es gab aber ja in dieser Saison auch schon diese beiden desaströsen, grauenvollen Auftritte in Dortmund und gegen Leverkusen, nach denen wir am liebsten personell alles im Verein umgeschmissen hätten. Demgegenüber standen dann wiederum Partien wie in Leipzig, als unsere Mannschaft absolut Moral zeigte und damit auch die eigenen Anhänger überraschte. Alles in allem kommen wir aktuell zu diesen Erkenntnissen: Erstens ist die Mannschaft gefühlt noch nicht am Limit. Auf der anderen Seite könnte man auch meinen, wir stehen nur aufgrund der Schwäche der anderen auf diesem erfreulichen Tabellenplatz. Jedenfalls stehen wir gut da und können die vergangenen Wochen in Ruhe und ohne Druck angehen.
Schwäche der anderen Teams nutzen
Doch nun mal langsam – beginnen wir mit letztgenanntem Ansatz. Wenn wir davon ausgehen, dass wir Gladbach auf einer Stufe mit Teams wie Hoffenheim oder Leverkusen wähnten, stehen wir ziemlich gut da. Die Dortmunder Schwäche kommt uns darüber hinaus natürlich gelegen. Und die gut in die Saison gestarteten Hannoveraner mussten am Wochenende erstmals richtig böse federn lassen. Alles Ausgangslagen, die uns in die Karten spielen.
Klar ist aber auch, dass die Liga brutal eng ist. Abgesehen von den davoneilenden Bayern, liegen zwischen Platz zwei (Schalke) und sieben (Frankfurt) gerade einmal vier magere Zähler. Um das einmal zu verdeutlichen lohnt ein Blick auf den Spielverlauf des vergangenen Bundesliga-Samstages: Als Frankfurt beispielsweise in Hoffenheim durch Boateng in Führung ging, waren diese selber für eine kurze Zeit auf dem zweiten Tabellenplatz. Verrückte Fußballwelt, die aber ebenfalls unterstreicht: Mit einer kleinen Schwächephase rutscht man nach unten durch. Gleichzeitig heißt es aber auch, dass eine stabile Saison die Chance auf einen Platz in Europa enorm steigern lässt.
Kader hat noch Luft und Potential für mehr
Genau diese Chance könnte unsere zweite These stützen: Unsere Mannschaft hat ihr absolutes Potential noch lange nicht erreicht. Klar ist, dass die Truppe von Dieter Hecking nach etwas mehr als einem Drittel der Spielzeit mit enormen Verletzungspech zu kämpfen hatte. Sinnbildlich dafür steht bekanntlich die Sechser-Position, auf der mit Kramer, Benes und Strobl zeitweise drei nominelle Stammspieler ausfielen. Das spülte wiederum den blutjungen Cuisance in die erste Elf und machte Zakaria zu einem Leistungsträger. Wenn neben den beiden Letztgenannten auch die Außenspieler Traore und Hofmann oder ein Bobadilla wieder fit geworden sind, hätte das Trainerteam die berühmte Qual der Wahl.
Vielleicht liegt die ganze Wahrheit aber auch zwischen den beiden Thesen: Die Schwäche der Anderen gepaart mit unserer wiedergefundenen Stärke, gibt uns die Gelegenheit von Größerem zu träumen. Wir können die nächsten Spiele dazu nutzen unsere Ausgangslage für die Rückrunde noch deutlich verbessern. Genau das muss unser Anspruch sein! Jetzt kommen die Bayern in die Vitusstadt und auch Schalke wird uns noch auf dem Servierteller gereicht. Beides absolute Spitzenspiele für uns. Beides Partien, in den wir wenig zu verlieren, aber umso mehr zu gewinnen hätten. Den nächsten Schritt macht unsere Mannschaft aber nur, wenn sie Konstanz in ihre Leistungen bringt, zuhause endlich wieder mit breiter Brust auftritt und Hecking es schafft, auch während des Spiels taktisch variabel auf den Gegner zu reagieren.
Das alles bedeutet wiederum auch, dass Träumen in den nächsten Wochen und Monaten weiter erlaubt sein wird. Wir freuen uns auf alles, was kommt – sehen aber auch die Tabellensituation, die sich innerhalb von wenigen Spieltagen drehen kann. Und doch wissen wir, Borussia wird weiterhin Bock machen.
Foto zu diesem Beitrag: Nordkurvenfotos.