Diese Mannschaft braucht uns!

Am Samstagabend trifft unsere Mannschaft im heimischen Borussia-Park auf RB Leipzig. Das Spiel hat das Potential zu einer Partie mit echter Sprengkraft zu werden. Dabei liegt der Fokus leider nicht hauptsächlich auf dem Sportlichen, sondern vor allem auf einigen Nebenkriegsschauplätzen. Unsere Vorschau zu einem besonderen Spiel.

Daniel Farke ist ein intelligenter Mann. Borussias Cheftrainer weiß sich auszudrücken, bespielt problemlos die Antwort-Klaviatur (auch kritischer) Medienfragen. Wo sich früher noch Sportdirektor und Trainer regelmäßig die Klinke in die Hand gaben, ist es mittlerweile gar nicht schlimm, wenn „nur“ der Trainer in der wöchentlichen Medienrunde sitzt. Im Gegenteil! Man hört Farke einfach gerne bei seinen (manchmal etwas ausschweifenden) Ausführungen zu. Man denkt über seine Gedanken und Impulse nach. Und: Man kauft ihm (im Gegensatz zu anderen Protagonisten) auch ab, was er dort erzählt. Was man dabei allerdings nie vergessen sollte: Daniel Farke ist ein Vollprofi! Er weiß genau, was er sagen will und was nicht. Und vor allem: Er weiß genau, was er mit seinen Worten suggerieren möchte.

Vom vergangenen Donnerstag und der Pre-Match-PK vor dem hitzigen Duell gegen RB Leipzig, bleibt vor allem diese Passage Farkes hängen: „Wir spielen Fußball für die Fans, das wird bei allem Kommerz oft vergessen. Fußball funktioniert nur mit Fans, deswegen schreibe ich ihnen auch nicht vor, was sie zu fühlen oder zu denken haben. Bislang hatten unsere Anhänger ein sehr gutes Gespür dafür, was wir abliefern. Ich vertraue den Fans, dass sie uns auch am Wochenende mehr pushen, als dass sie ihren Unmut über andere Vereine zum Ausdruck bringen. Ich hoffe auf eine sehr gute und positive Atmosphäre, denn sie wird uns helfen, gegen Leipzig erfolgreich zu sein.“

Farke kennt den Zündstoff der Partie

Es sind Worte, mit denen Farke das tut, woran andere zuletzt gescheitert sind: Borussias Geschlossenheit in den Vordergrund rücken, den Fokus auf die eigenen Ziele legen, Druck vom Kessel nehmen. Sicherlich hat der Cheftrainer in solchen Angelegenheiten noch einmal eine andere, rationalere Sicht auf die Dinge als wir Fußballfans. Für ihn ist Borussia ein Job, für Fans ist sie Passion. Aber: Wenn man sich mal die Ruhe nimmt und sich über Farkes Worte Gedanken macht, merkt man, wie intelligent und einnehmend sie sind. Erst streut er uns Fans Rosen aus („Wir spielen für Euch – bei all dem Kommerz“), dann bringt er extreme Wertschätzung entgegen („bislang gutes Gespür“), um uns alle anschließend in die Pflicht zu nehmen („Ich vertraue ihnen, dass sie uns pushen“) und ans gemeinsame Ziel zu erinnern („gegen Leipzig erfolgreich zu sein“). Farke weiß dabei natürlich ganz genau, welchen Zündstoff diese Partie bietet. Er ignoriert diesen aber schlicht und konzentriert sich auf das, was er aktiv beeinflussen kann („Alles andere ist nicht mein Thema“).

Die Brandherde liegen auf der Hand: Da ist zum einen die Rückkehr Marco Roses. Zum ersten Mal kehrt am Samstag der Trainer in einen fast ausverkauften Borussia-Park zurück, der viele Gladbach-Fans wie kein Zweiter enttäuscht hat. Als Marco Rose im Sommer 2019 sein Amt bei Borussia antrat, zündete er uns alle kommunikativ wieder an, begeisterte uns mit markigen und identitätsstiftenden Interviews und krönte sein erstes Jahr gleich mit dem Einzug in die Champions League. Wenige Wochen nach diesem Erfolg (und damit rund 14 Monate nach seinem Amtsantritt in MG) verhandelte er allerdings erstmals mit Borussia Dortmund. Es folgte eine wochenlange Posse, in der Rose nicht die Größe hatte, klare Kante zu zeigen. In der Folge verlor er die Kabine, vercoachte ein Derby, verlor ein DFB-Pokal-Viertelfinale und vergeigte dank eines fast schon historischen Negativtrends das internationale Geschäft. Aufgrund dieses Verrats an eigenen Aussagen gilt Rose vielen als einer der größten Blender unserer Vereinsgeschichte. Er hat mit seinem Verhalten etwas in unseren Verein eingepflanzt, das es seit 2011 nicht mehr gab: Unruhe! Wer noch einmal nachlesen möchte, was wir Rose auch heute nicht verzeihen, kann dies gerne in diesem älteren Text ausführlicher tun. Nach dem Scheitern in Dortmund, versucht Rose jetzt in Leipzig sein Glück. Nicht wenige Branchen-Insider unken, dass dies schon länger sein eigentliches Ziel in der Bundesliga gewesen sei.

Droht ein Keil in Borussias Geschlossenheit?

Dass Rose aufgrund dieser Vorgeschichte am Samstag in Gladbach keinesfalls herzlich empfangen wird, weiß er vermutlich selbst. Sprengkraft bringt dabei aber natürlich die andere Personalie mit, die sich in den vergangenen Wochen und Monaten aufgetan hat: Max Eberl. Borussias ausgelaugter Ex-Manager wird seinem Kumpel in absehbarer Zeit nach Leipzig folgen. Dem Kumpel, den er selbst in Gladbach entgegen aller Widerstände aus Fanszene und Vereinsführung, bis zum bitteren Ende gestützt hat. Dem Kumpel, den er vielleicht ja aktuell sogar selbst hinter den Kulissen nach Leipzig gelotst hat?! Unrealistisch erscheint das Szenario nach Roses Aussagen zuletzt nicht. Bis zur finalen Wiedervereinigung, stehen die Verhandlungen der Vereine noch aus – alles andere als eine Einigung zwischen Borussia und Leipzig würde aber überraschen. Zur Causa Eberl werden wir uns äußern, wenn es soweit ist. Am Samstagabend wird der Personalien-Mix allerdings mit an 100 Prozent grenzender Wahrscheinlichkeit für ein Stück Eskalation sorgen – verbal, auf Spruchbändern oder in anderer Form. Unsere Sorge: Grenzüberschreitende Proteste haben das Potential, einen Keil in Borussias aktuelle Geschlossenheit und Euphorie zu treiben.

Womit sich der Kreis schließt und wir wieder bei Farke und seinen Äußerungen vor dem Spiel angelangt wären. Wir schreiben es offen: Farke erinnert alle (vollkommen zurecht enttäuschten) Fans an das, was am Samstag wirklich zählen sollte. Borussia trifft in einer extrem komplizierten und angespannten Personallage auf einen individuell extrem starken Gegner, der gerade wieder in die Spur findet. Der Trend ist nach den letzten Pflichtspielen eher RB-Freund. Borussia hingegen hat zuletzt gegen Mainz und Freiburg Federn gelassen. Farke und die Mannschaft zählen in dieser sicherlich schwierigen Phase auf die komplette und leidenschaftliche Unterstützung aller Anhängerinnen und Anhänger. Dieser immens wichtige Support sollte alle außergewöhnlichen Nebenkriegsschauplätze überlagern.

Borussia hat mit der neuen sportlichen Leitung sowie der neu sortierten Geschäftsführung dank harter Arbeit endlich wieder zu den Werten zurückgefunden, die unseren Verein in der Vergangenheit stark gemacht haben: Zusammenhalt, Geschlossenheit, Einheit. Diese Dinge sollten wir uns nicht durch irgendwelche Ex-Möchtegern-Supertrainer oder abwanderungswillige und die eigenen Prinzipien verratende Ex-Manager kaputt machen lassen. Klar, harte und sachliche Kritik muss sein und ist in beiden Fällen wie auch am über Jahre gelernten und praktizierten wichtigen Protest gegen RB Leipzig mehr als angebracht. Der Hauptfokus (und das ist entscheidend) sollte aber am Samstagabend auf dem Hier und Jetzt liegen. Und das heißt eindeutig: Drei Punkte gegen Leipzig holen! Die Mannschaft braucht uns!

2 Gedanken zu „Diese Mannschaft braucht uns!

  • 16. September 2022 um 18:29
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    Jeder Fan im Stadion weiss morgen worum es geht. Ihr habt das sehr schön ausbuchstabiert. Die Mannschaft wird allen Support von Fanseite bekommen, den sie sich nur vorstellen kann.

    Wichtig ist aber auch, dass jeder einzelne Spieler bis in die Haarspitzen voll motiviert und konzentriert auf dem Platz steht. Denn es geht diesmal um sehr viel mehr als 3 Punkte, es geht um eine fussballerische Weltanschauung.

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    • 17. September 2022 um 11:41
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      Schön wäre es. Ich befürchte allerdings von Seiten des “Stimmungsblocks” hauptsächlich Anti Red Bull/Rose Schmähungen, mit den immer üblichen FC Gesängen. Ich werde in Block 17 trotzdem alles dafür geben eine Stimmung zu schaffen, die der oben beschriebenen Lage angepasst ist – ob mit oder ohne Ultras! Vielleicht werde ich ja, nach den Äußerungen von Farke und verschiedenen Fanportalen,positiv überrascht 😉

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