Borussia in der Europa League: Mentalität, Glück & Selbstvertrauen

Morgen Abend kann Borussia als Tabellenführer das Überwintern in der Europa League klar machen. Auch ein Unentschieden würde reichen. Die komfortable Ausgangsposition zeigt, dass Borussia sich weiterentwickelt hat. Dennoch spielte auch Glück eine Rolle. Außerdem wäre die nächste Runde ein schönes Weihnachtsgeschenk an uns Fans.

Am 19. September kehrte die Borussia nach zweijähriger Abstinenz zurück auf die europäische Bühne. Die Vorfreude der Fans war riesig – trotz des eher unspektakulären Gegners aus der österreichischen Provinz. Doch als das Spiel gegen den Wolfsberger AC abgepfiffen wurde, war nicht mehr viel mit Euphorie. 0.3 zur Halbzeit, 0:4 der Endstand. Das war bittere Realität. Nicht viel deutete darauf hin, dass Borussia nicht einmal drei Monate später den FC Bayern zuhause als amtierender Tabellenführer empfangen und niederkämpfen würde.

Ehrlicherweise deutete nicht einmal viel daraufhin, dass es drei Tage später im Borussia-Park gegen die Düsseldorfer Fortuna zu einem Dreier langen sollte. Doch erstens kommt es immer anders und zweitens als man denkt, besagt ein blöder Spruch, für den wir uns an dieser Stelle nicht zu schade sind.

Die Mentalität, nie aufzugeben

Damals gegen die Fortuna kam zunächst vieles so, wie die Fans es nach der europäischen Blamage befürchtet hatten: die Fortuna ging früh in Führung und der Borussia fiel sehr wenig ein. In der zweiten Halbzeit dann zumindest eine Leistungssteigerung und zwei späte Tore, die das Spiel entschieden. Ein wichtiger Sieg, der ganz sicher keinen Grund zu Euphorie lieferte.

Und doch zeigte Borussia nicht nur in diesem Spiel Tugenden, die sie in den folgenden Wochen auszeichnen sollten: Nach schlechten Spielen betrieb sie Wiedergutmachung und ließ sich durch Niederlagen wie zweimal in Dortmund oder kürzlich in Berlin nicht mehr aus der Ruhe bringen. Das war früher anders.

Mindestens genauso wichtig war aber, dass Borussia seitdem immer bis zur letzten Minute an sich glaubt. In dieser Saison fallen in der Schlussviertelstunde ungewöhnlich viele Tore – und zwar auf der richtigen Seite. Insbesondere mit Blick auf das straffe Programm, das die Mannschaft absolviert hat, spricht das für einen breiten Kader und eine gute körperliche Verfassung. Zudem spricht es für eine neue Mentalität, die Rose und sein Team mitgebracht haben, und die die Mannschaft schnell verinnerlicht hat. Insbesondere deswegen stehen wir in der Europa League vor dem letzten Spieltag so gut dar. Ohne die Last-Minute Treffer in Istanbul und Rom sowie zuhause gegen Rom hätte die Fohlenelf satte vier Punkte weniger auf dem Konto. Es sähe düster aus.

Mannschaft und Trainer jubeln gemeinsam nachdem Marcus Thuram den Last Minute-Sieg gegen Rom klar gemacht hatte.
Das (erzwungene) Glück

Doch – so ehrlich müssen wir sein – es lag eben nicht nur an der Mentalität. Es gehörte auch eine Menge glück dazu. Das Billardtor in Istanbul war sicher kein sauber rausgespieltes und am Reißbrett geplantes Stück Fußballkunst. Der Elfmeter in Rom war schlicht eine Fehlentscheidung zugunsten der Borussia.

Es waren zwei enorm wichtige Tore, die maßgeblich durch Glück begünstigt waren. Wer sich erinnert, wie Marco Rose in Istanbul (nicht) jubelte, der kann sich aber sicher sein, dass Roses Trainerteam das alles sehr gut einzuordnen weiß. Dafür sprechen auch die Fortschritte, die das Team seitdem auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse gemacht hat.

Und doch sind auch solche glücklichen Momente kein absoluter Zufall. Glück lässt sich manchmal erzwingen. Denn wenn eine Mannschaft nach einem schlechten Spiel und vielen missglückten Versuchen eben kurz vor Ende den Ball doch noch einmal hoch reinschlägt und den Strafraum mutig besetzt, erhöht sich eben die Wahrscheinlichkeit eines Glücksmoments. Das ist keine besonders innovative Erkenntnis. Aber eben eine, die Borussia – so macht es den Eindruck – durch Rose hinzugewonnen hat.  Es beweist einmal mehr das ausgelutschte Michael Jordan Zitat der über 9.000 verfehlten Würfe und knapp 300 verlorenen Spiele.

Mit Selbstvertrauen weiterkommen!

Wieviel des Glücks in der Europa League nun erzwungen war, spielt letztlich keine Rolle. Borussia hat sich in der Gruppe J über weite Strecken nicht mit Ruhm bekleckert, kann aber weiterkommen. Besonders mit Blick auf die starke Performance in der Liga reicht das für ein überragendes Zwischenzeugnis. Deswegen ist der Mannschaft mit Sicherheit daran gelegen, die aktuelle Situation zu auszunutzen und in das Sechzehntelfinale vorzustoßen. Zumal Borussia in die Partie gegen den Istanbuler Stadtteilverein mit deutlich mehr Selbstbewusstsein gehen dürfte als Anfang Oktober. Spielerisch sollten die Vorzeichen sowieso klar sein.

Und für uns Fans wäre es ohnehin ein wahnsinnig tolles Geschenk. Eine weitere Auslosung mit anschließendem Buchungsstress und mindestens einem weiteren europäischen Auswärtsspiel zu erleben, sollte Motivation genug sein. Sollten wir weiterkommen, kann es sein, dass Borussia erneut am Karnevalsdonnerstag auswärts ran muss. Wir erinnern uns nur zu gerne an das Wahnsinns-Match 2017 in Florenz. Gegen eine ähnlich heiße Partie in einer spannenden Stadt hätten wir Fans wohl nichts. Wir vermuten: die Mannschaft auch nicht. Und unser Kapitän Lars Stindl wohl sowieso nicht.

Den mitgereisten Istanbuler Fans sollten wir im Übrigen mit aller Gastfreundschaft begegnen. Für die Vorfälle im Hinspiel können sie nichts. Und wir sind uns sicher, dass sie das – im Hinspiel so heiß diskutierte –Mönchengladbacher Stadtwappen in aller Ausführlichkeit zu sehen bekommen.

Foto zu diesem Beitrag: Ina Fassbender / AFP via Getty Images

Ein Gedanke zu „Borussia in der Europa League: Mentalität, Glück & Selbstvertrauen

  • 13. Dezember 2019 um 8:36
    Permalink

    Weiterentwickelt ja, was fehlt ist eine Art von Cleverniss.
    Das Glück, dass wir noch gegen die Bayern hatten, lässt sich nicht zwingen. Also, auf den Boden zurück und weiter arbeiten !

    Antwort

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